Rz. 71

Das Recht am eigenen Bild wird als besondere Ausformung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach den §§ 22 ff. des "Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Fotografie – KUG"[97] geschützt. Gemäß § 22 S. 1 KUG dürfen Bildnisse[98] nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.[99] Von einer solchen Einwilligung ist dann auszugehen, wenn der Abgebildete eine Entlohnung erhalten hat (vgl. § 22 S. 2 KUG). Die Einwilligung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Das Hochladen eines eigenen Fotos in einem sozialen Netzwerk kann unter bestimmten Voraussetzungen als konkludente Einwilligung in die Weiterverwendung durch andere Nutzer oder die Verwendung durch Suchmaschinen angesehen werden, was aber nicht für einen anderen Zweck, etwa die kommerzielle Nutzung, gilt.[100]

Fraglich ist, ob die erteilte Einwilligung widerrufen werden kann. Dies wird im Hinblick auf § 130 Abs. 1 S. 1 BGB grds. verneint (Unwiderruflichkeitsgrundsatz).[101] Ausnahmen kann es beim Vorliegen eines wichtigen Grundes nach dem Rechtsgedanken des § 42 UrhG (gewandelte Überzeugung)[102] geben. Ist die Bildbearbeitung dem Datenschutz zu unterstellen, so ist diese Datei gem. Art. 7 DS-GVO jederzeit widerruflich.

Sofern der Arbeitsvertrag nichts Gegenteiliges enthält, erlischt die Einwilligung nicht automatisch zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.[103]

Nach § 22 S. 3 KUG bedarf es nach dem Tode des Abgebildeten bis zum Ablauf von zehn Jahren der Einwilligung der Angehörigen, wozu nach der Neufassung im Jahre 2001[104] neben dem überlebenden Ehegatten und den Kindern auch der Lebenspartner (einer eingetragenen Lebenspartnerschaft) des Abgebildeten zählt.[105]

Die Einwilligung kann im Gegensatz zu der Erschöpfungsregelung des § 17 Abs. 2 UrhG auf einzelne Medienunternehmen und für gewisse Zwecke (etwa unter Ausschluss der gewerblichen Nutzung) begrenzt werden.[106] Ausnahmen rechtfertigen sich aus dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit, wobei abzuwägen ist zwischen Informationswert unter maßgeblicher Sicht des Durchschnittsbetrachters und den berechtigten Interessen des Abgebildeten (§ 23 Abs. 2 KUG).[107]

 

Rz. 72

§ 23 KUG nimmt einige Sachverhalte explizit aus dem Schutzbereich des § 22 KUG heraus. Danach dürfen ohne Einwilligung zur Schau gestellt werden:

 

Rz. 73

Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG):[108] Früher (bis 2007) differenzierte die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang zwischen absoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte mit der Folge, dass diese in abgestufter Form durch das unterstellte Informationsinteresse ohne Einwilligung abgebildet werden dürfen. Maßgeblich für diese Unterscheidung war der Bekanntheitsgrad, der aber alleine aus dem Informationsinteresse, nicht etwa aufgrund gewerblicher Zielsetzungen, zu bestimmen war. Zu absoluten Personen der Zeitgeschichte zählten also diejenigen Persönlichkeiten, die durch ihr dauerndes öffentliches Wirken und das dahinter stehende Publikationsinteresse auf ein Stück Privatsphäre verzichten, wie etwa bekannte Politiker, Künstler, Sportler und sonstige Prominente. Allerdings ist Grenze der Bildveröffentlichung die Verletzung der Intimsphäre (Paparazzifotos aus dem innersten Privatbereich, z.B. Nacktfotos Prominenter) oder aber die überwiegend gewerblich motivierte Nutzung.[109] Relative Personen der Zeitgeschichte waren solche, die entweder nur zeitweilig im Rampenlicht standen oder "im Schatten" der absoluten Personen der Zeitgeschichte in der Öffentlichkeit auftraten, wie etwa die Ehepartner prominenter Politiker.[110] Sie genossen umfangreicheren Bildnisschutz und durften grundsätzlich nicht ohne den besonderen Bezug zu öffentlichen Ereignissen mit Informationswert abgelichtet werden.
Weitere Ausnahmen, die auch jetzt uneingeschränkt zur Geltung kommen:
Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG);[111]
Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG);[112]
Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient (§ 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG).[113]
 

Rz. 74

Seit 2007 wird in der Rechtsprechung[114] und großen Teilen der Literatur[115] ein abgestuftes Schutzkonzept angewendet, das sich in drei Stufen vollzieht:

(1) Auf der ersten Stufe gilt der Grundsatz, dass ohne Einwilligung des Berechtigten keine Bildaufnahmen verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen (§ 22 S. 1 KUG).
(2) Auf der zweiten Stufe werden Bildnisse ausgenommen, wie dies in § 23 Abs. 1 KUG zum Ausdruck kommt.
(3)

Auf der dritten Stufe stellt § 23 Abs. 2 KUG auf die berechtigten Interessen der Rechteinhaber ab, die keine Einwilligung erteilt haben.

Danach gilt, dass je größer der Informationswert der Abbildung für d...

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