Rz. 489

▪ Unterhaltsrelevanz

Das Beispiel in dem noch folgenden Abschnitt (siehe Rdn 501 ff.) zum Umwandlungs- und Umwandlungssteuerrecht und zu Wertansätzen in Eröffnungsbilanzen wird deutlich machen, dass neben den jährlich zu erstellenden Bilanzen auch andere Bilanztypen wie Sonderbilanzen und Ergänzungsbilanzen, die wegen handelsrechtlicher und steuerlicher Erfordernisse erstellt werden, unmittelbaren Einfluss auf das steuerliche Ergebnis und damit mittelbar auf das Unterhaltseinkommen haben.

Ohne diese Sonderbilanzen lassen sich die Unterhaltseinkünfte des Mitgesellschafters bei Personengesellschaften nicht beurteilen.

 

Rz. 490

Das Handels- und Gesellschaftsrecht kennt außer den jährlich zu erstellenden Jahresabschlüssen auch Sonderbilanzen, die bei besonderen außerordentlichen Anlässen zu erstellen sind.

Hierzu zählen beispielsweise:

Eröffnungsbilanzen (z.B. bei Neu- und Umgründungen),
Bilanzen bei nomineller Kapitalerhöhung (z.B. § 209 Abs. 2 AktG),
Sanierungs-, Kapitalherabsetzungsbilanzen (z.B. §§ 222 ff. AktG, 58 GmbHG),
Umwandlungs- und Verschmelzungsbilanzen (§ 17 Abs. 2 UmwG),
Liquidations- bzw. Abwicklungsbilanzen (z.B. §§ 154 HGB, 270 AktG, 71 GmbHG, 89 GenG),
Insolvenzbilanzen (z.B. § 153 InsO),
Aufgabebilanz (§§ 18 Abs. 3, 16 EStG),
Liquidationseröffnungsbilanz (§ 71 Abs. 1 GmbHG),
Liquidationsjahresabschluss (§ 71 Abs. 1 GmbHG),
Liquidationsschlussbilanz (§§ 72, 73 GmbHG).
 

Rz. 491

Das Steuerrecht verlangt zudem die Aufstellung von sog. Sonderbilanzen (siehe Rdn 189 ff.) bei bestimmten Sachverhalten im Bereich der Mitunternehmerschaft.

Dort sind für einzelne Mitunternehmer zu erfassen

aktive und passive Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens,
Sondervergütungen i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, die der Gesellschafter für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezieht bzw. auf einem schuldrechtlichen Vertrag beruhen,
sonstige Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben,
Gewinne/Verluste aus dem Verkauf des Mitunternehmeranteils.

Sonderbilanzen werden nach den Regeln des Betriebsvermögensvergleichs nach § 4 Abs. 1, 5 EStG erstellt.

Für die Bewertung der Wirtschaftsgüter gelten die Regeln des § 6 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 EStG für die Übertragung von Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen und umgekehrt.

 

Rz. 492

Was ist Sonderbetriebsvermögen?

Bei einer Mitunternehmerschaft wird zwischen dem Betriebsvermögen der Gesamthand und dem Sonderbetriebsvermögen der einzelnen Mitgesellschafter unterschieden (auch bei EÜR, vgl. Rdn 163, 194, 404 ff.).

Zum Sonderbetriebsvermögen gehören die Wirtschaftsgüter, die in der Verfügungsmacht eines Mitgesellschafters stehen. Dabei bezeichnet das notwendige Sonderbetriebsvermögen I die Wirtschaftsgüter, die der Gesellschafter der Gesellschaft zur Nutzung überlässt, und die dem Betrieb der Personengesellschaft unmittelbar dienen.

Das Sonderbetriebsvermögen II umfasst solche Wirtschaftsgüter, die unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft eingesetzt werden wie z.B. Darlehen, die der Finanzierung der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft dienen.[347]

Das Sonderbetriebsvermögen wird in einer Sonderbilanz und einer dazugehörigen Gewinn- und Verlustrechnung erfasst.

In dieser Gewinn- und Verlustrechnung befinden sich die sog. Sonderbetriebseinnahmen beziehungsweise Sonderbetriebsausgaben. Hierunter werden persönlich vereinbarte Beträge bzw. persönlich getragene Aufwendungen definiert, die wirtschaftlich durch die Unternehmerstellung veranlasst sind.

 

Rz. 493

▪ Unterhaltsrelevanz

Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben. gehen in die besondere Gewinnermittlung des Mitunternehmers ein und erhöhen oder mindern die gewerblichen Einkünfte des Mitunternehmers und sind damit unterhaltsrelevant!

Bei der Überlassung eines Gebäudes sind dies z.B. die Mieteinnahmen, die AfA sowie die Aufwendungen für Instandhaltungen, Grundsteuer etc. (siehe Rdn 498 ff.).

Damit Wirtschaftsgüter als Sonderbetriebsvermögen gelten, ist ein besonderer Widmungsakt bzw. Dokumentation erforderlich. Das FG Köln[348] hat einen Fall entschieden, in dem ein Wertpapierdepot zur Sicherung eines Darlehens als Sonderbetriebsvermögen dienen sollte, ohne dass ein schuldrechtlicher Vertrag Miete/Pacht zusätzlich geschlossen wurde. Wegen eines Wertverlustes wurde eine Teilwertabschreibung geltend gemacht, die bei Privatvermögen nicht denkbar ist.

Das Gericht verlangt einen eindeutigen und klaren Widmungsakt, an den strenge Anforderungen zu stellen sind. Der Willensakt muss unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentiert sein. Hilfreich dürfte eine frühzeitige Mitteilung an das Finanzamt sein.

 

Rz. 494

 

Hinweis

Ist der Mitgesellschafter, der Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft zur Verfügung stellt, der Unterhaltsschuldner, kann sein Unterhaltseinkommen nur beurteilt werden, wenn die vorgenannten Informationsquellen (Sonderbilanz...

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