Rz. 23

Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB besteht zwingend gegenüber jedem Arbeitnehmer und ist dementsprechend unabhängig von der Betriebsgröße. Unterrichtungspflichtig sind sowohl der bisherige als auch der neue Inhaber des Betriebs. Nach der Gesetzesbegründung[52] sollen sich Betriebsveräußerer und Betriebserwerber untereinander verständigen, in welcher Weise sie ihre Pflicht gemeinsam erfüllen.

 

Rz. 24

 

Praxishinweis

Es empfiehlt sich deshalb, dass sich beide Arbeitgeber zunächst besprechen und ggf. gleich lautende Erklärungen nach außen abgeben. Auf diese Weise können auch Auseinandersetzungen über die Frage, ob der Unterrichtungspflicht genügt worden ist, vermieden werden.

 

Rz. 25

Inhaltlich muss zunächst über den Zeitpunkt des Übergangs informiert werden. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt, in dem der neue Betriebserwerber aufgrund rechtsgeschäftlicher Übereinkunft tatsächlich in die Lage versetzt wird, die Leitungsmacht im Betrieb auszuüben.[53]

 

Rz. 26

Weiterhin muss der Grund für den Übergang genannt werden. Dies bedeutet nun nicht, dass eine detaillierte, mit betriebswirtschaftlichen Zahlen unterlegte Rechtfertigung des Betriebsübergangs verlangt werden kann. Ausschlaggebend ist vielmehr die schlagwortartige Nennung der den Betriebsübergang tragenden Motivation, z.B. Verkauf, wirtschaftliche Einsparung etc.[54] Erforderlich sind ferner Informationen über die Identität des Erwerbers, zum Sitz der Gesellschaft und zur Gesamtschuldnerhaftung[55] sowie zum Widerspruchsrecht.[56]

 

Rz. 27

Daneben verlangt Abs. 5 die Unterrichtung der von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer über die für sie eintretenden rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs. Diese Folgen ergeben sich in erster Linie aus den unverändert fortbestehenden Regelungen des § 613a Abs. 1 bis 4 BGB. Das BAG hat auch die Unterrichtung über mittelbare Folgen des Betriebsübergangs als erforderlich anerkannt.[57]

 

Rz. 28

Dies betrifft die Fragen

der Weitergeltung oder Änderung der bisherigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis,
der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers gegenüber dem Arbeitnehmer,[58]
des Kündigungsschutzes,
der individualrechtlichen und/oder kollektivrechtlichen Fortgeltung von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen[59] und
inwieweit bewegliches und Immobiliarvermögen des Betriebs übernommen werden.[60]
 

Rz. 29

Schließlich fordert § 613a Abs. 5 BGB die Unterrichtung der Arbeitnehmer über die für sie in Aussicht genommenen Maßnahmen. Dazu gehören in erster Linie der beabsichtigte Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans einschließlich der in dieser Vereinbarung geregelten Inhalte.

 

Rz. 30

 

Praxishinweis

Über den Unterrichtungszeitpunkt enthält das Gesetz keine Regelung. Es empfiehlt sich aber die Unterrichtung jedenfalls bis spätestens einen Monat vor dem geplanten Betriebsübergang durchzuführen. Auf diese Weise erlangt man Klarheit über den Kreis der widersprechenden Arbeitnehmer. Wird demgegenüber bereits viele Monate vor dem eigentlichen Betriebsübergang informiert, besteht ein nicht unerhebliches Risiko, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse später noch ändern mit dem Risiko, dass die Arbeitnehmer sich auf eine fehlerhafte Unterrichtung berufen.

[52] BT-Drucks 14/77/60, 19.
[58] Insbesondere zur Information über die beschränkte gesamtschuldnerische Nachhaftung des Veräußerers BAG v. 20.3.2008, NZA 2008, 1354; BAG v. 24.7.2008 – 8 AZR 166/07; BAG v. 21.8.2008, NZA-RR 2009, 62; BAG v. 22.1.2009, NZA 2009, 547; ausführlich Gaul/Niklas, DB 2009, 452 ff.
[59] BAG v. 29.6.2023, NZA 2023, 1194; vgl. dazu Schiefer/Pogge, NJW 2003, 3734; Moll, RdA 2003, 129.

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