Rz. 68

Ein solcher Vorbehalt ist lediglich erforderlich, sollte kein umfänglicher materieller Zukunftsschadensvorbehalt erklärt werden. Auch hierbei ist wiederum grundsätzlich zwischen drei Konstellationen zu differenzieren:

1. Die vermehrten Bedürfnisse werden kapitalisiert und somit für die Vergangenheit und Zukunft durch die einmalige Zahlung eines Gesamtbetrags abgefunden.
2. Aufgrund der Art und des Umfangs der erlittenen Verletzungen und des Genesungsprozesses sind bei dem Geschädigten lediglich vermehrte Bedürfnisse für einen bestimmten Zeitraum in der Vergangenheit aufgelaufen.
3. Aufgrund der Art und des Umfangs der erlittenen Verletzungen sind bei dem Geschädigten nicht nur lediglich vermehrte Bedürfnisse für einen bestimmten Zeitraum in der Vergangenheit aufgelaufen, sondern diese laufen auch auf unbestimmte Zeit in der Zukunft auf und werden in Form einer Rente durch die Versicherung fortlaufend gemäß §§ 843 Abs. 2, 760 BGB gezahlt.
 

Rz. 69

Für den Fall der ersten Konstellation bedarf es keiner Vereinbarung eines Vorbehalts zum Anspruch auf Ersatz der vermehrten Bedürfnisse, da diese bereits vollständig für die Vergangenheit und Zukunft Berücksichtigung gefunden haben.

 

Rz. 70

Für den Fall der zweiten Konstellation sollte ein Vorbehalt für die Geltendmachung von vermehrten Bedürfnissen dahingehend vereinbart werden, dass zukünftig unfallbedingt entstehende vermehrte Bedürfnisse vom Versicherer über die bereits für die Vergangenheit geleistete Abfindungszahlung hinaus reguliert werden. Eine Formulierung könnte wie folgt aussehen:

Muster 11: Formulierungsbeispiel: Vorbehalt vermehrte Bedürfnisse

 

Formulierungsbeispiel: Vorbehalt vermehrte Bedürfnisse

Der Versicherer verpflichtet sich, zukünftig unfallbedingt entstehende vermehrte Bedürfnisse zu erstatten.

 

Hinweis

Auch in dieser Konstellation hat der Rechtsanwalt auf den Verjährungsschutz zu achten. Daher sollte auch dieser Vorbehalt mit der Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils erklärt werden.

 

Rz. 71

Auch für den Fall der dritten Konstellation sollte ein Vorbehalt für die vermehrten Bedürfnisse dahingehend vereinbart werden, dass ein sich in Zukunft unfallbedingt ergebender weiterer Bedarf an vermehrten Bedürfnissen vom Versicherer zusätzlich über die bereits geleisteten Abfindungszahlungen und die laufende Rentenzahlung hinaus zur Regulierung verlangt werden kann (vgl. auch unten Rdn 73 f.). Auch in dieser Konstellation darf der Verjährungsschutz nicht vergessen werden. Eine Formulierung könnte wie folgt lauten:

Muster 12: Formulierungsbeispiel: Vorbehalt vermehrte Bedürfnisse

 

Formulierungsbeispiel: Vorbehalt vermehrte Bedürfnisse

Der Versicherer verpflichtet sich, unfallbedingt weitere vermehrte Bedürfnisse zu erstatten. Der Vorbehalt wird mit Wirkung eines zum _________________________ rechtskräftigen Feststellungsurteils erklärt.

 

Rz. 72

Mit einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustands ergeben sich oftmals veränderte vermehrte Bedürfnisse gegenüber dem Zeitpunkt des Regulierungsstichtags in der Abfindungserklärung. Wegen seiner großen Bedeutung für den Mandanten und seiner Haftungsrelevanz für den beauftragten Rechtsanwalt soll an dieser Stelle auf den Aspekt einer möglicherweise eintretenden Pflegebedürftigkeit (Pflegerisiko) hingewiesen werden. Der Versicherer könnte einwenden, dass bei Entstehen eines Pflegerisikos kein weiterer Schadensersatzanspruch auflebt, weil dieses Risiko bereits mit der Abfindung des Haushaltsführungsschadens aufgefangen sei. Der Hintergrund ist der, dass bei der Realisierung eines Pflegerisikos und einer ggf. stationären Betreuung in einer Pflegeeinrichtung gerade kein Haushaltsführungsschaden mehr besteht, weil kein eigener Haushalt mehr zu führen ist. An dieser Stelle ist der Versicherer jedoch darauf zu verweisen, dass sich das Pflegerisiko auch in der ungedeckten Schadensspitze unterhalb der Pflegestufe 1, oberhalb der Pflegestufe 1 und unterhalb der Pflegestufe 2, oberhalb der Pflegestufe 2 und unterhalb der Pflegestufe 3 sowie oberhalb der Pflegestufe 3 realisieren kann (zu den neuen Pflegegraden vgl. § 5 Rdn 288 ff.). So ist es gerade nicht ausgeschlossen, dass ein Geschädigter ebenfalls einen Anspruch auf Ersatz seines Haushaltsführungsschadens neben einem Anspruch auf Ersatz seiner ungedeckten Schadensspitze für Pflegeaufwendungen hat, wenn er lediglich teilweise pflegebedürftig wird. (Abgesehen davon kann im Mehrpersonenhaushalt trotz Vollpflege des Geschädigten ein Haushaltsführungsschaden bereits deshalb bestehen, weil er seiner Mitwirkung in der Haushaltsführung für die übrigen Familienmitglieder nicht mehr nachkommen kann. Von der Pflege ist bestenfalls der Eigenanteil in der Haushaltsführung überlagert.) Es ist zwar möglich, dass sich der Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens ein Stück reduziert, jedoch übersteigt der Zahlbetrag der ungedeckten Schadensspitze beim Pflegefall diese Reduzierung in der Regel deutlich. Mit dieser Argumentation kann dem Versicherer oftmals deutlich ...

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