Recruiting verliert für HR massiv an Bedeutung
Wie hat sich die Corona-Krise auf die Handlungsfelder von Personalern ausgewirkt? Der Bundesverband der Personalmanager (BPM) und die Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) sind dieser Frage in der Studie "People & Organization 2020" gemeinsam nachgegangen. Die ersten Ergebnisse der Befragung von rund 1.500 HR-Managern verdeutlichen den radikalen Umbruch, in der sich die Arbeitswelt und damit auch viele HR-Abteilungen befinden.
Die Prioritäten haben sich deutlich verschoben: Seit Jahren war für HR-Manager stets das Recruiting die wichtigste Aufgabe. Im Jahr vor Covid-19 schätzten noch 53 Prozent der Befragten die Personalbeschaffung als wichtigstes Handlungsfeld ein. Nun berichtet nur noch jeder fünfte Befragte (18 Prozent), das Recruiting habe für ihn derzeit Vorrang. In der Prioritätenliste rutschte der Themenbereich um zehn Plätze auf Rang elf ab.
HR-Handlungsfelder: New Work hat seit Corona Priorität
Ebenfalls an Bedeutung verloren haben das Talent Management und die Personalentwicklung. Jeder zweite Arbeitgeber schränkte laut Studie die Weiterbildungsbudgets ein, bei Unternehmen mit über 5.000 Mitarbeitern traf dies sogar auf 62 Prozent zu. Deutlich an Stellenwert gewonnen hat dagegen "New Work". Dieser Begriff wird von den Studienautoren als inhaltliche und organisatorische Neugestaltung von (bewährten) Wertschöpfungsprozessen definiert und somit als Synonym für das Thema Arbeitsorganisation verwendet. Hatte New Work beziehungsweise die Arbeitsorganisation vor der Corona-Krise nur für 19 Prozent der HR-Manager Priorität, sind es nun 53 Prozent. Dadurch löst dieses Thema das Recruiting als wichtigstes Handlungsfeld ab. Einen starken Bedeutungszuwachs verzeichnen außerdem die interne Kommunikation (von Platz neun auf vier im Prioritätenranking), der Bereich "Stellenabbau und Outsourcing" (von Platz zwölf auf fünf) sowie das Gesundheitsmanagement (von elf auf sechs).
Corona-Krise als Treiber für die Digitalisierung von HR-Prozessen
Die Verschiebung der Prioritäten zeigt, dass sich die Arbeit von HR während der Corona-Krise stark verändert hat. Deutlich wird dies auch beim Thema Digitalisierung: In einer Berufsfeldstudie des BPM im Jahr 2017 gaben noch 40 Prozent der Personalmanager an, Kommunikationstools für virtuelle Gespräche intensiv zu nutzen. Infolge der Corona-Beschränkungen sind es mittlerweile drei Viertel (75 Prozent) der Befragten, die entsprechende Tools verwenden. Norma Schöwe, Geschäftsführerin der DGFP, ergänzt: "Die Krise ist ein Reality Check für die Digitalisierung der einzelnen Unternehmen, das spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Studie wider. Auch wenn das Thema Digitalisierung bei allen Unternehmen schon vor der Krise eine hohe Priorität hatte, so besteht weiterhin Nachholbedarf und Optimierung."
Einfluss von HR auf die Unternehmensstrategie
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass HR auf die Strategie und die Ziele des Gesamtunternehmens oft wenig Einfluss hat. Nur drei von zehn Befragten gaben an, maßgeblich in den Strategieprozess involviert zu sein. Zudem konnten 52 Prozent der Befragten ihre Ziele im Gesamtunternehmen nicht durchsetzen. Somit ist es den HR-Bereichen offenbar nicht gelungen, mehr Einfluss im Unternehmen zu gewinnen.
Außerdem hatte der Personalbereich nur bei rund der Hälfte der Unternehmen, die einen Purpose formuliert haben, eine steuernde Funktion. "In der Krise haben die Personalerinnen und Personaler bewiesen, dass sie eine immens wichtige Steuerungsfunktion in den Unternehmen haben und in kürzester Zeit auf neue Situationen reagieren können", zieht BPM-Präsidentin Inga Dransfeld-Haase dennoch ein positives Fazit. "Darauf müssen wir aufbauen und die HR-Bereiche langfristig in der Unternehmensführung verankern."
Zur PDF-Präsentation der ersten Studienergebnisse gelangen Sie hier.
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