Rz. 43

Werden die Kindschaftssachen betreffend die elterliche Sorge – darunter fallen freilich auch Verfahren nach § 1628 BGB[142] –, das Umgangsrecht, das Auskunftsrecht[143] oder die Kindesherausgabe nicht im Verbund, sondern isoliert betrieben, so richtet sich der Verfahrenswert nach § 45 FamGKG.[144] Danach ist für jeden dieser drei Verfahrensgegenstände von einem Verfahrenswert von 3.000 EUR auszugehen,[145] der im Normalfall in Ansatz zu bringen ist.[146] Auch bei unterschiedlichen Anträgen der Beteiligten, Hilfs- oder Wideranträgen handelt es sich – solange sie sich allesamt im Rahmen ein- und derselben Kindschaftssache i.S.d. § 45 Abs. 1 FamGKG halten – nur um eine Angelegenheit, da derselbe Verfahrensgegenstand betroffen ist. Es wird daher auch nur ein Verfahrenswert festgesetzt.[147] Werden allerdings in mehreren Verfahren jeweils Teilgegenstände einer Kindschaftssache geltend gemacht, etwa durch mehrere zeitlich nacheinander folgende Anträge zu einzelnen Teilbereichen der elterlichen Sorge, so sind bis zur Verbindung dieser Anträge auch für jeden Antrag getrennte Verfahrenswerte festzusetzen.[148] Anders ist die Lage, wenn das Gericht versehentlich aufgrund mehrerer Eingaben zwei Verfahren nach § 1666 BGB betreffend dasselbe Kind anlegt und diese nach Entdeckung des Versehens miteinander verbindet.[149] Wird ein Herausgabeantrag in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Sorgerechtsantrag und praktisch nur zur Vollziehung der erhofften Sorgerechtsentscheidung gestellt, so ist eine Herabsetzung nach § 45 Abs. 3 FamGKG angezeigt (siehe dazu auch Rdn 44); zuzüglich zum vollen Wert für den Sorgerechtsantrag ist 1/3 des Wertes des Herausgabeantrags anzusetzen.[150] Wird in einer Antragsschrift sowohl ein Sorge- als auch ein Umgangsantrag gestellt, so sind die Verfahrenswerte grundsätzlich wegen § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG zu addieren.[151]

 

Rz. 44

Nach § 45 Abs. 3 FamGKG kann dieser Wert auch höher oder niedriger festgesetzt werden, wenn der grundsätzlich vorgegebene Wert nach den Umständen des Einzelfalles unbillig wäre. Dies gilt auch im Beschwerdeverfahren, und zwar auch dann, wenn erstinstanzlich der Regelwert von 3.000 festgesetzt worden ist. § 40 Abs. 2 FamGK steht dem nicht entgegen, weil die für § 45 Abs. 3 FamGKG maßgebenden Bewertungsfaktoren nur im Beschwerdeverfahren erheblich geworden sind.[152] Bei der Bewertung kommen folgende Kriterien in Betracht,[153] die in eine Gesamtbetrachtung einzustellen sind:

Umfang und Schwierigkeit des Sachverhaltes,[154]
Zahl und Dauer der Anhörungstermine,[155]
Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. eines Zweitgutachtens,[156]
Anzahl der betroffenen Väter einer Umgangsregelung,[157]
Dauer des Verfahrens,[158]
Zahl und Umfang der gewechselten Schriftsätze und Umfang der Akten,[159]
Bedeutung und Zweck der Sache,[160]
das Interesse der Beteiligten an einer gerichtlichen Regelung,
die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beteiligten.[161]

Auf die Anzahl der betroffenen Kinder kommt es hingegen wegen § 45 Abs. 2 FamGKG nicht an.[162] Auch führt es nicht zu einer Anhebung des Verfahrenswertes, wenn im Verfahren andere, nicht anhängige Verfahrensgegenstände mitvergleichen werden; in einem solchen Fall ist für diese lediglich ein Vergleichsmehrwert festzusetzen.[163] Soweit angenommen wird, bei Streit um zwei Teilbereiche der elterlichen Sorge sei eine Erhöhung geboten,[164] ist dem nicht zuzu­stimmen; denn wenn sogar ein vollständiger Alleinsorgeantrag regelmäßig mit 3.000 EUR zu bewerten ist, kann nicht für einen dahinter zurückbleibenden Antrag ein höherer Verfahrenswert festgesetzt werden. Dass eine vergleichsweise Erledigung eines einstweiligen Anordnungsverfahrens über die elterliche Sorge ein entsprechendes Hauptsacheverfahren entbehrlich macht, rechtfertigt keine Erhöhung des Verfahrenswerts des ersteren Verfahrens.[165]

In aller Regel wird eine Erhöhung des Verfahrenswertes auf einen Betrag im Bereich von 4.000 bis 5.000 EUR in Betracht kommen; dies wahrt eine angemessene Relation zum relativen Festwert von 3.000 EUR und berücksichtigt die Absicht des Gesetzgebers, das Wertniveau aus sozialpolitischen Gründen und mit Rücksicht auf das Kindeswohl zu begrenzen.[166]

Für eine Herabsetzung unter den Wert von 3.000 EUR kann gegebenenfalls ein verminderter Prüfungsumfang des Gerichts sprechen, wenn etwa die elterliche Sorge entsprechend dem gleichgerichteten Willen der Beteiligten auf einen Elternteil übertragen wird[167] oder nur ein untergeordneter Aspekt des Umgangsrechts im Streit steht.[168] Ansonsten ist hinsichtlich einer Verminderung des Verfahrenswertes Zurückhaltung geboten.[169] Eine Beschleunigungsbeschwerde (siehe dazu § 9 Rdn 84) – hat denselben Wert wie das Verfahren, in dessen Rahmen sie erhoben wird;[170] denn ohne ein Tätigwerden bleibt dem Betroffenen eine Sachentscheidung versperrt, was den Auswirkungen der zu gewärtigenden Hauptsacheentscheidung um nichts nachsteht. (Zum Vermittlungsverfahren siehe § 2 Rdn 258 ff.; zum V...

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