Bei der Ausübung des Direktionsrechts ist der Arbeitgeber nicht frei. Die Weisung darf nicht gegen Gesetz, einen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder gegen den Arbeitsvertrag verstoßen. Insbesondere arbeitsrechtliche Schutzvorschriften begrenzen das Direktionsrecht, wie z. B. § 3 Satz 1, § 5 Abs. 1 ArbZG, §§ 4, 16 MuSchG, §§ 2224 JArbSchG.

 
Praxis-Beispiel

Kein Verstoß gegen Gesetz

Eine Weisung an einen Fernfahrer, Ordnungswidrigkeiten zu begehen, wie die Lenkzeiten zu überschreiten, ist unwirksam. Eine Weisung an einen Arbeitnehmer, Arbeitsschutzvorschriften oder das Arbeitszeitgesetz nicht einzuhalten, ist ebenso unwirksam.

Besteht das Direktionsrecht, muss die Ausübung billigem Ermessen entsprechen[1], d. h. die Weisung muss

  • einen sachlichen Grund haben, darf also nicht willkürlich sein und
  • dem Arbeitnehmer zumutbar sein. Dazu gehört, dass alle wesentlichen Umstände des Falls unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden, wobei ein Beurteilungsspielraum bleibt.[2]

Bei dieser Abwägung muss der Arbeitgeber auf die Interessenlage der Parteien zum Zeitpunkt der Ausübung des Direktionsrechts abstellen.[3] Allerdings gilt dies nur, wenn sich der Arbeitnehmer bei Erteilung der Weisung auf sie beruft. Ein Nachschieben solcher persönlichen Umstände ist rechtlich unbeachtlich.[4]

So hat der Arbeitgeber bei einer Auswahlentscheidung hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit auf eine familiäre Situation des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, soweit nicht betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer entgegenstehen.[5] Das bedeutet: Besteht die Möglichkeit, einen anderen Arbeitnehmer mit der Aufgabe zu betrauen, der nicht so stark persönlich betroffen ist, muss der Arbeitgeber diesen Weg wählen.

 
Praxis-Beispiel

Arbeitgeber muss auf berechtigte Belange von Arbeitnehmern Rücksicht nehmen

Ein Arbeitgeber beschäftigt mehrere Teilzeitbeschäftigte. Überwiegend handelt es sich um Frauen, die meist vormittags arbeiten. Arbeitsvertraglich ist in allen Fällen lediglich die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festgelegt. Mehrere Kunden wünschen, dass auch nachmittags Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Weil jedoch die Mitarbeiter nach wie vor ihre Arbeit lediglich vormittags erbringen wollen, überlegt sich der Arbeitgeber, durch Direktionsrecht einigen Mitarbeitern die Weisung zu erteilen, ihre Arbeit nachmittags zu verrichten. Als er mit diesem Wunsch an die Mitarbeiter herantritt, meldet sich eine Mitarbeiterin und verweist darauf, dass sie alleinerziehende Mutter eines 12-jährigen Kindes sei, das zwar morgens zur Schule gehe, aber nachmittags von ihr beaufsichtigt werden müsse.

Hier muss der Arbeitgeber der "Zwangslage" der Mitarbeiterin entgegenkommen, sofern die Möglichkeit besteht, eine andere Person mit der Nachmittagsarbeit zu betrauen.

Eventuelle Grundrechtsbeeinträchtigungen des Arbeitnehmers (z. B. Freiheit der Religionsausübung, Art. 4 GG)[6] sind zu beachten. Zwar gelten die Grundrechte wegen Art. 1 Abs. 3 GG nicht unmittelbar im Arbeitsverhältnis, sie sind jedoch im Wege der mittelbaren Drittwirkung bei der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen, wie dem "billigen Ermessen" zu berücksichtigen. So kann wegen der in Art. 13 Abs. 1 GG geschützten Unverletzlichkeit der Wohnung der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht per Direktionsrecht die Arbeit im Homeoffice zuweisen, jedoch durch Direktionsrecht wieder beenden.

Zudem muss das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers berücksichtigt werden. Dieses schützt u. a. die körperliche Unversehrtheit.[7]

Deshalb ist z. B. auch

  • die Versetzung einer Mitarbeiterin, die zuvor in der Bücherei und Verwaltung eingesetzt wurde, in die Rolle einer "Stuntwoman" in einen Bereich, in dem simulationsnah polizeiliche Methoden geübt werden sollen, unwirksam[8];
  • genauso ist eine Versetzung unwirksam, die zielgerichtet zur Zermürbung und Diskriminierung eingesetzt wird.[9]

Auch das Interesse des Arbeitnehmers an kurzen Pendelzeiten ist ein wichtiges Kriterium, das bei der Abwägung zu berücksichtigen ist. Dabei ist allerdings nicht auf die sozialrechtlichen Regelungen abzustellen; diesen können keine belastbaren Grenzen für die Zumutbarkeit einer Versetzung entnommen werden.[10] Der Arbeitnehmer hat aber keinen Anspruch auf eine bestimmte Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen, wenn dies nicht bereits anderweitig geregelt ist.

 
Praxis-Beispiel

Arbeitgeber muss besondere Konstellationen bei Arbeitnehmern berücksichtigen

Eine Mitarbeiterin schuldet arbeitsvertraglich eine 20-Stunden-Woche. In der Vergangenheit hat sie diese an 3 Tagen in der Woche erbracht. Nun soll sie an 5 Tagen in der Woche arbeiten.

Die Mitarbeiterin wendet ein, dass sie eine lange Anfahrtszeit zur Arbeit hat. Die zusätzlichen Fahrtkosten und -zeiten würden sie besonders belasten.

Auch dies hat der Arbeitgeber – soweit möglich – zu berücksichtigen.

Unter Umständen kommt auch entsprechend § 670 BGB ein...

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