Rz. 37

Die Zwangsverwaltung einer Wohnung ist zur Sicherstellung der laufenden Hausgeldzahlungen eine sinnvolle Maßnahme, sofern die Wohnung nicht vom Eigentümer selbst genutzt, insbesondere wenn sie vermietet wird. Ist der Schuldner zugleich Eigentümer eines Teileigentums "Stellplatz" oder "Garage", können die Wohnung und das Teileigentum zugleich (als "wirtschaftliche Einheit") zwangsverwaltet werden.[38] Eine Realisierung von Hausgeldrückständen ist bei der Zwangsverwaltung hingegen kaum möglich. Denn aus den Überschüssen der Zwangsverwaltung werden zunächst die "Ansprüche auf laufende wiederkehrende Leistungen" bedient (§ 155 Abs. 2 ZVG), und d.h. im Klartext: Die Zinsansprüche der Grundpfandgläubiger; danach bleibt normalerweise nichts mehr übrig. In den letzten Jahren sind Zwangsverwaltungsverfahren immer seltener geworden. Ein Grund dafür ist der Umstand, dass der Bundesfinanzhof die (unzutreffende) Meinung vertritt, der Zwangsverwalter müsse für den Schuldner die Einkommenssteuer aus den Mieteinnahmen deklarieren und entrichten,[39] was den Zwangsverwalter vor kaum lösbare Probleme stellt. Für die Gemeinschaft stellen diese Probleme aber keinen Hinderungsgrund dar.

 

Rz. 38

Als Maßnahme der Immobiliarvollstreckung setzt die Zwangsverwaltung einen vollstreckbaren Zahlungstitel gegen den Wohnungseigentümer[40] voraus. Ein Titel gegen einen "werdenden Wohnungseigentümer" (Käufer im WEG-Begründungsstadium (→ § 1 Rdn 18) genügt nicht,[41] was die Gemeinschaft bei fehlender Auflassung durch den Bauträger faktisch rechtlos stellt. Der Titel muss keine i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ZVG bevorrechtigten Hausgeldforderungen ("Rangklasse 2") zum Gegenstand haben (auch wenn dies der dem folgenden Muster entsprechende Regelfall sein dürfte); er kann vielmehr auf einem beliebigen Rechtsgrund beruhen und beliebig alt sein. Es ist nicht möglich, die Zwangsverwaltung aus Rangklasse 2 zu betreiben; sie muss aus Rangklasse 5 (persönliche Ansprüche) betrieben werden (und wird, wenn der Antrag nichts anderes aussagt, ohne weiteres so eingeordnet).[42]

 

Rz. 39

Die Kosten der Zwangsverwaltung werden aus den Einnahmen bezahlt (§ 155 Abs. 1 ZVG). Die Gemeinschaft als Antragstellerin wird mit eventuellen (über die im folgenden Antragsmuster erwähnten Gerichts- und Zustellgebühren hinausgehenden) Kosten i.d.R. also nur dann konfrontiert, wenn der Zwangsverwalter (noch) keine (Miet-)Einnahmen erzielt. In diesem Fall kann er bei der Gemeinschaft einen Vorschuss auf die Ausgaben der Verwaltung anfordern. Den Vorschuss benötigt der Zwangsverwalter zum einen für die Bezahlung des Hausgelds (das somit anschließend an die Gemeinschaft "zurückfließt"), zum anderen für etwaige Investitionen, die erforderlich sind, um die Wohnung in einen vermietbaren Zustand zu versetzen.[43] Wird der Vorschuss nicht bezahlt, wird die Zwangsverwaltung aufgehoben (§ 161 ZVG). Erzielt der Zwangsverwalter Einnahmen, erhält die Gemeinschaft etwaige von ihr geleistete Vorschüsse zurück. Sollte der Zwangsverwalter keine Einnahmen erzielen, kann die Gemeinschaft ihre Investitionen ("Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks") bei einer Zwangsversteigerung des Objekts in Rangklasse 1 nach § 10 Abs. 1 ZVG anmelden und dadurch zurückerhalten.

 

Rz. 40

Die Zwangsverwaltung ist regelmäßig nur dann sinnvoll, wenn die Wohnung leer steht oder vermietet ist. Im Fall des Leerstands kann (und muss) der Zwangsverwalter die Wohnung vermieten (§§ 5, 6 ZwVwV). Ist die Wohnung schon vermietet, tritt der Zwangsverwalter gem. § 152 Abs. 2 ZVG in den Mietvertrag ein und zieht die Mieten ein. Eine etwaige Abtretung oder Pfändung der Miete ist wirkungslos: Die Zwangsverwaltung "bricht" nämlich eine Mietpfändung oder Vorausabtretung (§ 1124 BGB). Problematisch sind aber angebliche Absprachen zwischen Mietern und Eigentümern, wonach der Mieter den Gegenwert bestimmter von ihm erbrachter Leistungen "mietfrei abwohnen" können soll (meistens als sog. Baukostenzuschuss). Auch wenn solche Absprachen offensichtlich kollusiven Charakter haben, sind sie nach der Rspr. des BGH wirksam und müssen beachtet werden;[44] in solchen Fällen kann der Zwangsverwalter keine Einnahmen erwirtschaften, was die Zwangsverwaltung sinnlos macht.

 

Rz. 41

Eine Zwangsverwaltung im Fall der Selbstnutzung durch den Eigentümer steht die vor einigen Schwierigkeiten. Die Privatwohnung ist dem selbstnutzenden Schuldner gem. § 149 Abs. 1 ZVG kostenlos zu belassen. Ihm kann gem. § 149 Abs. 2 ZVG die Räumung aufgegeben werden, wenn er die Wohnung oder deren Verwaltung gefährdet; die Anordnung einer solchen Zwangsräumung steht aber vor hohen (verfassungsrechtlichen) Hürden.[45] Insbes. liegt eine "Gefährdung" i.S.v. § 149 Abs. 1 ZVG nicht schon deshalb vor, weil der Schuldner das Hausgeld nicht bezahlt.[46] Die Zwangsverwaltung also nur sinnvoll, wenn eine Versorgungssperre technisch möglich ist bzw. nachdem sie verhängt wurde (→ § 9 Rdn 96). Hat die Versorgungssperre die erwünschte Folge, dass der Schuldner...

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