Gesund führen in der hybriden Arbeitswelt

Hybride Arbeitsmodelle und virtuelle Kommunikation stellen Chancen, aber auch Belastungen für ein Team dar. Darum ist der Fokus auf eine gesunde Führung essenziell, damit sich die Arbeitswelt zum Wohle aller entwickeln kann. Wie das gelingen kann, lesen Sie hier.

Stetiger Wandel kennzeichnet unsere Arbeitswelt. Zunehmende Komplexität ist dabei ein kritischer Erfolgsfaktor. Digitalisierung und die Covid-19-Pandemie haben hybride Arbeitsformen als Kombination von physischer und digitaler Präsenz ins Spiel gebracht. Die Vorteile sind vielfältig. Oft genannt wird die höhere Flexibilität. Auch die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeitenden können steigen und führen im Idealfall zu einer höheren Produktivität im Unternehmen. Die langfristige Bindung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kann ein zusätzlicher positiver Aspekt sein, der sich in sinkenden Kündigungszahlen widerspiegelt.

Klar ist aber: All die möglichen positiven Effekte sind kein Selbstläufer. Denn der Wandel hin zur neuen Arbeitswelt bringt noch mehr Komplexität, neuen Druck und zusätzliche Herausforderungen. Auch an unsere psychische und körperliche Gesundheit. Gefragt sind deshalb Möglichkeiten, wie wir in der hybriden Arbeitswelt zielführend managen und führen können. Auch mit besonderem Blick auf die gerade in diesem Kontext so wichtige und dringend notwendige, gesundheitsorientierte Führung.

Mentale Gesundheit als Führungsherausforderung im Hybrid Working

Es muss uns im Führungsalltag gelingen, das Beste aus der alten wie der neuen Arbeitswelt herauszustellen und zu verknüpfen. Für gesunde Führung bedeutet das, sich die gesundheitlichen Herausforderungen hybrider Arbeitswelten bewusst zu machen und gezielt gegenzusteuern.

Welchen gesundheitsbezogenen Herausforderungen wir uns zu stellen haben, zeigt eine These aus der Studie "Hybrid Work Compass": 60 Prozent der befragten Führungskräfte und HR-Vertreter sind der Überzeugung, dass die Gewährleistung einer guten mentalen Gesundheit eine zentrale Herausforderung in hybriden Arbeitsmodellen darstellt. Doch was bedeutet mentale Gesundheit? Mentale Gesundheit ist psychische Gesundheit, ein Zustand des Wohlbefindens, bei der wir normale Lebens- und Arbeitsbelastungen bewältigen, produktiv agieren und einen Beitrag im Rahmen unseres Miteinanders leisten können. Letztendlich beeinflusst sie, wie wir denken, fühlen und handeln.

Gesundheitsorientierte Mitarbeiterführung: Handlungsanleitung

Gesundheitsorientierte Mitarbeiterführung in der neuen Arbeitswelt stellt hohe Anforderungen an Kommunikation, jeden einzelnen Mitarbeitenden und jede einzelne Mitarbeitende, das Zusammenspiel aller im Team und eine zielorientierte Führung. Hier einige Leitlinien für gesunde Führung:

Kommunikation in allen Facetten nutzen:

Gerade in hybriden Modellen gilt es, Distanzen zu überbrücken. Schlüssel hierfür ist Kommunikation in ihren unterschiedlichen Facetten, Sprachen und Kanälen. Der Dialog über die unterschiedlichen Kanäle wie z.B. E-Mail, Zoom oder Teams, WhatsApp oder TeamChat ist individuell spezifisch, komplexer als in Präsenz und kann deutlich leichter zu Missverständnissen führen. Gerade dann, wenn körpersprachliche Aspekte nicht unmittelbar sichtbar sind. Die Botschaft entsteht immer beim Empfänger. Und in ausschließlich schriftlicher Kommunikation neigen wir je nach unserem eigenen Empfindungsstatus dazu, zwischen den Zeilen zu lesen. Immer im Kontext unserer Erfahrungen.

Verbindliche und klare Sprache zur Grundlage machen:

Es geht also nicht nur darum, die Kommunikationskanäle sinnvoll zu orchestrieren, sondern auch darum, an der Art der Kommunikation zu arbeiten. Das bedeutet auch die Verwendung klarer und verbindlicher Sprache. Möglichst frei von individuellem Interpretationsspielraum. Erwartungen sind eindeutig zu formulieren und wo immer möglich schriftlich zu fixieren. Idealerweise baut man Feedbackbackschleifen ein, um Missverständnisse von Anfang an zu vermeiden. Die Führungskraft ist dabei aktiver Gestalter der Kommunikation. Distanzen gilt es zu überbrücken. Bei der Wahl der Medien hat die Führungskraft die Aufgabe, die Komplexität der Aufgabenstellung im Blick zu halten. Kurze Abstimmungen gelingen über WhatsApp oder den Team-Chat. Komplexere Themen erfordern in der Vorbereitung virtuelle Meetings via Zoom. Das Gelingen erfordert darüber hinaus klare, verbindliche Regeln, die von allen akzeptiert und konsequent gelebt werden.

Individuelle Entwicklung und Erwartungen müssen Diskussionsthema sein:

Mitarbeiterführung hat immer auch den einzelnen Mitarbeiter und die einzelne Mitarbeiterin mit seiner bzw. ihrer individuellen Kompetenzentwicklung im Blick zu haben. Eine gemeinsame Lernreise auf der Basis einer fundierten Bedarfsanalyse kann der Anfang sein. Dabei geht es darum, die Stärken von jedem und jeder einzelnen zu identifizieren und konsequent weiterzuentwickeln. Denn neue und hybride Arbeitsformen stellen auch Mitarbeitende vor Herausforderungen. Neben den Themen Kommunikation und Empathie im Umgang mit Kolleginnen und Führungskräften steht auch die Basiskompetenz Resilienz im Vordergrund. In der Praxis bedeutet das, auch achtsam mit sich selbst umzugehen und Widerstandskraft in Zeiten großer Unsicherheit aufzubauen. Zum Erfolg in der hybriden Arbeitswelt führen auch die Themen Selbstmanagement und Selbstführung. Bei der Mitarbeiterentwicklung oft vergessen oder unterschlagen wird außerdem das Thema Gesundheit. Um die persönlichen Beziehungen untereinander weiter zu stärken, ist regelmäßiger Dialog notwendig - über Smalltalk hinaus. Es geht darum, die gegenseitigen Erwartungen klar zu kommunizieren und Transparenz zu schaffen. Dazu gehört zum Beispiel, sich bewusst Zeit zu nehmen, um über Über- oder Unterforderungen zu sprechen, um dann gemeinsam Maßnahmen zur Verbesserung zu initiieren.

Feedbackkultur in hybriden Teams etablieren:

Maßnahmen im gesamten Team zielen darauf ab, den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Gerade da, wo Teile des Teams nur in Präsenz arbeiten, andere hybrid oder komplett virtuell, entsteht schnell das Gefühl der Ausgrenzung. Das gilt es zu vermeiden. Hier kommt eine positive Feedbackkultur ins Spiel: Alle sind dabei gleichermaßen in Verantwortung zu nehmen. Das sorgt für Sicherheit im Miteinander. Fehler als Lernchancen zu betrachten, verstärkt das Teamgefühl und die Selbstwirksamkeit. Entwicklung heißt aber auch, gerade am Anfang des Miteinanders geduldig zu sein und dem Team Zeit zu geben, sich kennenzulernen. Die eigenen Arbeitsweisen und Muster zu verstehen – und dann die der anderen. Gemeinsame Aktivitäten, wie gemeinsame Mittagessen in Präsenz,  helfen dabei. Virtuelle Meetings in Form von virtuellen Kaffeepausen zum Klatsch und Tratsch haben sich bewährt, um das gemeinsame Miteinander auch Online zu stärken. Schritt für Schritt gilt es, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, Transparenz zu schaffen und das individuelle Wettbewerbsverhalten untereinander zu reduzieren. Feedback hilft auch hier. Eine Vielzahl von Studien bestätigen den positivem Effekt von regelmäßigem Feedbackschleifen gerade auch in Bezug auf Motivation, Zufriedenheit und Leistung. Bewährt haben sich auch Instrumente zur frühzeitigen Erkennung von Risiken wie einfache Launometer-Abfragen oder auch virtuelle Gesundheitszirkel.

Summa summarum geht es darum, einen Führungsstil zu praktizieren, der auf Menschlichkeit, Gelassenheit, Klarheit und Vertrauen basiert und so einen Kulturwandel (Veränderung des organisationalen Rahmens hin zur Care Culture) in der Arbeitswelt einleiten kann.

Umsetzung einer Care Culture im Unternehmen

Eine erfolgreiche Führung im gesundheitsorientierten und hybriden Arbeitsumfeld erfordert die Einbettung in einen organisationalen Rahmen, wie es die Pflege einer Care Culture bietet. Diese Kultur ergänzt das betriebliche Gesundheitsmanagement, indem sie besonders auf das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden achtet. Ziel ist es, gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen zu schaffen, um arbeitsbedingte Gesundheitsrisiken zu minimieren und die Freude an der Arbeit zu fördern. In Unternehmen, die Mitarbeiterorientierung ernst nehmen, entsteht ein Umfeld für eine gesunde, partnerschaftliche Führungskultur. Die Care Culture sieht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als wichtigstes Potenzial, fördert eine Gesundheits- und Gesprächskultur und berücksichtigt psychosoziale Aspekte des Wohlbefindens.

Care Culture bedeutet, den Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin im Rahmen einer gelebten Gesundheits- und Gesprächskultur zum wichtigsten Potenzial zur Zielerreichung und somit zum Leistungsträger zu machen. Darüber wird auch der soziale Zusammenhalt gefördert, den es so dringend braucht, um erfolgreich zu sein.

Das große Potenzial von gesunder Führung

All die diskutierten Punkte dienen nicht einem Selbstzweck – sie sind eine zwingende Voraussetzung für das Gelingen der Zusammenarbeit in einer hybriden Arbeitswelt. Die Gestaltung einer gesundheitsfördernden Arbeitsumwelt leistet einen enorm wichtigen Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten des Wandels und sichert uns allen die Zukunft. Und macht uns sicher auch zu Gewinnern im "war for talents".

Neben der Gestaltung des organisatorischen Rahmens haben sich die Führungskräfte einer Vielzahl von zusätzlichen Aufgaben zu stellen. Im modernen Sinne sind sie Reisebegleiter auf einer individuellen mitarbeiterbezogenen Lernreise. Die Entwicklung darf nicht dem Zufall überlassen bleiben. Die Gestaltung der Zukunft in der hybriden Welt ist ein bewusst gesteuerter Prozess. Klarheit und Transparenz im Daseinszweck des Teams von der Teamvision bis hin zu den täglichen Aktivitäten. Durch ein positives Miteinander entsteht der soziale Zusammenhalt, den es braucht, um in einem Umfeld der psychologischen Sicherheit agieren zu können. Dann – und nur dann – profitieren alle vom hybriden Modell und tatsächliche Inklusion wird gelebt. So geht dann auch die Kausalitätsgleichung auf und emotional stabile, gesunde Mitarbeitende leisten wertschöpfende Beiträge zur Steigerung der Unternehmensproduktivität.

Aus der Perspektive des Mitarbeiten (unabhängig der Rolle) braucht es die gewollte Auseinandersetzung mit der eigenen Karriereentwicklung, den eigenen Zielen sowie Stärken und Entwicklungsfeldern, um selbst zum Gestalter zu werden. Und einen klaren Fokus auf Selbstführung und Achtsamkeit zur Sicherung der emotionalen Klarheit und Stabilität und zum konsequenten Ausbau der eigenen Widerstandskraft. In der hybriden Arbeitswelt werden wir somit alle zum aktiven Beziehungsmanager, um den sozialen Zusammenhalt im Team zu fördern.


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