Rz. 29

§ 8 Abs. 3 regelt den Fall, dass das maßgebliche Einkommen eines der Berechtigten nicht feststeht. Das Elterngeld wird in diesen Fällen bis zum Nachweis des tatsächlich zu berücksichtigenden Einkommens (vgl. Abs. 1) vorläufig gezahlt. Es gilt auch hier der Einkommensbegriff aus § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG.[1] Eine vorläufige Bewilligung erwächst nur eingeschränkt in Bestandskraft, sie steht unter dem Vorbehalt der endgültigen Entscheidung. Auch der Vorläufigkeitsvorbehalt nach § 8 Abs. 3 ergeht in der Praxis als Nebenbestimmung i. S. d. § 32 SGB X und ist insoweit gesondert aufhebbar bzw. anfechtbar.[2]

Die endgültige Regelung der Leistungshöhe bleibt einem späteren Zeitpunkt vorbehalten, zu dem das erzielte Einkommen anhand des Lohn- und Gehaltsnachweises des Arbeitgebers oder des Einkommenssteuerbescheids für das maßgebliche Veranlagungsjahr nachgewiesen worden ist. Die vorläufige Bewilligung i. S. d. § 8 Abs. 3 erledigt sich ohne Weiteres durch die endgültige Entscheidung, die sie ersetzt.[3]

2.4.1 Die vorläufige Leistung nach Abs. 3

 

Rz. 30

Die vorläufige Bewilligung der Leistungen bildet in der Praxis den Regelfall. Die Regelung gilt für das Basiselterngeld, das Elterngeld Plus und auch für den Partnerschaftsbonus. Die Geschwister- und Mehrlingszuschläge sind Teil der jeweiligen Leistung. Die Elterngeldstelle ist ermächtigt, die Bewilligung unter dem Vorbehalt der Vorläufigkeit auszusprechen. Der Vorbehalt muss in dem Bewilligungs-VA klar zum Ausdruck kommen (sog. Vorbehaltsbescheid[1]). Maßstab für die Auslegung des Verwaltungsakts ist die Sicht eines verständigen Empfängers. Da ein Verwaltungsakt nach § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt sein muss, gehen Unklarheiten zulasten der Behörde.[2] Dies gilt auch für die Frage, ob ein Bescheid die Leistung nur vorläufig bewilligt.[3] Allerdings hält es die Rechtsprechung des BSG für möglich, den Bescheid nachträglich, z. B. noch im Widerspruchsverfahren, mit einem Vorläufigkeitsvorbehalt zu versehen.[4]

 

Rz. 31

Der Vorbehalt der Vorläufigkeit ist eine Nebenbestimmung, die gesondert anfechtbar und ggf. vom Gericht aufhebbar ist. Ggf. kann die Rückkehr von der endgültigen zur vorläufigen Regelung erstritten werden.[5] Die Elterngeldstelle kann die Leistung aber nicht nur vorläufig bewilligen, sondern deren Zahlung bei Bekanntwerden neuer Tatsachen auch ohne Verwaltungsakt vorläufig einstellen (§ 26 Abs. 2 BEEG i. v. m. § 328 Abs. 3 SGB III[6]).

 

Rz. 32

Die vorläufige Leistung von Elterngeld nach § 8 Abs. 3 Satz 1 betrifft nur die Höhe der Leistung und ist in folgenden Konstellationen, die alternativ nebeneinander stehen, geboten:

  • Nr. 1: Zum Zeitpunkt der Antragstellung liegt der Steuerbescheid für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes nicht vor (Alt. 1) und es ist nicht sicher, ob die Einkommenshöchstgrenzen für Leistungen nach dem BEEG überschritten werden (dazu § 1 Abs. 8 BEEG). Auch die Unsicherheit über die steuerrechtliche Behandlung "sonstiger Bezüge" kann dazu führen, dass die Leistung bis zur Vorlage des Steuerbescheids vorläufig bewilligt wird. Es genügt schon, dass der Steuerbescheid für einen Teil des Bemessungszeitraums (§ 2b BEEG) noch nicht vorliegt.[7]
  • Nr. 2: Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt kann (noch) nicht ermittelt werden. Auch hier wird die Ermittlung häufig daran scheitern, dass der Steuerbescheid für den Bemessungszeitraum oder einen Teil von diesem noch nicht vorliegt.[8]
  • Nr. 3: Die oder der Berechtigte hat im Antrag angegeben, dass sie oder er während des Leistungsbezugs voraussichtlich Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt.
 

Rz. 33

Ein typischer Anwendungsfall der Nr. 1 ist die Unsicherheit, ob die Einkommenshöchstgrenzen überschritten werden. Zwar wird auch insoweit auf den letzten Veranlagungszeitraum vor der Geburt abgestellt. Es kommt also auf die Einkommenshöhe im Kalenderjahr vor der Geburt an. Wird aber ein Kind am Anfang eines Jahres geboren, wird noch nicht feststehen, wie hoch das Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG im Vorjahr war.

 

Rz. 34

Typischer Anwendungsfall der Nr. 2 ist die selbstständige Tätigkeit, deren Einkommen sich erst nach Ermittlung des steuerrechtlichen Gewinns genau bestimmen lässt. § 2d Abs. 2 BEEG verweist zwar auf den im Einkommensteuerbescheid des maßgeblichen Veranlagungszeitraums angegebenen Gewinn. Der Steuerbescheid wird im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Elterngeld aber nur ausnahmsweise bereits vorliegen. Regelmäßig sind dieser Personengruppe Leistungen nach dem BEEG nur vorläufig zu bewilligen. Sobald der Einkommensteuerbescheid vorliegt und vorgelegt wird, ist abschließend über die Höhe der Leistung zu entscheiden. Aber auch bei Beschäftigten mit unsteten Entgelten (Provisionen, Akkordlo...

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