Kolumne E-Learning: Die Digitalisierung wird Wahlkampfthema

Die Digitalisierung krempelt das Leben, Lernen und Arbeiten kräftig um. Das haben auch die Parteien erkannt – und setzen beim Wahlkampf auf markige Thesen zum Thema, wie aktuell die FDP. Kolumnistin Gudrun Porath analysiert die Thesen der Liberalen mit Blick aufs Lernen in Schule und Betrieb.

Wenige Wochen vor der Bundestagswahl tritt mit dem Thema "Digitalisierung" ein im HR-Bereich alt bekanntes Gesicht neu auf den Plan: Ex-Personalvorstand Thomas Sattelberger will für die FDP in den Bundestag und treibt das Thema voran. Der Bundestagskandidat will seiner Partei bei der Digitalisierung ein markantes Profil verschaffen.

Während die Parteispitze diplomatisch von "vier verlorenen Jahren" spricht, wenn sie die Arbeit der aktuellen großen Koalition in Sachen Digitalisierung bewertet, zeigt sich Sattelberger von seiner aggressiven Seite: Der Digitalisierung müsse endlich freien Lauf gelassen werden.

Digitalisierung: Schlägt disruptiv evolutionär?

Die Vorstellung von SPD und Gewerkschaften, es gebe einen langsamen und behutsamen "deutschen Sonderweg" zur digitalen Gesellschaft, sei "Selbstbetrug". Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles gebe in ihrem Weißbuch "Arbeiten 4.0" zu erkennen, dass der Sturm der Digitalisierung nur eine Böe sei, die man überstehen müsse.

Sattelberger hält dagegen: Es habe 75 Jahre gedauert, bis das Telefon 50 Millionen Nutzer hatte. Die Spiele-App "Pokémon Go", die im vergangenen Jahr einen Hype auslöste, habe das in nur zehn Tagen geschafft. "Disruptiv schlägt evolutionär", so Sattelberger. In Deutschland herrsche Technologieverhinderung. Jetzt müsse sich das Land für digitale Geschäftsmodelle öffnen.

"Freiheitszonen" für Gründer und Innovatoren gefordert

Sattelberger plädiert in diesem Zusammenhang zum Beispiel für regionale "Freiheitszonen" für Gründer und Innovatoren. Dort solle die digitale Ökonomie erprobt werden – ohne eine "zwanghafte Regulierung im Voraus" durch den Staat oder die Gewerkschaften. Eingreifen könne der Staat immer noch ex post.

Dass die Digitalisierung möglicherweise erst einmal wenige große Gewinner hervorbringe, will Sattelberger offenbar akzeptieren. Schließlich brauche Deutschland auch Internetgiganten. Dass die deutsche SAP unser einziger Softwarekonzern von Weltrang sei, sei einfach zu wenig.

Mehr Flexibilität zum Lernen auf der Agenda

Im entsprechenden Positionspapier seiner Partei fordert diese unter anderem den Einsatz digitaler Technologien und entsprechend ausgebildeter Lehrer an den Schulen und eine  flexible Arbeitskultur (flexiblere Arbeitszeitmodelle), die Freiräume für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schafften.

Man könnte dies ergänzen um die Forderung nach digitalem Lernen für jede Altersgruppe und Freiräume, so zu lernen, wie es dem Bedarf, aber auch den Lernvorlieben jedes Einzelnen entspricht.

Zähe Diskussion, verpasste Lern-Chancen

Die Technik bietet diese Möglichkeiten längst und tatsächlich werden sie in immer mehr Unternehmen angewendet. Die Elementarbildung dagegen hinkt hinterher, das wird auch das FDP-Wahlprogramm so schnell nicht ändern. Statt digitales Lernen da zuzulassen und zu fördern, wo es sinnvoll ist, gibt es häufig nur ein "entweder oder", wobei das "oder" angesichts verwaister Computerräume und Handyverbot in der Schule in der Überzahl ist.

Die Diskussion ist unendlich zäh und zieht sich. Dabei hat die junge Generation längst entschieden: Sie nutzt Youtube, Wikipedia und Whatsapp zuhause und privat selbstverständlich zum Lernen. Die Schule hätte die Chance, mit einer vernünftigen Medienerziehung den sinnvollen Umgang mit den digitalen Endgeräten zu fördern. Bislang geschieht das nicht. So muss sich die digitale Elite wohl weiter an der Schule vorbei entwickeln.


Über die Kolumnistin

Gudrun Porath ist freie Journalistin – und beobachtet unter anderem für unser Personal Portal und " Wirtschaft + Weiterbildung" die Trends auf dem E-Learning-Markt. Ihre Schwerpunktthemen sind das Lernen mit digitalen und sozialen Medien.