Rz. 54

Nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG hat der Rechtsanwalt seine Vergütung nach altem Recht (RVG in der Fassung bis zum 1.8.2013) zu berechnen, wenn ihm durch den Mandanten der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor Inkrafttreten des 2. KostRMoG am 1.8.2013 erteilt oder er vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist. Die Überprüfung, nach welchem Recht der Kostenansatz erfolgt, hat für jede gebührenrechtliche Angelegenheit gesondert zu erfolgen; es ist auf die jeweilige unbedingte Auftragserteilung abzustellen. Die Klärung der Frage, welche Tätigkeiten des Rechtsanwalts dieselbe Angelegenheit (§§ 16, 19 RVG) darstellen mit der Folge, dass Gebühren nur einmal in Ansatz gebracht werden können und welche Tätigkeiten verschiedene oder besondere gebührenrechtliche Angelegenheiten (§§ 17, 18 RVG) bilden, für die jeweils gesonderte Gebühren in Rechnung gestellt werden können, ist daher nicht zu unterschätzen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die weiteren Ausführungen (siehe § 4 Rdn 1 ff.) verwiesen. Lediglich ausnahmsweise kommt es in Rechtsmittelverfahren nicht auf die unbedingte Auftragserteilung an, sondern auf den Zeitpunkt der Einlegung, wenn der Rechtsanwalt bereits zuvor in derselben Angelegenheit tätig war, § 60 Abs. 1 S. 2 RVG.

 

Rz. 55

 

Beispiel: Außergerichtlicher Auftrag

Rechtsanwalt R erhält am 30.7.2013 den Auftrag von seinem Mandanten M, den Gegner S zur Zahlung eines Betrages von 12.000,00 EUR anzumahnen. Am 2.8.2013 wird S durch R angeschrieben und zur Zahlung der Forderung aufgefordert. S setzt sich daraufhin mit R telefonisch in Verbindung und bespricht die Angelegenheit. S zahlt darauf hin. Die Angelegenheit ist erledigt.

Da der unbedingte Auftrag vor Inkrafttreten des 2. KostRMoG erteilt worden ist, ist die Abrechnung nach altem Recht (RVG-Fassung bis zum 1.8.2013) zu erstellen, auch wenn der RA erst nach Inkrafttreten nach außen hin tätig geworden ist.

 

Rz. 56

 

Beispiel: Gerichtlicher Auftrag

Rechtsanwalt R erhält Ende Juli 2013 den Auftrag, den Scheidungsantrag einzureichen. Im August 2013 wird beim Amtsgericht München der Scheidungsantrag eingereicht. Die Folgesache nachehelicher Unterhalt wird ebenfalls im Verfahren mit geltend gemacht. Der unbedingte Auftrag zur Einreichung des Scheidungsantrags wurde bereits im Juli 2013 – also vor Inkrafttreten des 2. KostRMoG erteilt – daher erfolgt die Abrechnung nach altem Recht; dies gilt auch für die Folgesache, da es sich um dieselbe Angelegenheit nach § 16 Nr. 4 RVG handelt.[19]

 

Rz. 57

 

Beispiel: Gerichtlicher Auftrag mit mehreren Gebühren

Rechtsanwalt R erhält im Juni 2013 den unbedingten Auftrag, ein Verfahren für den Mandanten zu führen. Der Antrag wird im Juni 2013 eingereicht. Im August erfolgt eine mündliche Verhandlung. Im September 2013 findet ein Termin zur Beweisaufnahme statt. Der Rechtsanwalt hat seine gesamten Gebühren nach altem Recht zu berechnen, da der unbedingte Auftrag für die Durchführung des gesamten Verfahrens vor dem 1.8.2013 erteilt worden ist. Da der Mandant grundsätzlich bei Erteilung des Verfahrensauftrages die Durchführung des gesamten Verfahrens bis zur Beendigung wünscht, sind auch die Gebühren einheitlich nach dem gleichen Gebührenrecht zu berechnen. Es ist nicht auf den Zeitpunkt der Erfüllung des jeweiligen Gebührentatbestands abzustellen.

 

Rz. 58

 

Beispiel: Einstweilige Anordnung

Der Rechtsanwalt reicht im Juli 2013 Scheidungsantrag ein, beantragt die Durchführung des Versorgungsausgleichs und beantragt Ehegatten- und Kindesunterhalt. Im September 2013 erhält er den Auftrag, den Kindesunterhalt im Wege der einstweiligen Anordnung regeln zu lassen. Während sich das Scheidungsverfahren mit den Folgesachen nach § 60 RVG nach altem Recht richtet, stellt die einstweilige Anordnung im Verhältnis zum Scheidungsverbund eine eigene Angelegenheit dar (§ 17 Nr. 4 lit. b RVG), so dass für die einstweilige Anordnung die Abrechnung nach dem RVG in der Fassung ab dem 1.8.2013 zu erfolgen hat.[20]

[19] Gerold/ Schmidt/ Mayer, § 60 Rn 32.
[20] Gerold/ Schmidt/ Mayer, § 60 Rn 19.

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