Rz. 35

Der Arbeitsentgeltschutz in Abs. 4 sichert, dass die Bemessungsgrundlage für das Arbeitsentgelt sich nicht deshalb verschlechtert, weil das Betriebsratsmitglied wegen der Übernahme des Amts nicht oder nicht in dem gleichen Umfang in den Arbeitsprozess eingegliedert ist und daher auch nicht die normale berufliche Entwicklung nimmt wie ein mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer. Abs. 4 bezweckt, dass das Betriebsratsmitglied keine Schmälerung seines Einkommens deshalb erleidet, weil es wegen der Übernahme des Betriebsratsamts nicht oder nur unter Einschränkungen seiner beruflichen Tätigkeit nachgehen kann. Zugleich sichert er aber auch die Unentgeltlichkeit des Betriebsratsamts; denn aus dem Gebot, als Bemessungsgrundlage das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung zugrunde zu legen, ergibt sich als Verbot, das Arbeitsentgelt nach der Bewertung der Betriebsratstätigkeit zu bemessen. Das Betriebsratsmitglied soll in seinem Arbeitsentgelt so gestellt werden, wie es stehen würde, wenn es das Betriebsratsamt nicht übernommen hätte. Das Gesetz verlangt also eine hypothetische Betrachtungsweise, für die zwingend vorgeschrieben ist, dass sie sich an dem Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung zu orientieren hat[1].

 

Rz. 36

Die Vorschrift garantiert dem Betriebsratsmitglied allerdings nicht die der Höhe nach absolut gleiche Vergütung, die vergleichbare Arbeitnehmer erhalten. Nach dem Zweck der Vorschrift, das Betriebsratsmitglied vor finanziellen Nachteilen wegen der Ausübung der Betriebsratstätigkeit zu schützen, kommt es vielmehr darauf an, ob die Gehaltsentwicklung des Betriebsratsmitglieds während der Dauer seiner Betriebsratstätigkeit in Relation zu derjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückgeblieben ist (BAG, Urteil v. 17.8.2005, 7 AZR 528/04[2]). Andernfalls würde das Betriebsratsmitglied wegen seines Amtes begünstigt, was nach § 78 Satz 2 BetrVG unzulässig ist. Das Betriebsratsmitglied hat daher während der Dauer seiner Amtszeit Anspruch auf Gehaltserhöhungen in dem Umfang, in dem die Gehälter vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung erhöht werden.

 
Praxis-Beispiel

Werden die Vergütungen innerhalb der Vergleichsgruppe um einen bestimmten Prozentsatz angehoben, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf dieselbe prozentuale Erhöhung seines Gehalts.

Fallen die Gehaltserhöhungen innerhalb der Vergleichsgruppe unterschiedlich aus, kommt es darauf an, in welchem Umfang die Gehälter der Mehrzahl der der Vergleichsgruppe angehörenden Arbeitnehmer angehoben werden. Handelt es sich um eine sehr kleine Vergleichsgruppe und lässt sich deshalb nicht feststellen, dass die Gehälter der Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer in gleichem Umfang erhöht wurden, kann für den Gehaltsanpassungsanspruch des Betriebsratsmitglieds der Durchschnitt der den Angehörigen der Vergleichsgruppe gewährten Gehaltserhöhungen maßgebend sein, wenn nur auf diese Weise eine nach § 78 Satz 2 BetrVG unzulässige Begünstigung oder Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds vermieden werden kann (BAG, Urteil v. 19.1.2005, 7 AZR 208/04[3]).

 

Rz. 37

Maßgebend ist das Arbeitsentgelt der Arbeitnehmer, deren Tätigkeit bei Übernahme des Betriebsratsamts mit der des Betriebsratsmitglieds vergleichbar ist (BAG, Beschluss v. 15.1.1992, 7 ABR 24/91[4]).

Die Übernahme des Betriebsratsamts ist auch bei freigestellten Betriebsratsmitgliedern der maßgebliche Zeitpunkt für die Bestimmung des Vergleichsgehalts (nicht der Zeitpunkt der Freistellung). Ein freigestelltes Betriebsratsmitglied würde ansonsten gegenüber einem nicht freigestellten Betriebsratsmitglied ungleich behandelt, wenn anlässlich seiner Freistellung ohne sachlichen Grund der Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer neu bestimmt werden könnte (BAG, Urteil v. 22.1.2020, 7 AZR 222/19[5]).

 
Hinweis

Vergleichbar sind die Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamtes ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten wie das Betriebsratsmitglied ausgeübt haben und dafür in ähnlicher Art und Weise wie das Betriebsratsmitglied fachlich und persönlich qualifiziert waren (ebenso BAG, Urteil v. 19.1.2005, 7 AZR 208/04[6]).

Dabei kommt es auf die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen nur insoweit an, als sie die objektivierte Stellung des Arbeitnehmers innerhalb der betrieblichen Organisation bestimmen. Ist ein Betriebsratsmitglied besonders qualifiziert und übt es daher eine überdurchschnittliche Tätigkeit aus, so sind zwar mit ihm vergleichbar nur die Arbeitnehmer, die ebenfalls entsprechend qualifiziert sind und eine entsprechende überdurchschnittliche Tätigkeit verrichten (BAG, Urteil v. 13.11.1987, 7 AZR 550/86[7]). Voraussetzung ist aber, was in Rechtsprechung und Literatur nicht hinreichend deutlich wird, dass die Qualifikation und die Tätigkeit sich auf die Bemessung des Arbeitsentgelts auswirken. Deshalb sind in den Vergleich nicht Arbeitnehmer einzu...

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