Rz. 62
Beim Amtsgericht kann sowohl der Richter als auch der Rechtspfleger zuständig sein. Die Verteilung regelt das RPflG. Geschäfte, die grundsätzlich dem Rechtspfleger zugewiesen sind, können unter bestimmten Voraussetzungen dem Richter vorbehalten sein.
Die Zuständigkeit liegt grundsätzlich bei dem Rechtspfleger (§ 3 Nr. 2 Buchst. c RPflG), die dem Richter vorbehaltenen Geschäfte sind in § 16 RPflG ausdrücklich aufgezählt (so genannte Vorbehaltsübertragung, § 3 Nr. 2 RPflG). Bei Zweifeln spricht daher die Vermutung für die Zuständigkeit des Rechtspflegers. Sonstiges Landesrecht kann Rechtspflegerzuständigkeiten erweitern. In immer mehr Bundesländern wird von der Öffnungsklausel nach § 19 RPflG Gebrauch gemacht.
Rz. 63
§ 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG ist im Zusammenhang mit der Neuordnung der Regelungen zur internationalen Zuständigkeit im FamFG neu gefasst worden. Nunmehr ist die Erteilung unbeschränkter Fremdrechtserbscheine möglich. Für die Erteilung dieses Erbscheins ist unabhängig davon, ob eine Verfügung von Todes wegen vorliegt, der Richter zuständig. Es besteht nunmehr ein genereller Richtervorbehalt für alle Fälle, in denen bei der Erteilung von Erbscheinen die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kommt.
Rz. 64
In Verfahren im Zusammenhang mit dem Europäischen Nachlasszeugnis bleiben die Ausstellung, Berichtigung, Änderung oder der Widerruf eines Europäischen Nachlasszeugnisses (§ 33 Nr. 1 IntErbRVG) sowie die Aussetzung der Wirkungen eines Europäischen Nachlasszeugnisses (§ 33 Nr. 3 IntErbRVG) dem Richter vorbehalten, sofern eine Verfügung von Todes wegen vorliegt oder die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kommt (§ 16 Abs. 2 RPflG).
Rz. 65
War der Erblasser Ausländer, ist § 16 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 10 RPflG zu beachten:
Funktionell zuständig für die Anordnung der Nachlasspflegschaft ist allein der Richter. Ein entsprechender Beschluss des Rechtspflegers wäre nach § 8 Abs. 4 RPflG unwirksam, die Bestellung wäre nichtig. Auch hier ist die Öffnungsklausel des § 19 RPflG zu beachten. Im badischen Rechtsgebiet Baden-Württembergs bleibt im Falle der Zuweisung eines Rechtspflegers an die nachlassgerichtliche Abteilung des staatlichen Notariats nach § 35 Abs. 3 RPflG daneben der (Richter-)Notar zuständig. In diesem Fall sollte eine spezifische Zuständigkeitsregelung durch Geschäftsverteilungsplan erfolgen.
Praxistipp
Der Nachlasspfleger sollte bereits mit der Bestellung prüfen, ob der Erblasser Ausländer war und für die Nachlasspflegerbestellung damit der Richter zuständig ist. Solange die Bestellung unwirksam ist, können keine Vergütungsansprüche des Nachlasspflegers entstehen!