Leitsatz

Als werdender Wohnungseigentümer ist nur anzusehen, wer (neben einem durch Vormerkung gesicherten Eigentumserwerbsanspruch) den Besitz am erworbenen Wohnungseigentumsrecht durch Übergabe erlangt.

 

Normenkette

§ 10 WEG

 

Das Problem

  1. B ist Eigentümer eines mit einem Altbau bebauten Grundstücks. Er teilt es in 5 Wohnungseigentumsrechte auf. Die Wohnungseigentumsrechte Nr. 1 und Nr. 2 verkauft er E1, das Wohnungseigentumsrecht Nr. 3 an E2 und die Wohnungseigentumsrechte Nr. 4 und Nr. 5 an E3. In den jeweiligen Erwerbsverträgen verpflichtet sich B zu einer "Sanierung" des gesamten Gebäudes. Zugunsten der Erwerber werden Auflassungsvormerkungen in das Grundbuch eingetragen. Das Eigentum ist bislang noch nicht umgeschrieben. Die Wohnungseigentumsrechte Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 5 sind übergeben. Im Zuge einer Erneuerung der Hauseingangstür erhalten E1, E2 und E3 jeweils einen Schlüssel. Streitig ist, wer die Hauseingangstür erneuert hat und ob auch B einen Schlüssel erhielt. Die Wohnungseigentumsrechte Nr. 1 und Nr. 4 werden nicht in der vereinbarten Frist fertiggestellt. E1 und E3 erklären daher B eine Teilkündigung der Erwerbsverträge, lehnen eine weitere Mängelbeseitigung ab und erheben jeweils eine auf Auflassung gerichtete Klage. Eine einvernehmliche Übergabe dieser Wohnungseigentumsrechte erfolgt nicht.
  2. In der Versammlung vom 3. April 2013 beschließen E1, E2 und E3 ab April 2013 ein Hausgeld von 2,50 EUR/m2 und eine Sonderumlage von 700 EUR je Wohnungseigentumsrecht für Januar bis März 2013. Die Beschlüsse werden bestandskräftig. Zu diesem Zeitpunkt haben E1 und E3 im Sondereigentum ihrer Wohnungseigentumsrechte Nr. 1 bzw. Nr. 4 einige Einrichtungsgegenstände untergebracht, obwohl die Wohnungseingangstüren jedenfalls bis Anfang 2014 fehlten.
  3. Mit der Klage verlangt eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K von B für die Wohnungseigentumsrechte Nr. 1 und Nr. 4 die Zahlung von insgesamt 3.527,80 EUR nebst Zinsen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (die Sonderumlage in Höhe von 1.400 EUR und Hausgelder für die Monate April bis Juli 2013 in Höhe von 2.127,80 EUR).
  4. Das Amtsgericht weist die Klage ab. Das Landgericht gibt ihr statt. Das Landgericht meint, K sei parteifähig. B sei als eingetragener Eigentümer der Wohnungseigentumsrechte Nr. 1 und Nr. 4 verpflichtet, ihr das eingeklagte Hausgeld zu zahlen. E1 und E3 seien für diese Wohnungseigentumsrechte nicht als werdende Wohnungseigentümer anzusehen. E1 und E3 hätten den Besitz an diesen Wohnungseigentumsrechten allenfalls durch verbotene Eigenmacht begründet. Ein solchermaßen fehlerhaft erlangter Besitz führe zumindest innerhalb der Jahresfrist des § 864 Abs. 1 BGB nicht zu einer verfestigten Erwerbsposition, die Voraussetzung für den Übergang der "mitgliedschaftlichen Stellung" sei. Mit der Revision will B das Urteil des Amtsgerichts wiederherstellen lassen.
 

Die Entscheidung

Die Revision hat keinen Erfolg. K sei parteifähig. Nicht E1 und E3, sondern B schulde für die Wohnungseigentumsrechte Nr. 1 bzw. Nr. 4 das Hausgeld.

Parteifähigkeit der K

Das Landgericht sehe K zu Recht als parteifähig an, obwohl B noch als Eigentümer sämtlicher Wohnungseigentumsrechte im Grundbuch eingetragen sei. Denn nach seiner Rechtsprechung sei in der "Entstehungsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft" jedenfalls im Innenverhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Ersterwerbern eine vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes geboten, sobald die Käufer eine rechtlich verfestigte Erwerbsposition besitzen und infolge des vertraglich vereinbarten Übergangs der Lasten und Nutzungen der Wohnung ein berechtigtes Interesse daran hätten, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung der Wohnungsanlage vorzeitig auszuüben. Beides sei anzunehmen, wenn ein wirksamer, auf die Übereignung von Wohnungseigentum gerichteter Erwerbsvertrag vorliege, der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert und der Besitz "an der Wohnung" auf den Erwerber übergegangen sei. Infolgedessen könne der werdende Wohnungseigentümer einerseits die Mitwirkungsrechte ausüben. Andererseits habe nur er gemäß § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten zu tragen (Hinweis auf BGH v. 5.6.2008, V ZB 85/07, BGHZ S. 177, 53 Rn. 12 ff., BGH v. 11.5.2012, V ZR 196/11, BGHZ S. 193, 219 Rn. 5 und 18 sowie BGH v. 24.7.2015, V ZR 275/14, NJW 2015 S. 2877 Rn. 5). Daran gemessen sei K als werdende Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden, da E1 bis E3 im Hinblick auf die Wohnungseigentumsrechte Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 5 unzweifelhaft als werdende Wohnungseigentümerinnen anzusehen seien. Dass K jedenfalls insoweit als parteifähig anzusehen sei, als sie die aus dem Innenverhältnis herrührenden Ansprüche gerichtlich geltend mache, sei notwendige Folge der vorverlagerten Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes.

Hausgeldschuldner

  1. Hausgeldschuldner für die Wohnungseigentumsrechte Nr. 1 und Nr. 4 sei B. Seine "mitgliedschaftliche Stellung" sei nicht im Jahr 2013 ...

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