Welche Kompetenzen Führungskräfte im New Normal brauchen
Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel und mit ihr auch die Mitarbeiterführung. Das gilt nicht erst seit Beginn der Pandemie, jedoch verändern sich die Anforderungen, die an Führungskräfte gestellt werden, durch Corona deutlich schneller. Ersichtlich wird das in der Studie "Führung im neuen Normal", für die das Fraunhofer IAO und die Deutsche Gesellschaft für Personalführung rund 300 HR-Verantwortliche befragt haben. Die Studie zeigt, wo nach der Pandemie die Schwerpunkte der Führungsarbeit liegen und welche (neuen) Herausforderungen sich stellen.
Veränderung der täglichen Führungsarbeit verlangt neue Kompetenzen
Die Zusammenarbeit auf Distanz wird Teil der Arbeitswelt bleiben, auch wenn hybride Arbeitsmodelle nach der Pandemie wahrscheinlich sind. Rund 43 Prozent und damit der Großteil der Befragten schätzen, dass etwa die Hälfte der Büroarbeitenden ganz oder teilweise im Homeoffice oder mobil arbeiten werden. Nur 2,2 Prozent denken, dass in Zukunft (fast) niemand mehr von zu Hause oder unterwegs aus arbeitet.
Der erwartete Mix aus Präsenz und mobilen Arbeitsformen im sogenannten "New Normal" verändert auch das Anforderungsprofil der Kompetenzen, die Führungskräfte künftig benötigen. Wie die Studienergebnisse zeigen, wird vor allem die Kommunikationsarbeit zunehmen. Danach gefragt, wie sich der Führungsalltag seit Beginn der Pandemie verändert hat, gaben 65 Prozent der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer an, dass die Kommunikation mit den Mitarbeitenden nun mehr Zeit in Anspruch nimmt. Unter anderem führen Führungskräfte deutlich mehr bilaterale Gespräche mit einzelnen Beschäftigten (43,4 Prozent).
Da sich laut Angaben von rund 46 Prozent der Befragten auch der Koordinations-, Planungs- und Überprüfungsaufwand vergrößert hat, ergibt sich ein insgesamt gesteigertes Arbeitsvolumen. Explizit danach gefragt, berichteten 43 Prozent der Führungskräfte von einem erhöhten Arbeitsaufwand, weitere 32 Prozent haben diesen zumindest teilweise bemerkt.
Leadership: Kommunikation und Vertrauen wichtiger als Fachwissen
Was sind also die wesentlichen Kompetenzen, die Führungskräfte in Zukunft brauchen? Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer wurden gebeten, in einem Ranking verschiedene Fähigkeiten nach deren künftiger Relevanz zu sortieren. Überraschenderweise belegt das Fachwissen den letzten Platz. Den Spitzenwert erreicht dagegen – vor der Kommunikationsfähigkeit – das Vertrauen. "In der hybriden Arbeitswelt wird eine ebenso proaktive wie medienkompetente, wertschätzende Kommunikation und Ansprechbarkeit ein wesentlicher Schlüssel für gute Zusammenarbeit, Leistung und Bindung sein", so die Studienautoren. Trotzdem werde das Ausmaß direkter Begegnung und sozialer Einbindung und damit auch der Kontrolle geringer sein als vor der Coronapandemie, was die Bedeutung des Vertrauens so stark wachsen lasse. "Vertrauen lässt sich zudem als ein Managementprinzip interpretieren, das bewusst auf das Gegenstück der minutiösen und aufwendigen Kontrolle verzichtet", heißt es in der Studie.
Die größten Herausforderungen für Führungskräfte im "New Normal"
Als die größten Herausforderungen, denen Führungskräfte gegenüberstehen, sehen die Befragten vor allem Themen, die eng mit persönlichen und familiären Aspekten sowie Informalität zu tun haben: Fast zwei Drittel der Studienteilnehmer bezeichneten den Umgang mit Mitarbeitenden, die selbst wenig aktiv kommunizieren und daher eher "isoliert" sind, als "schwer" oder "sehr schwer". Das Aufrechterhalten informeller Kommunikation und Bindung, aber auch der Ausgleich erlebter Ungleichbelastung durch verschiedene familiäre Situationen der Mitarbeitenden werden ebenfalls als Herausforderungen identifiziert. Des Weiteren tun sich rund ein Drittel der Führungskräfte schwer, die Leistung der Mitarbeitenden wahrzunehmen, was unter anderem - genauso wie die erschwerte Kommunikation - auf die verstärkte Zusammenarbeit auf Distanz zurückzuführen sein dürfte.
Führungskräfte als "Veränderungs- und Entwicklungsbegleiter"
Die Erhebung zeigt auch, dass sich das Rollenverständnis der Führungskräfte verändern wird: Sieben von zehn Befragten gaben an, dass die Führungskraft zunehmend als "Veränderungsbegleiter" auftreten wird, gefolgt vom "Entwicklungsbegleiter" (53 Prozent). "Beide Ausrichtungen reflektieren stark das Verständnis, dass die Zukunft vor allem von schnellen Veränderungen, den damit verbundenen Unsicherheiten und der erforderlichen raschen Anpassungsfähigkeit hieran geprägt sein wird", heißt es seitens der Studienautoren. Der "Führungskraft als Organisator" wird dagegen der geringste Bedeutungszuwachs beziehungsweise die größte Bedeutungsabnahme zugeschrieben. "Führungskräfte sollen dabei unterstützen und Mut machen, veränderungsfähig zu sein, hierfür Hilfe anbieten und Potenziale mitentwickeln, aber nicht vorwiegend mit dem Verständnis antreten, es im Zweifelsfall 'besser zu wissen' und immer die Richtung vorgeben zu können", heißt es in der Studie.
Zur Studie "Arbeiten im New Normal"
Die Studie "Führung im neuen Normal" ist Teil der Befragungsreihe "Arbeiten im New Normal", in der das Fraunhofer IAO und die Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) zu verschiedenen Themenschwerpunkten untersuchen, wie sich die Pandemie auf die Arbeitswelt auswirkt.
Unsere bisherigen News zu den Studienteilen:
Führungskräfte sehen Entgrenzungseffekte durch Homeoffice
Mitarbeitende im Homeoffice eher produktiver als im Büro
Mehr zur Mitarbeiterführung in und nach der Krise lesen Sie außerdem in den verschiedenen Beiträgen unserer Serie "Führen in der Krise".
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