hier: Belastungsgrenze für in stationären Einrichtungen wohnende Versicherte, die Hilfe zur Pflege beziehen

Sachstand:

Versicherte haben während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten. Die Belastungsgrenze beträgt 2 %; für chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, beträgt sie 1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt (vgl. § 62 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz und Satz 2 SGB V).

Unter anderem ist bei Versicherten,

  1. die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII oder die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BVG oder nach einem Gesetz, das dieses für anwendbar erklärt, erhalten,
  2. bei denen die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden,

als Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur der Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII (2023: 502 EUR) maßgeblich (vgl. § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 und 2 SGB V).

Für beide Personenkreise sah der Gesetzgeber ursprünglich eine vollständige Befreiung von den gesetzlichen Zuzahlungen vor, die durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20.12.1988 mit Wirkung zum 1.1.1989 in § 61 SGB V eingeführt wurde und bis 31.12.2003 fortbestand. Laut der Gesetzesbegründung zum GRG (BT-Drucks. 11/2237, S. 187) ging der Gesetzgeber bei diesen Personenkreisen davon aus, dass sie wegen ihrer geringen finanziellen Mittel nicht in der Lage sind, gesetzliche Zuzahlungen zu leisten. Hinweise darauf, was unter der Formulierung "Kosten der Unterbringung" zu verstehen ist, gehen aus den Gesetzesmaterialien zum GRG nicht hervor. Durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) vom 14.11.2003 wurde die Zuzahlungs- und Überforderungsregelungen in den §§ 61 und 62 SGB V mit Wirkung zum 1.1.2004 neu gefasst. Seitdem gilt für die in Rede stehenden Personenkreise nur (noch) eine teilweise Befreiungsmöglichkeit von den gesetzlichen Zuzahlungen. Eine Erläuterung des Begriffs der "Unterbringungskosten" erfolgt auch nicht in der Gesetzesbegründung zum GMG.

Nach § 65 SGB XII haben Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen als eine Form der Hilfe zur Pflege, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf stationäre Pflege umfasst auch Betreuungsmaßnahmen; § 64b Abs. 2 SGB XII (Häusliche Pflegehilfe) findet entsprechende Anwendung.

In der Praxis ist fraglich, ob für die Ermittlung der Belastungsgrenze für Beziehende von Leistungen der Hilfe zur Pflege nach § 65 SGB XII, die in stationären Einrichtungen untergebracht sind, § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 oder 2 SGB V anzuwenden ist, wonach für die gesamte Bedarfsgemeinschaft ausschließlich der Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII maßgeblich ist.

Bei Versicherten, die Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII beziehen, aber keine Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel SGB XII oder Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel SGB XII, liegen die Voraussetzungen nach § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 SGB V nicht vor.

Daher gilt es zu klären, ob die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V (Tragung der Kosten der Unterbringung durch einen Sozialhilfeträger) bei dem Bezug von Leistungen der Hilfe zur Pflege erfüllt werden.

Die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel SGB XII sowie die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel SGB XII beinhalten Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 42 Nr. 4 Buchst. b SGB XII (§ 27b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XII). Hierbei handelt es sich um Unterbringungskosten, die vom Sozialhilfeträger getragen werden.

Ebenso von den Trägern der Sozialhilfe geleistet wird die Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel SGB XII (§§ 61 bis 66a SGB XII), wozu auch die Hilfe bei stationärer Pflege nach § 65 SGB XII gehört. § 65 SGB XII definiert nicht, welche Leistungen als stationäre Hilfe zur Pflege in Betracht kommen.

Aus den Gesetzesmaterialien geht hervor, dass der Anspruch auf stationäre Pflege nach dem SGB XII dem Inhalt des Anspruchs auf stationäre Pflege nach § 43 Abs. 1 SGB XI entspricht (vgl. BT-Drucks. 18/9518, S. 98). Laut dem Kommentar von Meßling in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 65 SGB XII, Rn 24, seien alle Leistungen erfasst, die während eines vollstationären Aufenthalts pflegerisch erforderlich sind, wozu nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XI "pflegebedingte Aufwendungen sowie Aufwendungen für Betreuung und Aufwendungen für die in der Einrichtung notwendigen Leistungen der medizinischen Behandlungspflege" gehören. Der Kommentar geht jedoch nicht darauf ein, dass § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB XI darüber hinaus vorsieht, dass Pflegekassen au...

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