Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Urteil vom 28.08.1996; Aktenzeichen L 4 Kr 104/96)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. August 1996 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger in einem kranken- und rentenversicherungspflichtigen sowie zur Arbeitslosenversicherung beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zu seiner beigeladenen Ehefrau gestanden hat. Die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse hat dies verneint und dementsprechend festgestellt, daß Versicherungs- und Beitragspflicht nicht bestehe. Klage und Berufung blieben erfolglos.

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger den Revisionszulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) geltend. Hierzu trägt er vor, das angefochtene Urteil des Landessozialgerichts (LSG) weiche von dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Februar 1987 (12 RK 45/85, SozR 2200 § 165 Nr 90) ab. Die Entscheidung des LSG beruhe auf dem Rechtssatz: „Erreicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses beim Ehegatten das Entgelt des Beschäftigten nur etwa 50 vH des Tariflohnes, spricht dies gegen die Annahme eines nach objektiven Kriterien zu beurteilenden Beschäftigungsverhältnisses, das Versicherungspflicht begründet.” Demgegenüber enthalte das Urteil des BSG den tragenden Rechtssatz, die Zahlung verhältnismäßig nicht geringfügiger laufender Bezüge, insbesondere in Höhe des tariflichen Lohnes, sei ein wesentliches Merkmal für das Bestehen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses.

Die Beschwerde ist unbegründet; eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt nicht vor. Der Revisionsgrund der Divergenz setzt voraus, daß das angefochtene Urteil in einem entscheidungserheblichen, abstrakt formulierten Rechtssatz von einem damit inhaltlich zusammenhängenden Rechtssatz des BSG abweicht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 mwN); beide Rechtssätze dürfen miteinander nicht vereinbar sein (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 29; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, München 1991, Kap IX RdNr 78; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, Köln 1990, RdNr 167). Ferner ist bei der Divergenz auf die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung abzustellen (BSG SozR 1500 § 160 Nr 61). Im Hinblick auf das Urteil des erkennenden Senats zum Ehegatten-Beschäftigungsverhältnis vom 23. Juni 1994 (BSGE 74, 275 = SozR 3-2500 § 5 Nr 17) bestehen bereits Zweifel an der Aktualität der Entscheidung BSG SozR 2200 § 165 Nr 90. Der Senat braucht diese Frage aber nicht zu entscheiden. Denn jedenfalls weicht das angefochtene Urteil des LSG nicht von dem letztgenannten Urteil des BSG ab. In dieser Entscheidung hat das BSG das versicherungspflichtige abhängige Beschäftigungsverhältnis von der nicht der Versicherungspflicht unterliegenden familienhaften Mithilfe abgegrenzt. Hierzu hat es ua ausgeführt, für die Feststellung, ob die dem mitarbeitenden Verwandten gewährten Leistungen Entgelt – dh einen Gegenwert – für die geleistete Arbeit darstelle, sei insbesondere die Höhe der gewährten Leistungen (Geld- und Sachbezüge) sowie ihr Verhältnis zu Umfang und Art der im Betrieb verrichteten Tätigkeit von Bedeutung. Werde dem im Haushalt des Betriebsinhabers lebenden und im Betriebe tätigen Verwandten nur freier Unterhalt einschließlich eines geringfügigen Taschengeldes gewährt und stellten diese Bezüge keinen Gegenwert für die Arbeit dar, so werde man das Vorliegen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses verneinen können. Dagegen sei die Zahlung nicht geringfügiger laufender Bezüge, insbesondere in Höhe des ortsüblichen oder des tariflichen Lohnes, ein wesentliches Merkmal für das Bestehen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses. Dem Urteil kann somit nicht entnommen werden, daß – wie der Kläger wohl annimmt – bereits ein nicht geringfügiges Entgelt allein ein wichtiges Merkmal für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis darstellt. Hinzukommen muß vielmehr, daß dieses Entgelt als Gegenwert in einem angemessenen Verhältnis zu der ausgeübten Tätigkeit steht. Diese Rechtsauffassung hat der Senat in dem genannten Urteil vom 23. Juni 1994 (BSGE 74, 275, 281 = SozR 3-2500 § 5 Nr 17 S 62) bestätigt. Ist demnach – wie im vorliegenden Fall – als Entgelt für eine Tätigkeit die laufende Zahlung des halben Tariflohns vereinbart, mag der sich hieraus ergebende Betrag für sich genommen als nicht geringfügig zu bewerten sein; nach der genannten Rechtsprechung stellt er aber keinen angemessenen Gegenwert für die ausgeübte Tätigkeit dar. Das LSG durfte deshalb das Entgelt, das der Kläger für seine Tätigkeit erhalten hat, als nicht angemessen iS dieser Rechtsprechung ansehen, ohne damit von ihr abzuweichen.

Die Beschwerde des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI936380

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