Rz. 45

Der Arbeitgeber hat bei der Frage, ob er einem Teilzeitverlangen zustimmt, keine Entscheidungsfreiheit, sondern der Anspruch besteht nur dann nicht, wenn ihm keine "dringende betriebliche Gründe" entgegenstehen.

Überblick

Der Arbeitgeber hat dem Verringerungsantrag des Arbeitnehmers zuzustimmen, wenn nicht dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Für das Bestehen solcher Gründe trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. Beruft sich der Arbeitgeber darauf, die von dem Arbeitnehmer gewünschte Teilzeitarbeit sei mit den betrieblichen Arbeitszeitmodellen unvereinbar, ist das Prüfungsschema anzuwenden, das das BAG für die betrieblichen Ablehnungsgründe i. S. v. § 8 TzBfG entwickelt hat.[1] Die danach erforderliche Prüfung ist regelmäßig in 3 Stufen vorzunehmen.

  1. Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt und – wenn das zutrifft – um welches Konzept es sich handelt (1. Stufe).
  2. In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegensteht (2. Stufe).
  3. Schließlich ist auf der 3. Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen. An das objektive Gewicht des Ablehnungsgrunds nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 sind erhebliche Anforderungen zu stellen. Denn § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 fordert – anders als § 8 TzBfG – nicht nur "betriebliche Gründe", sondern verlangt darüber hinaus, dass diese "dringend" sind. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen deshalb geradezu zwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit sein.[2] Maßgeblich für das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe ist der Zeitpunkt, zu dem dem Arbeitnehmer die Ablehnungserklärung des Arbeitgebers zugegangen ist.[3]

Der gesetzliche Begriff der "entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe" ist im Gesetz nicht näher erläutert. Das können Interessen jeglicher Art sein. Sie sind zu berücksichtigen, wenn sie "betrieblich" sind, sich also auf die Verhältnisse des Betriebs beziehen.[4] Im Gegensatz zu § 8 Abs. 4 TzBfG genügen für die Ablehnung eines Anspruchs auf Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 nicht nur betriebliche Gründe. Sie müssen vielmehr "dringend", d. h. von besonderem Gewicht sein.

Bloße Störungen im Betriebsablauf genügen dafür nicht. Diese treten regelmäßig beim Fehlen eines Mitarbeiters auf. Sie sind hinzunehmen und durch entsprechenden Vorhalt von Personal auszugleichen.[5] Andererseits sind dringende betriebliche Gründe nicht nur anzunehmen, wenn dem Arbeitgeber durch die Arbeitsbefreiung zum gewünschten Termin ein Schaden entsteht.

 

Rz. 46

Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht, wie sich aus § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG ergibt. Hinzukommen muss aber, dass es sich dabei um Gründe von besonderem Gewicht handelt. An das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe sind erhebliche Anforderungen zu stellen, wie der Begriff "dringend" verdeutlicht. Mit ihm wird ausgedrückt, dass eine Angelegenheit notwendig, erforderlich oder auch sehr wichtig ist. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen mithin von erheblichem Gewicht sein. Sie müssen sich gleichsam als zwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit darstellen.[6] Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber gegen den Anspruch des Arbeitnehmers auf Elternzeit ohne jegliche Arbeitsleistung keine Einwendungen erheben kann. Daraus folgt, dass sich die dringenden betrieblichen Gründe gerade daraus ergeben müssen, dass durch den Wunsch nach Teilzeitarbeit des in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmers erhebliche Beeinträchtigungen für den Arbeitgeber entstehen.[7]

Die Darlegungs- und Beweislast für die behaupteten dringenden betrieblichen Gründe hat in vollem Umfang der Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast bereits dann, wenn er behauptet, derartige entgegenstehende Gründe bestünden nicht.[8]

 

Rz. 47

Mögliche Ablehnungsgründe können sein:

Fehlen geeigneter Teilzeitkräfte zur Abdeckung des vakanten Teils der vorherigen Stelle

Der Arbeitnehmer findet auf dem Arbeitsmarkt trotz ernsthafter Bemühungen gerade keine geeignete Teilzeitkraft zur Ergänzung des Elternteilzeit-Arbeitnehmers, während Vollzeitarbeitnehmer zur Verfügung stehen, und auch innerbetriebliche Organisationsmaßnahmen, z. B. Aufstockung von anderen Teilzeitkräften, versprechen keinen Erfolg. Macht der Arbeitgeber geltend, es sei ihm nicht möglich, die infolge der Teilzeit ausfallende Arbeitszeit durch die Einstellung einer Ersatzkraft auszugleichen, obliegt es ihm, im Einzelnen darzulegen, welche Anstrengungen er unternommen hat, eine Ersatzkraft zu fi...

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