Entscheidungsstichwort (Thema)

Einrichtung einer Einigungsstelle wegen Interessenausgleich Restrukturierung Betriebsstätte. Einigungsstelle zu Interessenausgleich. Rechtsschutzinteresse der Arbeitgeberin bei vertrauenswidriger Ablehnung weiterer Verhandlungstermine durch Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

Es widerspricht den Grundsätzen der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach §§ 2 Abs. 1, 74 Abs. 1 BetrVG, wenn der Betriebsrat zunächst weitere Verhandlungstermine mit dem Arbeitgeber ablehnt, um dann im Einsetzungsverfahren nach § 98 ArbGG eine nicht ordnungsgemäße Unterrichtung durch den Arbeitgeber zu monieren.

 

Normenkette

ArbGG §§ 98, 98 Abs. 1 S. 1; BetrVG § 74 Abs. 1, §§ 112, 111, 2 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Sätze 1-2, § 74 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 09.02.2012; Aktenzeichen 7 BV 4/12)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 09.02.2012, Az.: 7 BV 4/12, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Einrichtung einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand Interessenausgleich.

Die Beteiligte zu 1) ist Pächterin und Betreiberin des C.. Der Beteiligte zu 2) ist der für den Betrieb der Beteiligten zu 1) gebildete Betriebsrat.

Anfang Dezember 2011 gab die Beteiligte zu 1. dem Beteiligten zu 2. bekannt, dass sie eine Restrukturierung ihrer Betriebsstätte plane. In einem ersten Gespräch am 09.12.2011 überreichte die Beteiligte zu 1. dem Beteiligten zu 2. den Entwurf eines Interessenausgleichs (Bl. 55 ff d.A.), den weiteren Entwurf einer "Betriebsvereinbarung Sozialauswahl" und eine Präsentation ihres Restrukturierungskonzepts, dem als Anlage ein aktuelles Organigramm und ein Zielorganigramm beigefügt waren (Bl. 58 ff d.A.).

Der Beteiligte zu 2. übersendete der Beteiligten zu 1. unter Datum vom 13.12.2011 einen ersten Fragenkatalog zu ihrer unternehmerischen Planung.

Am 16.12.2011 und am 20.12.2011 fanden jeweils Verhandlungsrunden zwischen den Betriebspartnern statt, wobei der Inhalt der Gespräche streitig ist.

Mit E-Mail vom 06.01.2012 (Bl. 82 ff d.A.) informierte die Beteiligte zu 1. den Beteiligten zu 2. darüber, dass das ursprüngliche Restrukturierungskonzept eingeschränkt werden solle. Auf die Schließung des "E" (Gastronomiebereich) werde verzichtet, und auch im Hotelbereich sollen keine Stellen abgebaut werden.

Am 11.01.2012 legte der Betriebsrat einen zweiten Fragenkatalog vor.

Am 12.01.2012 kamen die Betriebspartner zu einem weiteren Gespräch zusammen. Wegen Abwesenheit der wirtschaftlichen Beraterin des Betriebsrats fanden an diesem Tag keine Verhandlungen zum Interessenausgleich statt.

Am 13.01.2012 fand ein "Expertenmeeting" unter Beteiligung von Vertretern der Beteiligten und der betriebswirtschaftlichen Beraterin des Beteiligten zu 2) statt, das der Beantwortung von Fragen des Beteiligten zu 2) dienen sollte.

Am 18.01.2012 verhandelten die Beteiligten über den Interessenausgleich, wobei der Inhalt der geführten Gespräche im Einzelnen streitig ist.

Im Anschluss an diesen Verhandlungstermin erklärte die Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 18.01.2012 (Bl. 85 ff d.A.), dass sie den Betriebsrat umfassend unterrichtet habe. Einigkeit habe sich nicht erzielen lassen, so dass "die Voraussetzungen des Scheiterns der freien Verhandlungen" vorlägen. Sie bot unabhängig davon an, am 19.01.2012 für ergänzende Informationen zur Verfügung zu stehen und am 20.01.2012 erneut zu verhandeln. Darüber hinaus unterbreitete sie den Vorschlag, am 31.01.2012 erneut zu verhandeln und für den Fall der Nichteinigung bereits jetzt eine Einigungsstelle einzusetzen, die am 07. oder 08.02.2012 tagen soll.

Der Beteiligte zu 2. reagierte hierauf mit Schreiben vom 23.01.2012 (Bl. 142ff. d.A.) und rügte, dass eine umfassende Unterrichtung nach § 111 BetrVG noch nicht vorliege, insbesondere fehlten Informationen zur geplanten Leistungsverdichtung und der Umverteilung der Arbeitstätigkeiten sowie zu geplanten Versetzungen. Der Betriebsrat erklärte sich bereit, ein Alternativkonzept zu erstellen, über welches am 31.01.2012 verhandelt wird. Keine Bereitschaft bestand, bereits jetzt im Vorfeld der einvernehmlichen Errichtung einer Einigungsstelle zuzustimmen.

Mit ihrem am 24.01.2012 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Antrag hat die Beteiligte zu 1) die Einsetzung einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Interessenausgleich Restrukturierung Betriebsstätte C." begehrt.

Die Beteiligte zu 1. hat erstinstanzlich folgendes vorgetragen:

In der Verhandlung vom 18.01.2012 habe der Betriebsrat mitgeteilt, dass seine Fragen im Wesentlichen vollständig beantwortet worden seien. Zuvor sei in den Verhandlungsrunden vom 16.12.2011, 20.12.2011 und 18.01.2012 umfassend zum Restrukturierungskonzept verhandelt worden. Soweit der Betriebsrat in seinem Schreiben vom 23.01.2012 nun behauptet, bis zum 17.01.0212 sei nur ca. die Hälfte der Informationen erteilt worden, solle dies dazu dienen, die Verhandlungen hinauszuzögern. Sie habe dem Betriebsrat weitere Verha...

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