Die Treuepflicht ist in erster Linie eine Unterlassungspflicht, aber auch eine Pflicht zum Handeln. Zu den Unterlassungspflichten gehören z. B.: die Verschwiegenheitspflicht, diese ist jedoch auch häufig schon spezialgesetzlich geregelt[1], die Verpflichtung, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren, Äußerungen zu unterlassen, die den Ruf des Unternehmens oder seinen Kredit schädigen könnten (Anzeigen bei Behörden, die strafbare Handlungen oder öffentliche Missstände betreffen, bedürfen sorgfältiger Prüfung durch den Arbeitnehmer); jedoch braucht der Angestellte des öffentlichen Dienstes keine Kündigung zu befürchten, wenn er von seinem Petitionsrecht durch Einlegung einer Dienstaufsichtsbeschwerde Gebrauch und dabei auf gewisse Missstände in seinem Amt aufmerksam macht.[2] Weiter ergibt sich aus der Treuepflicht das Verbot, Schmiergelder anzunehmen, und das Wettbewerbsverbot. Der arbeitsunfähig krankgeschriebene Arbeitnehmer hat wegen der Treuepflicht alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte.[3]

Die Verschwiegenheitspflicht und das Wettbewerbsverbot sind zunächst auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses begrenzt.

Der Arbeitnehmer hat auch jede Nebentätigkeit zu unterlassen, die mit der Arbeitspflicht kollidiert bzw. zu einer Beeinträchtigung der Arbeitsleistung führt. Eine abhängige Nebentätigkeit, die zusammen mit der Arbeit im Hauptarbeitsverhältnis die Höchstgrenzen des Arbeitszeitgesetzes überschreitet, ist nicht zulässig. Ebenso gilt dies für Nebentätigkeiten, die der Reputation des Arbeitgebers schaden. So wurde einem Krankenpfleger, der in einem Krankenhaus tätig war, eine Nebentätigkeit als Leichenbestatter untersagt, weil eine Rufschädigung des Krankenhauses möglich schien.[4]

Die Treuepflicht greift im Privatbereich des Arbeitnehmers nur insoweit, als dessen Arbeitsaufgabe unmittelbar berührt wird (z. B. Verbot des Alkoholgenusses vor Arbeitsantritt bei Kraftfahrern und Flugzeugführern).[5]

Die Treuepflicht kann den Arbeitnehmer aber auch zu einem aktiven Handeln verpflichten. Der Arbeitnehmer ist danach zur Anzeige von Störungen und drohenden Schäden verpflichtet, z. B. muss er Fehler am Arbeitsmaterial, an Maschinen oder Werkzeugen melden. Er hat die Schäden zu beseitigen, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist.[6]

Sofern kein Personenschaden oder erheblicher Sachschaden droht, das er aus Gründen der Kollegialität vom "Anschwärzen" eines Arbeitskollegen absehen.[7]

Bei der Annahme einer Verpflichtung zur Anzeige von Straftaten anderer Arbeitnehmer ist jedoch Zurückhaltung geboten. Es kommt ganz auf die Umstände des Einzelfalls an. Von Bedeutung sind vor allem die Stellung und die Aufgaben des Arbeitnehmers im Betrieb. Es ist klar, dass der Arbeitnehmer mit ausgesprochenen Überwachungsaufgaben (z. B. Hausdetektiv) weitergehende Anzeigepflichten hat als andere Arbeitnehmer. Aber auch die Höhe des entstandenen oder noch zu erwartenden Schadens und die Gefahr weiterer Schäden, die Vorwerfbarkeit des schädigenden Verhaltens und anderes müssen beachtet werden.

Leistet der Arbeitgeber offenkundig eine Überzahlung an den Arbeitnehmer, ist dieser zur unverzüglichen Offenlegung verpflichtet. Denn die Treuepflicht gebietet ihm, auf die schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen.[8]

Der Arbeitnehmer darf einen ihm selbst oder einem Dritten aus dem Betrieb drohenden Schaden einer externen zuständigen Stelle nur anzeigen, wenn er vorher den Arbeitgeber unterrichtet und dieser nicht in angemessener Frist Abhilfe geschaffen hat.[9]

Die vorherige Unterrichtung des Arbeitgebers darf aber unterlassen werden, wenn sie dem Arbeitnehmer unzumutbar ist, ein erheblicher Schaden auch bei vorheriger Unterrichtung des Arbeitgebers nicht mehr verhindert werden könnte oder wenn der Arbeitnehmer aus anderen Rechtsgründen zur Anzeige verpflichtet ist. Diese allgemeine Pflichtenlage wird durch § 17 ArbSchG bestätigt. Eine Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung besteht auch, wenn der Arbeitnehmer an einer andere Personen – Arbeitgeber, Kollegen oder Kunden – gefährdenden Krankheit oder Infektion leidet.[10]

Ferner ergibt sich aus der Treuepflicht, dass der Arbeitnehmer z. B. Arbeitsverhinderungen unverzüglich mitteilen muss. Dies gilt nicht nur bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit.[11] Liegt eine Fortsetzungserkrankung i. S. v. § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG vor, hat der Arbeitnehmer dies dem Arbeitgeber mitzuteilen.[12] Ein Anspruch auf Auskunft durch den Arbeitnehmer ergibt sich immer dann, wenn der Arbeitgeber in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der Arbeitnehmer unschwer Auskunft erteilen kann.[13]

Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung der Treuepflicht kann der Arbeitnehmer zum Schadensersatz[14] verpflichtet sein. Auch kann ein Kündigungsgrund für eine verhaltensbedingte ordentliche oder sogar für eine fristlose Kündigung gegeben sein, wobei grundsätzlich zuvor abzumahnen ist.

[1] §§ 4 GeschGehG, 24 Abs. 2 ArbNErfG, 79 BetrVG, 13 Nr. 6 ...

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