Rz. 26

Rechtsfolgen der Fristversäumnis: Ansprüche auf Elterngeld in Zeiträumen, die außerhalb des Rückwirkungszeitraums liegen, gehen den Berechtigten verloren. § 7 Abs. 1 Satz 2 setzt insoweit eine materielle Ausschlussfrist.[1]

 

Rz. 27

Allerdings wird vom BSG die Meinung vertreten, ein Antragsteller könne nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X Wiedereinsetzung in die versäumte Frist beantragen.[2] Hieran hat das BSG trotz der in Rechtsprechung und Literatur geäußerten Zweifel festgehalten und sich durch den Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 in seiner Auffassung ausdrücklich bestätigt gesehen.

 

Rz. 28

Richtigerweise wäre anders zu entscheiden.[3] Entgegen der vom BSG vertretenen Auffassung handelt es sich bei § 7 Abs. 1 Satz 2 um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, in die eine Wiedereinsetzung nicht möglich ist (§ 27 Abs. 5 SGB X), da die begrenzte Rückwirkung zeitnah zur Anspruchsberechtigung Klarheit darüber schaffen soll, ob ein Entgeltausfall eingetreten ist und ein Anspruch auf Elterngeld besteht. Mit der zeitlichen Einschränkung der Rückwirkung des Antrags sollte für noch weiter zurückliegende Zeiträume der Anspruch erlöschen.[4] In solchen Fällen kommt eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht, vielmehr geht der Anspruch auf den Monatsbetrag des Elterngeldes zeitabschnittsweise mit Fristablauf unter.

 

Rz. 29

 
Praxis-Tipp

Wiedereinsetzung beantragen

Ist die 3-Monats-Frist des § 7 Abs. 1 Satz 2 überschritten, können Berechtigte nach der Rechtsprechung des BSG bei unverschuldeter Fristversäumnis Wiedereinsetzung beantragen. Man muss aber gute Gründe haben, benennen und glaubhaft machen, die die verspätete Antragstellung als unverschuldet erscheinen lassen (z. B. schwere Krankheit des Kindes oder des Berechtigten, Rechtsunkenntnis allein genügt i. d. R. nicht). Wird dem Antrag stattgegeben, sind Leistungen rückwirkend über die 3-Monats-Grenze hinaus zu erbringen, weil der Antrag als rechtzeitig gestellt gilt.

 

Rz. 30

Stellt ein Antragsteller den Antrag auf Wiedereinsetzung, darf die zuständige Behörde bei ihrer Entscheidung die Anforderungen an den Nachweis einer unverschuldeten Fristversäumnis nicht überspannen.[5] Für das Verfahren der Wiedereinsetzung gilt, dass der Berechtigte nicht nur die Wiedereinsetzung beantragen, sondern zugleich auch den schriftlichen Antrag stellen muss. Die Wiedereinsetzung ist zu gewähren, wenn der Antragsteller ohne Verschulden an der Einhaltung der Antragsfrist gehindert war und die die Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen glaubhaft gemacht hat (§ 27 Abs. 1 Satz 2 SGB X[6]). Folgen: Wird Wiedereinsetzung gewährt, gilt die (Ausschluss-)Frist als nicht versäumt. Ist sie abzulehnen, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er der Elterngeldstelle tatsächlich zugegangen ist. In diesen Fällen bleibt es dabei, dass die Rückwirkung der Antragstellung auf 3 Lebensmonate vor dem Monat der Antragstellung begrenzt ist.[7]

[1] Zu § 4 Abs. 2 BErzGG: BSG, Urteil v. 23.1.2008, B 10 EG 6/07 R, SozR 4-7833 § 4 Nr. 1; zu § 7 BEEG: KKW/von Koppenfeld-Spies, SozialR, § 7 BEEG, Rz. 2; Hk-MuSchG/BEEG/Lenz, § 7, Rz. 2.
[2] BSG, Urteil v. 16.12.1999, B 14 EG 3/98 R, BSGE 85, 231, 239, SozR 3-7833 § 6 Nr. 20; BSG, Urteil v. 23.1.2008, B 10 EG 6/07 R, SozR 4-7833 § 4 Nr. 1, so jetzt auch § 4 der Richtlinie zum BEEG.
[4] Sächsisches LSG, Urteil v. 1.3.2007, L 3 EG 4/05, m. w. N., so auch Wiegand, § 7 BEEG, Rz. 6;; ähnlich zur Ausschlussfrist des § 147 SGB III: BSG, Urteil v. 25.5.2005, B 11a/11 AL 61/04 R, BSGE 95, 1 ff.
[5] St. Rspr.: BVerfG, Beschluss v. 18.9.1989, 2 BvR 270/89.
[6] LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 22.1.2014, L 2 EG 11/13.
[7] So LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 22.1.2014, L 2 EG 11/13.

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