Rz. 140

Erfolgt eine Mitnutzung des Familienheims durch die in der ehelichen Wohnung verbleibenden Kinder, wird auf Seiten des Ehegatten, der das minderjährige Kind betreut, ein Wohnvorteil angesetzt. Ein Teil des Barunterhalts der Kinder – üblicherweise 20 % des Tabellenunterhalts – ist zwar für deren Wohnbedarf bestimmt und deckt daher die den Ehegatten selbst erwachsenden Wohnkosten. Dies führt aber nicht dazu, dass sich der Kindesunterhalt durch mietfreies Wohnen reduziert.[93] Ist beim barunterhaltspflichtigen Elternteil ein Wohnwert anzusetzen, so ist bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen die objektive Marktmiete anzusetzen; dieser kann ausnahmsweise aus Billigkeitsgründen bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen, oder wenn die Trennungszeit noch nicht abgelaufen ist, auf einen angemessenen Wohnwert reduziert werden.[94] Insoweit gelten für die Höhe des Wohnwertansatzes beim Kindesunterhalt dieselben Grundsätze wie beim Ehegattenunterhalt.

 

Rz. 141

Soweit der Unterhaltspflichtige mietfrei wohnt, ist dies auch im Rahmen des Kindesunterhalts einkommenserhöhend zu berücksichtigen. Lebt der Unterhaltspflichtige mit weiteren Familienangehörigen zusammen, bzw. gehört die Wohnung mehreren Personen (Ehepartner, Lebensgefährte), so ist der Gesamtwert nach Köpfen aufzuteilen.[95]

 

Rz. 142

Bewohnt der barunterhaltspflichtige Kindesvater das ehemalige Familienheim, ein Einfamilienhaus auf einem Erbbaupachtgrundstück, nach der Scheidung von der Kindesmutter allein, und gestaltet sich die Verwertung der im Miteigentum beider Elternteile stehenden Immobilie als schwierig, ist es nicht zu beanstanden, den Wohnwert mit einem geringeren Betrag als der objektiven Marktmiete anzunehmen.[96]

 

Rz. 143

Hingegen mindert mietfreies Wohnen des volljährigen Kindes, wie etwa Wohnen in einer eigenen Eigentumswohnung, dessen Bedürftigkeit um den in den Tabellensätzen enthaltenen Wohnanteil für Unterkunft und Heizung (bis zu 280 EUR nach Nr. 13.1 einiger Leitlinien der Oberlandesgerichte). Anders hingegen mindert mietfreies Wohnen eines volljährigen Kindes in der Wohnung eines leistungsfähigen Elternteils seinen Bedarf nicht. Allerdings kann der die Unterkunft gewährende Elternteil von dem volljährigen Kind für diese Naturalleistung Kostgeld verlangen und mit dem anteiligen Unterhaltsanspruch des Kindes verrechnen.[97] Wohnt nun das Kind mietfrei bei einem nicht leistungsfähigen Elternteil, so reduziert dies nicht den Barunterhaltsanspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil, weil der nicht leistungsfähige Elternteil mit der Gewährung des mietfreien Wohnens als unentgeltliche Zuwendung für gewöhnlich den barunterhaltspflichtigen Elternteil nicht von dessen Unterhaltsverpflichtung entlassen will.

[93] BGH, 5.4.2000 – XII ZR 96/98, FamRZ 1992, 423; zu möglichen Ausnahmen im Mangelfall s. FA-FamR/Gerhardt, 6. Kap. Rn 77.
[94] KG, 17.1.2003 – 25 UF 14/02, FamRZ 2003, 1864; OLG Celle, 9.10.2000 – 19 UF 120/00, FamRZ 2001, 1640; OLG Rostock, 3.6.2004 – 10 UF 22/04, FamRZ 2005, 645.
[95] OLG München – 12 WF 1218/98, FamRZ 1999, 251.
[97] BGH, 13.4.1988 – IVb ZR 49/87, FamRZ 1988, 1039.

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