Entscheidungsstichwort (Thema)

Offensichtliche Unzuständigkeit. Einigungsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einigungsstelle ist nicht im Sinne von § 98 ArbGG offensichtlich unzuständig für die Regelung des Beschwerdeverfahrens nach § 13 AGG sowie zur Festlegung der Beschwerdestelle und ihrer Organisation, soweit Beschwerden von Arbeitnehmern im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG betroffen sind.

 

Normenkette

ArbGG § 98; AGG § 13

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 20.02.2007; Aktenzeichen 9 BV 3/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 20. Februar 2007 – 9 BV 3/07 – mit der Maßgabe abgeändert, dass Herr M.B., Präsident des Landesarbeitsgerichts Bremen, als Vorsitzender einer Einigungsstelle zur Regelung des Beschwerdeverfahrens nach § 13 AGG sowie zur Festlegung der Beschwerdestelle und ihrer Organisation, soweit Beschwerden von Arbeitnehmern im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG betroffen sind, eingesetzt wird.

Gegen diesen Beschluss findet kein weiteres Rechtsmittel statt.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligte zu 2. und Antragsgegnerin ist eines der größten deutschen Unternehmen in der Versicherungsbranche, das vor allem Lebensversicherungen, aber auch andere Versicherungen und Geldanlagen vermittelt. In ihrem Außendienst sind mehr als 2.000 angestellte und 7.000 selbständige Vermittler tätig. Der Innendienst umfasst etwa 4.000 Beschäftigte, davon mehr als 3.000 Beschäftigte in der Hauptverwaltung in H.. Der Beteiligte zu 1. und Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin gebildete Gesamtbetriebsrat.

Seit einigen Jahren gehört die Antragsgegnerin zum Konzern der E.-AG, die ihrerseits der M.-AG um zugeordnet ist. Der Sitz der E.-AG ist D.. Zur E.-AG gehören neben der H.-AG u. a. die Versicherungsunternehmen De.-AG, die V.-AG und die D. als Rechtsschutzversicherer.

Nach Inkrafttreten des AGG schlug die Personalleitung der E.-AG vor, eine Beschwerdestelle beim Konzern einzurichten unter der Regie bzw. Führung des E.-Personalleiters, Herrn C.S.. Mit einem entsprechenden Ansinnen trat die E.-AG an den für den Konzern gebildeten Konzernbetriebsrat heran. Der Konzernbetriebsratsvorsitzende teilte dem Arbeitsdirektor sowie dem Personalleiter der E.-AG am 11. Dezember 2006 mit, dass die Mitbestimmung hierfür nicht bei ihm, sondern bei den in den Unternehmen gebildeten Betriebsratsgremien liegen würde. Gleichzeitig bat der Konzernbetriebsrat darum, die Mitteilung an die Mitarbeiter/innen zu unterlassen, mit der auf eine Stelle im E.-Konzern zur Behandlung der Beschwerden hingewiesen werde. Am 12. Dezember 2006 wies die Konzernleitung alle Beschäftigten der E.-AG mit einer Mail auf die Einrichtung einer zentralen Beschwerdestelle hin. Insoweit wird auf die Anlage ASt. 3 zur Antragsschrift (Blatt 13 ff. der Akte) verwiesen. Mittels Hauspostille aus Heft 4/2006 erfolgte seitens der E.-AG eine weitere Information der Beschäftigten über die Einrichtung einer „zentralen Beschwerdestelle” (Anlage ASt. 2 zur Antragsschrift, Blatt 11 der Akte).

Der Gesamtbetriebsrat hat am 25. Januar 2007 das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet.

Mit einer Mitarbeiterinformation vom 12. Februar 2007 informierten die E.-AG und die zur Holding gehörenden Versicherungen die Mitarbeiter über das AGG und die Einrichtung einer gemeinsamen Beschwerdestelle der verschiedenen Unternehmen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage 1 (Blatt 95 ff. der Akte) zu Antragserwiderung verwiesen.

Der Gesamtbetriebsrat hat die Auffassung vertreten, ein Mitbestimmungsrecht bestehe für ihn nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, da es sich um eine Frage der Ordnung im Betrieb handele. Da dem Arbeitgeber nach § 12 Abs. 1 AGG frei stehe, welche Maßnahmen er treffe, handele es sich um ausfüllungsbedürftige Normen, die einen weiten Spielraum zur Verfügung stellen würden. Hierzu gehöre insbesondere auch das Beschwerdeverfahren, wozu insbesondere gehöre, wie die Beschwerde behandelt, geprüft und ggf. weitergeleitet werde. Dabei werde auch sicherzustellen sein, wie durch geeignete Vorkehrungen dem Maßregelungsverbot für Beschwerdeführer, -unterstützer und Zeugen gemäß § 16 AGG Rechnung getragen werde. Für das Beschwerdeverfahren wesentlich sei auch die Frage, wo und unter welcher Führung und welchen Strukturen die Beschwerdestelle nach § 13 AGG eingerichtet werde.

Der Antragsteller hat beantragt,

  1. Herrn M.B., Präsident des Landesarbeitgerichts Bremen, als Vorsitzenden einer Einigungsstelle zur Regelung des Beschwerdeverfahrens nach § 13 AGG sowie über die Errichtung und Bestellung einer Beschwerdestelle einzusetzen;
  2. die Zahl der Beisitzer pro Betriebspartei auf drei festzusetzen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, ein Mitbestimmungsrecht sei offensichtlich nicht gegeben. Die Einrichtung der Beschwerdestelle auf Unternehmensebene sei als schlichter Gesetzesvollzug zu sehen. Mit Ausnahme der Verpflichtung, die Beschwerdestelle gemäß § 12 Abs. 5 AGG bekannt zu machen, ...

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