Rz. 41

§ 5 Abs. 3 Satz 1 bestimmt, dass das BetrVG, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird, auf leitende Angestellte keine Anwendung findet. Anderweitige Bestimmungen im Sinne dieser Vorschrift finden sich in § 105 BetrVG, § 107 Abs. 1 und Abs. 3 BetrVG sowie in § 108 Abs. 2 BetrVG.

 

Rz. 42

Der Begriff des leitenden Angestellten wird in § 5 Abs. 3 Satz 2 definiert. Diese, durch das Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montanmitbestimmung vom 20.12.1988[1] neu gefasste Bestimmung wurde bei der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes unverändert belassen. Ihre Bedeutung liegt darin, den Kreis der wahlberechtigten Personen zum Betriebsrat einerseits und zum Sprecherausschuss andererseits voneinander abzugrenzen.[2] Die Frage, ob ein Angestellter leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 oder Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 ist, kann im Zuordnungsverfahren nach § 18a BetrVG geklärt werden.

Dies gilt nach § 5 Abs. 3 Satz 3 entsprechend auch für die in § 5 Abs. 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten. Damit werden die Beamten und Soldaten, die in Betrieben privatrechtlich organisierten Unternehmen tätig sind, aus dem Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes wieder herausgenommen, soweit sie die Voraussetzung des § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 erfüllen und damit als leitende "Angestellte" gelten.

 

Rz. 43

Zweck der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 3 BetrVG ist es, den natürlichen Interessengegensatz zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern des Betriebs zu bewältigen. Der Arbeitgeber verfolgt in erster Linie wirtschaftliche Interessen. Er verfügt über den Einsatz der Produktionsmittel. Die Arbeitnehmer sind von ihm persönlich und wirtschaftlich abhängig und damit schutzbedürftig. In Groß- und Mittelbetrieben werden die unternehmerischen Aufgaben regelmäßig leitenden Angestellten übertragen. Diese Personen müssen sich mit den Interessen des Unternehmens in weitem Umfang identifizieren. Sie nehmen typische Unternehmeraufgaben wahr. Auf der anderen Seite sind leitende Angestellte jedoch auch Arbeitnehmer. Leitende Angestellte können deshalb nicht gleichzeitig Unternehmeraufgaben wahrnehmen und sich in den Schutz des Betriebsrats begeben. Diesen Interessengegensatz können sie nicht in ihrer Person austragen (BAG, Beschluss v. 23.1.1986, 6 ABR 51/81). Nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 28.5.2014, 4 TaBV 7/13) ist in Matrixstrukturen unternehmensbezogen und nicht konzernbezogen zu ermitteln, ob ein Arbeitnehmer leitender Angestellter ist.

 

Rz. 44

Die Abgrenzung von Arbeitnehmern und leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG ist zwingend und keiner Abänderung, sei es durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Individualvertrag, zugänglich (BAG, Beschluss v. 5.3.1974, 1 ABR 19/73).

[1] BGBl I S. 2312.
[2] Fitting, § 5 Rz. 9 ff.

4.1 Allgemeine Voraussetzungen

 

Rz. 45

Nach dem Einleitungssatz des § 5 Abs. 3 Satz 2 müssen dem Angestellten die Befugnisse der Nrn. 1 bis 3 nach dem Arbeitsvertrag und der Stellung im Unternehmen bzw. Betrieb tatsächlich zustehen, damit er leitender Angestellter im Sinn dieser Vorschrift ist. Das bedeutet, dass dem Angestellten im Arbeitsvertrag selbst die Befugnisse und Aufgaben übertragen werden müssen. Daneben muss er diese Befugnisse und Aufgaben auch tatsächlich wahrnehmen. Über diese Klarstellung wird erreicht, dass die tatsächlichen Verhältnisse mit den arbeitsvertraglichen Grundlagen übereinstimmen (BAG, Urteil v. 11.3.1982, 6 AZR 136/79). Ebenso wird erreicht, dass es für die Beurteilung eines Rechtsverhältnisses oder eines Status im Arbeitsrecht nicht nur auf die bloße Bezeichnung, sondern auch auf die tatsächliche Handhabung ankommt. Der Arbeitgeber kann den Status eines leitenden Angestellten nur dadurch begründen, dass er einem Arbeitnehmer Aufgaben und Funktionen zuweist, die zur Einordnung des Arbeitnehmers als leitender Angestellter im Sinne des Abs. 3 führen. Er kann keinen Arbeitnehmer ohne entsprechende Aufgaben- und Funktionszuweisung zum leitenden Angestellten "ernennen".[1] Entgegen einer weit verbreiteten Übung ist es auch völlig belanglos, ob der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag als leitender Angestellter bezeichnet wird. So ist auch ein Chefarzt nicht "automatisch" leitender Angestellter, sondern nur soweit er die Merkmale des § 5 Abs. 3 erfüllt, was nicht selbstverständlich ist (siehe BAG, Beschluss v. 5.5.2010, 7 ABR 97/08).

[1] ErfK/Koch, § 5 Rz. 17.

4.2 Merkmale nach § 5 Abs. 3

 

Rz. 46

Die in § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1–3 aufgezählten Merkmale müssen alternativ, nicht kumulativ erfüllt sein, damit der Status eines leitenden Angestellten begründet wird.[1]

[1] Fitting, § 5 Rz. 373.

4.2.1 Leitende Angestellte nach Nr. 1

 

Rz. 47

Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ist leitender Angestellter, wer zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in einer Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist. Der leitende Angestellte nach Nr. 1 muss also im Verhältnis zum Arbeitgeber...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge