Mobile Learning im Lernsystem weiterentwickeln

Der Mensch beschäftigt sich gerne mit der Zukunft und ihren Möglichkeiten. Das ist richtig und wichtig. Genauso wichtig ist es aber auch, das nicht zu vergessen, was zwar nicht neu ist, aber in der Umsetzung noch hinter den Möglichkeiten zurückbleibt - mahnt unsere Kolumnistin Gudrun Porath und liefert gleich ein Beispiel dafür: das "Mobile Learning".

Eigentlich denkt man gar nicht mehr daran. Denn es ist schon Jahre her, dass mobiles Lernen so richtig im Trend lag. Wie lange, das zeigt unter anderem ein Blick in den "Global Sentiment Survey" von Donald H. Taylor. Der Brite, hierzulande vor allem als Chairman der Online Educa Global in Berlin bekannt, stellt darin immer die gleiche Frage: "Was wird im kommenden Jahr im Bereich L&D am Arbeitsplatz 'hot' sein?" Zur Auswahl stehen eine Reihe von Themen, aus denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer drei auswählen können.

Im Jahr 2015 stand "Mobile Learning" mit über zehn Prozent Zustimmung noch ganz oben auf der Liste, um dann kontinuierlich an Bedeutung zu verlieren. Aktuell erreicht es in der Umfrage, an der rund 4.000 Learning Professionals aus 100 Ländern teilnahmen, nur noch Zustimmungswerte von 2,2 Prozent. Taylors Fazit zu diesem Niedergang: "Aus der aufregenden Neuigkeit ist ein Alltagsgeschäft geworden."

Mobile Learning ist schon Alltag

Dem kann ich nur zustimmen. Denn es gibt wohl kaum jemanden im Berufsleben, der keine App auf seinem Smartphone hat, mit der er lernt oder sich Wissen aneignet. Warum also ist mobiles Lernen hier ein Thema, wenn es so etabliert ist?

Einige Randnotizen und das aktuelle "Fosway 9-Grid" zu "Learning Systems" haben mich dazu gebracht, dies zu hinterfragen. Die Randnotizen waren das Thema "Digitales Lernen für Mitarbeitende in der Produktion ohne PC-Arbeitsplatz". Mitte der 2000er Jahre waren es VW, die als erste das Thema öffentlich beschrieben. Im vergangenen Jahr waren es wieder VW, die das Thema über den gewählten Plattformanbieter verbreitet haben.

Weiterbildung am Fließband: Mobile Learning rückt wieder in den Fokus

Tja, großes Unternehmen, viele Projekte. Natürlich hat sich auch die Technologie weiterentwickelt. Gleichzeitig passt das Best-Practice-Beispiel in den Trend, dass durch den technologischen Wandel immer mehr Mitarbeiter in der Produktion, aber auch im Service ständig weitergebildet werden müssen. Idealerweise natürlich mobil, aber eingebunden in ein System, das Überblick, Steuerung und Kontrolle ermöglicht. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer, folgt man den Erkenntnissen von David Wilson und seinem Fosway-Team, die für den "9-Grid" viele Lernsysteme sehr gründlich untersucht haben.

Mobile Funktionen im Lernsystem heute unverzichtbar

Die Überschrift zur Analyse des Themas in den Erläuterungen zum aktuellen 9-Grid lautet: "Real mobile learning is now essential". Offenbar haben wir jahrelang darüber gesprochen - und es in der Funktionsbeschreibung gelesen -, dass moderne und aktuelle Lernsysteme mobiles Lernen selbstverständlich integrieren. Doch genau diese Funktionalitäten, so Fosway, hätten sich jahrelang oft als unzureichend für die gestellten Anforderungen erwiesen und seien nur selten implementiert worden. Eine gute mobile Funktionalität sei aber heute unverzichtbar.

Könnte es sein, dass wir, wenn eine Technologie nicht mehr halb so neu ist und jeder sie irgendwie nutzt, lieber zur nächsten springen? Weil es vielleicht bequemer, aufregender und für den persönlichen Erfolg lohnender ist, mit etwas Neuem zu glänzen, als sich in eine etablierte Technologie zu vertiefen und kontinuierlich an ihrer Verbesserung zu arbeiten?  Mir scheint, dass es so ist. Aber ich bin offen und freue mich über andere Meinungen.

Könnte es sein, dass wir, wenn eine Technologie nicht mehr halb so neu ist und jeder sie irgendwie nutzt, lieber zur nächsten springen? Mir scheint, dass es so ist." - Gudrun Porath

Ich halte es jedenfalls für eine Verschwendung von Ressourcen. Denn wenn wir gleichzeitig davon sprechen, dass sich Investitionen in Lerntechnologie auch aus Sicht der Unternehmen lohnen und rechnen müssen, dann sollten die Funktionen, die bei der Anschaffung einer solchen Technologie auf der Anforderungsliste stehen, auch nutzbar sein, genutzt werden und dort, wo es nicht optimal funktioniert, weiterentwickelt werden. Übrigens auch im Sinne der Nachhaltigkeit. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema.


Über die Kolumnistin: Gudrun Porath ist freie Journalistin. Sie beobachtet unter anderem für das Haufe Personal-Portal und die Haufe-Zeitschrift "wirtschaft + weiterbildung" die Trends auf dem E-Learning-Markt.