Rz. 106

In der Praxis finden sich zahlreiche tarifvertragliche Regelungen, die von den Berechnungsgrundsätzen des § 11 Abs. 1 BUrlG abweichen.

 

Rz. 107

Für die Zulässigkeit solcher Abweichungen gilt § 13 Abs. 1 BUrlG. § 11 BUrlG gehört zu den tarifdispositiven Normen, das in § 1 BUrlG geregelte Lohnausfallprinzip aber nicht. Dadurch entsteht ein Spannungsverhältnis. Die tariflichen Regelungen dürfen zwar für die Berechnung des Geldfaktors abweichende Regelungen aufstellen, diese dürfen aber nicht dazu führen, dass das Entgeltfortzahlungsprinzip des § 1 BUrlG, das sich im Zeitfaktor ausdrückt, missachtet wird.[1] Die Tarifvertragsparteien haben nur einen eingeschränkten Gestaltungsspielraum, wenn sie für den gesetzlichen Mindesturlaub von § 11 Abs. 1 BUrlG abweichende Bemessungsregeln aufstellen. Es muss mindestens das Entgelt sichergestellt sein, das bei Fortführung der Arbeit ohne urlaubsbedingte Freistellung gewöhnlich verdient würde.[2] Das ist im Einzelfall für die jeweilige tarifliche Regelung zur prüfen. Grundsätzlich dürfen die Tarifvertragsparteien unter dieser Vorgabe den Referenzzeitraum verändern oder vom Referenzprinzip auf ein konsequentes Lohnausfallprinzip wechseln.[3] Es muss jedoch hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs nach § 3 BUrlG sichergestellt sein, dass der Arbeitnehmer ein Urlaubsentgelt erhält, wie er es bei Weiterarbeit ohne Urlaubsgewährung voraussichtlich hätte erwarten können. Dabei ist abstrakt darauf abzustellen, ob die Gesamtheit der tariflichen Regelungen, die die Höhe des Urlaubsentgelts bestimmen (Zeit- und Geldfaktor), die Grenzen des § 13 Abs. 1 BUrlG überschreitet. Betrachtet wird dabei ausschließlich das Urlaubsentgelt, nicht sonstige Leistungen. Untersagt ist es den Tarifvertragsparteien danach, den Begriff der maßgeblichen Vergütungsbestandteile zulasten des Arbeitnehmers verändern, z. B. bestimmte Zahlungen bei der Berechnung des Geldfaktors auszuklammern. Eine Tarifnorm darf aber keine Anreize schaffen, auf Urlaub zu verzichten, sonst ist sie mit Art. 7 der RL 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 GRC nicht zu vereinbaren.[4] Der Zeitfaktor ist hingegen für die Tarifvertragsparteien tabu, denn er stellt den Grundsatz der Entgeltfortzahlung des Urlaubsrechts dar, der sich aus dem tariffesten § 1 BUrlG ableitet.

 

Rz. 108

Da das BUrlG nur den gesetzlichen Mindesturlaub regelt, unterliegen abweichende tarifvertragliche Regelungen, die den darüber hinausgehenden tariflichen Urlaub regeln, keinen gesetzlichen Einschränkungen. Enthält der Tarifvertrag keine eigenständigen Regelungen, sind die gesetzlichen Regelungen auf den gesamten, also auch auf den übergesetzlichen tariflichen Urlaub anwendbar.

[1] Einzelheiten s. Zimmermann, § 13 BUrlG, Rz. 7 ff.
[4] ErfK/Gallner, 24. Aufl. 2024, BUrlG § 11, Rz. 7a.

7.1 Abweichende Regelungen nach dem TVöD

 

Rz. 109

Der TVöD enthält auch hinsichtlich der Berechnung des Urlaubsentgelts Sonderregelungen. Die hier einschlägigen tariflichen Regelungen lauten:

§ 26 Erholungsurlaub

(1) Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21).

§ 21 Bemessungsgrundlage für die Entgeltfortzahlung

  1. In den Fällen der Entgeltfortzahlung nach § 6 Abs. 3 Satz 1, § 22 Abs. 1, § 26, § 27 und § 29 werden das Tabellenentgelt sowie die sonstigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile weitergezahlt. Die nicht in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile werden als Durchschnitt auf Basis der dem maßgebenden Ereignis für die Entgeltfortzahlung vorhergehenden letzten 3 vollen Kalendermonate (Berechnungszeitraum) gezahlt. Ausgenommen hiervon sind das zusätzlich für Überstunden und Mehrarbeit gezahlte Entgelt (mit Ausnahme der im Dienstplan vorgesehenen Überstunden und Mehrarbeit), Leistungsentgelte, Jahressonderzahlungen sowie besondere Zahlungen nach § 23 Abs. 2 und 3.
  2. Protokollerklärungen zu den Sätzen 2 und 3:

    1. Volle Kalendermonate im Sinne der Durchschnittsberechnung nach Satz 2 sind Kalendermonate, in denen an allen Kalendertagen das Arbeitsverhältnis bestanden hat. Hat das Arbeitsverhältnis weniger als 3 Kalendermonate bestanden, sind die vollen Kalendermonate, in denen das Arbeitsverhältnis bestanden hat, zugrunde zu legen. Bei Änderungen der individuellen Arbeitszeit werden die nach der Arbeitszeitänderung liegenden vollen Kalendermonate zugrunde gelegt.
    2. Der Tagesdurchschnitt nach Satz 2 beträgt bei einer durchschnittlichen Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 5 Tage 1/65 aus der Summe der zu berücksichtigenden Entgeltbestandteile, die für den Berechnungszeitraum zugestanden haben. Maßgebend ist die Verteilung der Arbeitszeit zu Beginn des Berechnungszeitraums. Bei einer abweichenden Verteilung der Arbeitszeit ist der Tagesdurchschnitt entsprechend Satz 1 und 2 zu ermitteln.
    3. Liegt zwischen der Begründung des Arbeitsverhältnisses oder der Änderung der individuellen Arbeitszeit und dem maßgeblichen...

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