Rz. 534
a) Sterbetafel
Rz. 535
Für die Kapitalisierung ist neben den besonderen Fallumständen (insbesondere dem Verletzungsbild) hervorzuheben, dass die allgemeinen deutschen Sterbetafeln der Kapitalisierung nicht zugrunde gelegt werden können.[424] Die allgemeinen deutschen Sterbetafeln gelten nur für deutsche Staatsangehörige.[425]
Rz. 536
Die Lebenserwartung im Ausland unterscheidet sich teilweise erheblich von den deutschen Verhältnissen.[426] Für ausländische Staatsangehörige ist daher auf anerkannte Sterbetafeln des Herkunftslandes abzustellen, um ihr Ursprungsland und die dortige Lebenserwartung abzubilden.[427]
Rz. 537
Die Lebenserwartung von Gastarbeitern der "ersten Generation" ist kürzer,[428] eine Korrektur des auf Grundlage einer deutschen Sterbetafel ermittelten Kapitalisierungsfaktors ist daher erforderlich. Die Lebenserwartung der sog. "zweiten und dritten Generation" dürfte der berücksichtigten statistischen Entwicklung entsprechen. Dies gilt ebenso für Aussiedler/Übersiedler aus Osteuropa.[429]
Rz. 538
Entsprechendes gilt bei Verletzung und Tötung von anderen Ausländern (wie Flüchtlingen oder Asylbewerbern). Auch hier können nicht ohne Weiteres die Daten der Allgemeinen Deutschen Sterbetafel übernommen werden.[430]
Rz. 539
Siehe auch die internationalen Sterbetafeln § 6 Rdn 112 ff. (Männer: Tabelle 6.22 [§ 6 Rdn 117]; Frauen: Tabelle 6.23 [§ 6 Rdn 119]).
b) Prognose
Rz. 540
Ob und in welchem Volumen einem Ausländer Verdienstausfallschäden (und ggf. seinen Hinterbliebenen Unterhaltsschäden) entstanden sind, ist nur schwer, und unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände (ausländerrechtliche Stellung, Stand des Asylverfahrens, bisherige Aufenthaltsdauer, Herkunftsland, Erfüllung der Meldepflichten, örtliche Gebundenheit etc.), zu prognostizieren.[431]
Rz. 541
Auch ist die Dauer der legalen Arbeitsmöglichkeiten und der Aufenthaltsberechtigungen einzubeziehen.[432]
Rz. 542
Bei einer beabsichtigten, oder aus rechtlichen Gründen notwendigen, Rückkehr in das Herkunftsland ist das dortige Gehaltsniveau bei der Entschädigungshöhe zu Grunde zu legen. Anderes gilt aber, wenn sich der Verletzte aus Gründen, die nicht in der Absicht liegen einen höheren Entschädigungsbetrag zu erhalten, dazu entschließt, rechtmäßig in Deutschland zu bleiben. Dann muss die Entschädigungshöhe so angepasst werden, dass er den gleichen Lebensstandard in Deutschland halten kann, den er auch in seiner Heimat hätte.[433] Umgekehrt muss auch dann eine Anpassung erfolgen, wenn der Geschädigte aufgrund des Unfalls früher in sein Herkunftsland zurückkehrt und die Kosten für den Lebensunterhalt sich dadurch reduzieren.[434]
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