Rz. 18

Die Ein-Personen-Gemeinschaft ("Alleinherrschaft" des Bauträgers) endet mit der Übergabe der ersten Wohnung an einen Käufer, wie sich aus § 8 Abs. 3 WEG ergibt: "Wer einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer hat, der durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist, gilt gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den anderen Wohnungseigentümern anstelle des teilenden Eigentümers als Wohnungseigentümer, sobald ihm der Besitz an den zum Sondereigentum gehörenden Räumen übergeben wurde." Das Gleiche gilt (in analoger Anwendung), wenn eine Gemeinschaft nicht durch Teilungserklärung, sondern durch Teilungsvertrag entstand, sofern es sich der Sache nach um ein Bauträgerobjekt handelt.[27] Eine zeitliche Grenze gibt es nicht; jeder Erwerb vom Bauträger wird erfasst, unabhängig davon, wie viel Zeit seit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher oder dem Eigentumserwerb anderer Erwerber vergangen ist.[28] Mit dieser Regelung griff der Gesetzgeber der WEG-Reform 2020 das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut der "werdenden Wohnungseigentümer" auf; diese Rechtsschöpfung war früher erforderlich, um den Anwendungsbereich des WEG in die Phase zwischen Bezug des Hauses und der Eintragung des ersten Erwerbers vorzuverlagern.[29] Nach jetziger Rechtslage besteht eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit voller Geltung aller Bestimmungen des WEG – wie oben erwähnt – schon vom frühest möglichen Zeitpunkt an, nämlich mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher. Die Sonderstellung der vormerkungsberechtigten Käufer, denen ihre Wohnung übergeben wurde ("werdende Wohnungseigentümer") bleibt aber bestehen und ist jetzt gesetzlich fundiert. Werdende Wohnungseigentümer sind "echten" Eigentümern gleichgestellt. Sie sind zu einer WEG- Versammlung einzuladen und dort stimmberechtigt,[30] sind ggf. zur Anfechtung von Beschlüssen befugt bzw. sind Beklagte, wenn ein anderer (werdender) Miteigentümer anficht. Sie müssen deshalb in der vom Verwalter zu führenden Eigentümerliste, die z.B. bei einer Beschlussanfechtungsklage dem Gericht vorzulegen ist, aufgeführt sein. Sie können ferner z.B. den Anspruch auf Erstherstellung geltend machen.[31] Sie haben ebenso die einen Wohnungseigentümer treffenden Pflichten, insbesondere die Zahlungspflichten gemäß Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung; der Bauträger ist nicht – auch nicht subsidiär, als Gesamtschuldner o.ä. – zahlungspflichtig.[32] Wird das Hausgeld nicht bezahlt, können sich Schwierigkeiten bei der Durchsetzung titulierter Rückstände ergeben, denn der Hausgeldschuldner (Erwerber) ist nicht zugleich der Eigentümer (das ist der Bauträger). Deshalb scheidet nach (abzulehnender) Auffassung des BGH, der den dinglichen Charakter der Hausgeldrückstände verneint (→ § 8 Rdn 43), die Immobiliarvollstreckung (Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung) in dieser Situation aus (→ § 9 Rdn 38).

 

Rz. 19

In praktischer Hinsicht empfiehlt sich, sofern Bauträger und Erstverwalter (wie es der Normalfall sein wird) einvernehmlich zusammenarbeiten, vor dem Bezug der Anlage i.S. e. "Starthilfe" für die ordnungsmäßige Verwaltung ein Begrüßungs- und Informationsschreiben des Verwalters an die Käufer.

 

Rz. 20

Muster 1.2: Begrüßungsschreiben des Erstverwalters

 

Muster 1.2: Begrüßungsschreiben des Erstverwalters

Sehr geehrte Frau Maier, sehr geehrter Herr Maier,

in Kürze wird Ihnen Ihre Wohnung bezugsfertig übergeben werden. Hierzu erhalten Sie noch ein separates Anschreiben der X-Treubau GmbH.

Wir sind von der X-Treubau GmbH als erster Verwalter nach dem Wohnungseigentumsgesetz bestellt worden; den Verwaltervertrag finden Sie im Anhang. Auf der Grundlage des Wohnungseigentumsgesetzes sind wir für die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zuständig. Im Einzelnen bedeutet das, dass wir die kaufmännische, technische und rechtliche Betreuung der Immobilie im Rahmen der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung, der Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft, den vertraglichen Regelungen und der gesetzlichen Vorschriften durchführen. Damit wir mit Ihnen bestmöglich zusammenarbeiten können, bitten wir Sie, den beigefügten Eigentümer-Fragebogen auszufüllen und diesen, gerne auch per E-Mail, an uns zurückzusenden.

Zur Finanzierung der gemeinschaftlichen Ausgaben bezahlen die Wohnungseigentümer Vorschüsse (auch "Hausgeld" genannt). Die Höhe der von Ihnen zu zahlenden Vorschüsse entnehmen Sie bitte Ihrem beigefügten Einzelwirtschaftsplan. Das Hausgeld ist für den ganzen Monat zu zahlen, in dem Ihnen Ihre Wohnung übergeben wird. Auf der Grundlage von § 7 Abs. 2 der Teilungserklärung sind Sie gehalten, uns für den Einzug der Forderungen der Gemeinschaft eine entsprechende Einzugsermächtigung zu erteilen. Wir bitten Sie deshalb, das beigefügte Formular bis zum 30.11.2021 unterschrieben an uns zurückzusenden (gerne per Fax oder per E-Mail mit angehängtem Scan bzw. Foto). Sie stellen dadurch die Zahlungsfähigkeit Ihrer Gemeinschaft sicher.

Etwaige Adressenänderungen und Mie...

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