Entscheidungsstichwort (Thema)

Leitende Angestellte im Ruhrbergbau

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Abgrenzung der leitenden Angestellten iS von § 5 Abs 3 Nr 3 BetrVG von der betriebsverfassungsrechtlich verfaßten Belegschaft kommt es maßgeblich auf die Bedeutung der dem Angestellten obliegenden unternehmerischen Aufgaben und auf seine Gestaltungsfreiheit für deren Wahrnehmung an.

2. Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der von einem Angestellten wahrzunehmenden unternehmerischen Teilaufgaben ist das Unternehmen; die Bedeutung dieser Aufgabe bestimmt sich nach den Auswirkungen auf den Bestand und die Entwicklung des Betriebs.

3. Auf die Zahl der einem Angestellten unterstellten Mitarbeiter, die Festlegung von Einkommensgrenzen, Wahrnehmung von Aufgaben auf einer bestimmten Leitungsebene im Unternehmen sowie auf das Vorhandensein einer bestimmten Ausbildung kommt es für die Eigenschaft als leitender Angestellter iS von § 5 Abs 3 Nr 3 BetrVG nicht maßgeblich an.

4. Durch die vorübergehende Wahrnehmung der Vertretung eines leitenden Angestellten wird ein Arbeitnehmer nicht zum leitenden Angestellten iS von § 5 Abs 3 Nr 3 BetrVG (Im Anschluß an BAG BAGE 32, 381 ff).

 

Normenkette

BBergG §§ 51, 58-59; BetrVG § 5 Abs. 3 Nr. 3; MitbestG § 3 Abs. 3 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 27.05.1981; Aktenzeichen 3 TaBV 58/80)

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 01.10.1980; Aktenzeichen 4 BV 32/80)

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 24.09.1980; Aktenzeichen 1 BV 48/80)

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 12.06.1980; Aktenzeichen 3 BV 5/80)

 

Gründe

A. Der Antragsteller ist der Betriebsrat bei der Schachtanlage M. Die Antragsgegnerin ist Betreiberin dieser kohlefördernden Schachtanlage in D. Unter den Beteiligten des Verfahrens ist streitig, ob der Betriebsführer B, der Obersteiger Bo und der Fahrsteiger P leitende Angestellte im Sinne von § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG sind.

Die Antragsgegnerin beschäftigt in der Schachtanlage unter Tage etwa 240 Angestellte und 2.800 Arbeiter. Nach dem Organisationsplan steht an der Spitze der Schachtanlage der Werksdirektor, der von dem die Produktion leitenden Betriebsdirektor vertreten wird. Dem Betriebsdirektor unterstehen der Tages- und der Grubenbetrieb. Der Grubenbetrieb ist in vier Betriebsführungsabteilungen gegliedert: Aus-, Vorrichtungen und Dienstleistungen (BFA I), Grubenfeld West, Grubenfeld Ost (BFA II und III) und Maschinen- und Elektrobetrieb (BFA IV).

Die Betriebsführungsabteilung I leitet der Betriebsführer B, dem der Obersteiger Bo als ständiger Vertreter unterstellt und der für die Bereiche Aus- und Vorrichtung zuständig ist. Ein ebenfalls dem Betriebsführer unterstellter weiterer Obersteiger ist für den Bereich Dienstleistungen zuständig. Dem Betriebsführer B unterstehen insgesamt 1.250 Arbeitnehmer, von denen neun Fahrsteiger sind. Einer der Leiter der Fahrabteilungen ist der Fahrsteiger P, der wiederum zu den drei Fahrsteigern, 32 Steigern und ca. 375 Mitarbeitern gehört, die dem Obersteiger Bo insgesamt unterstellt sind. Der Fahrsteiger P, dessen unmittelbarer Vorgesetzter der Obersteiger Bo ist, leitet zwei Reviere, davon ein Ausrichtungs- und Vorrichtungsrevier. Ihm sind ca. 230 Arbeitnehmer unterstellt.

Der Betriebsführer B ist Dipl.-Bergingenieur. Er wurde 1958 auf der Schachtanlage M als Steiger angestellt. 1963 wurde er zum Fahrsteiger und 1969 zum Betriebsführer befördert. Er verdiente 1980/81 etwa 8.000,-- DM brutto im Monat. Der Obersteiger Bo ist grad. Bergingenieur. Er wurde 1949 als Bergmann auf der Schachtanlage M eingestellt. 1955 wurde er zum Steiger, 1960 zum Fahrsteiger und 1968 zum Obersteiger befördert. 1980/81 verdiente er ca. 7400,-- DM brutto im Monat. Der Fahrsteiger P hat von 1958 bis 1960 die Bergschule und von 1972 bis 1973 einen Betriebsführerlehrgang besucht. Er war bis 1955 Lehrling, 1956 wurde er zum Hauer, 1961 zum Steiger, 1965 zum Reviersteiger und 1974 zum Fahrsteiger befördert. 1980/81 verdiente er etwa 7.000,-- DM brutto im Monat.

In den drei vom Beschwerdegericht verbundenen Verfahren hat der Antragsteller die Ansicht vertreten, daß der Betriebsführer B, der Obersteiger Bo und der Fahrsteiger P keine leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG seien.

Der Antragsteller hat beantragt festzustellen, daß die drei Arbeitnehmer keine leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG sind. Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen und festzustellen, daß die drei Arbeitnehmer leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG sind. Die Betriebsführer B und der Obersteiger Bo haben sich dem Antrag der Antragsgegnerin angeschlossen.

Das Arbeitsgericht hat für den Betriebsführer B und den Obersteiger Bo die Eigenschaft eines leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG bejaht, dagegen dies für den Fahrsteiger P verneint.

Die gegen diese Entscheidungen des Arbeitsgerichts eingelegten Beschwerden hat das Landesarbeitsgericht als unbegründet zurückgewiesen.

Mit den zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgen der Antragsteller und die Antragsgegnerin ihre erstinstanzlichen Verfahrensziele weiter. Die Antragsgegnerin bittet um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde des Antragstellers mit der Maßgabe, daß sie die von ihr in den Vorinstanzen gestellten Gegenanträge im Einverständnis mit dem Antragsteller und den übrigen Beteiligten nicht mehr stellt und erstrebt mit ihrer Rechtsbeschwerde die Feststellung, daß der Fahrsteiger P leitender Angestellter i.S. des § 5 Abs. 3 BetrVG ist. Der Antragsteller bittet um Zurückweisung dieser Rechtsbeschwerde. Der Betriebsführer B und der Obersteiger Bo beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde des Antragstellers. Auch sie stellen die Gegenanträge nicht mehr. Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, daß der Obersteiger Bo bei der Antragsgegnerin ausgeschieden ist.

B. Die Rechtsbeschwerden des Antragstellers und der Antragsgegnerin sind zulässig.

1. Die Rechtsbeschwerden sind gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 72 Abs. 2 ArbGG statthaft.

2. Die Rechtsbeschwerdeführer haben ihre Rechtsbeschwerden auch form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet.

3. Der zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin bestehende Streit ist im Beschlußverfahren auszutragen, da es sich um eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz, die Zuordnung eines Arbeitnehmers zur vom Betriebsrat vertretenen Belegschaft, handelt (§ 2 a Abs. 1 Nr. 1, § 8 ArbGG; § 5 Abs. 3 BetrVG).

4. Das Antrags- und Beteiligungsrecht des antragstellenden Betriebsrates und der Antragsgegnerin (Arbeitgeber) folgt unmittelbar aus ihrer Stellung als notwendig Beteiligte eines Beschlußverfahrens (BAG 37, 31, 36 = AP Nr. 2 zu § 83 ArbGG 1979). Die Antrags- und Beteiligungsbefugnis der Arbeitnehmer, für die vom Antragsteller die Feststellung begehrt wird, daß sie nicht leitende Angestellte i. S. von § 5 Abs. 3 BetrVG seien, ist nach der Rechtsprechung des bisher zuständigen Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts ebenfalls zu bejahen (vgl. erstmals Beschluß vom 5. März 1974 - BAG 26, 36 = AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972; zuletzt Beschluß vom 13. Oktober 1981 - BAG 36, 291 = AP Nr. 1 zu § 117 BetrVG 1972).

5. Das Rechtsschutzinteresse für die beantragte Feststellung ergibt sich daraus, daß für den beteiligten Betriebsrat wie für den Arbeitgeber der (personelle) Kompetenzbereich des Betriebsrates geklärt werden muß.

Es ist jedoch nach Ausscheiden des Angestellten Bo aus dem Arbeitsverhältnis mit der Antragsgegnerin insoweit entfallen. Der vom Antragsteller weiterverfolgte Sachantrag bezüglich der für diesen Arbeitnehmer begehrten Feststellung ist unzulässig geworden.

In jeder Lage des Verfahrens und damit auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz ist von Amts wegen zu prüfen, ob für eine im Beschlußverfahren begehrte Entscheidung das Rechtsschutzbedürfnis fortbesteht; denn dieses ist prozessuale Voraussetzung für eine Sachentscheidung. Dabei muß das Rechtsbeschwerdegericht auch neu eingetretene Tatsachen berücksichtigen, wenn und insoweit sie das Rechtsschutzinteresse berühren.

Der Antragsteller erstrebt mit dem Beschlußverfahren eine verbindliche gerichtliche Klärung der gegenwärtigen betriebsverfassungsrechtlich beachtlichen Eigenschaft des Obersteigers Bo. Dieses Ziel kann er jedoch im vorliegenden Verfahren nicht mehr erreichen, weil sich der Sachverhalt, der dem angefochtenen Beschluß zugrunde liegt und von dem auch der Senat bei seiner materiell-rechtlichen Prüfung ausgehen müßte, im Laufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens durch sein Ausscheiden bei der Antragsgegnerin geändert hat. Da die Verfahrensbeteiligten trotz dieser Sachlage keine Erledigungserklärung abgegeben, sondern an ihren Sachanträgen festgehalten haben, war vom Senat auszusprechen, daß die Entscheidungen der Vorinstanzen, soweit sie den Antrag des Antragstellers bezüglich des Obersteigers Bo betreffen, aufzuheben und der Antrag insoweit als unzulässig zu verwerfen ist.

C. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat in der Sache Erfolg, dagegen ist die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin als unbegründet zurückzuweisen.

I. 1. Das Landesarbeitsgericht hat § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG zutreffend für nicht verfassungswidrig gehalten (vgl. BVerfG vom 24. November 1981 - 2 BvL 4/80 -, AP Nr. 27 zu § 5 BetrVG 1972). Die Regelung verstößt nicht gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot und ermöglicht eine justitiable Abgrenzung des Personenkreises der leitenden Angestellten (BAG Beschluß vom 29. Januar 1980, BAG 32, 381 = AP Nr. 22 zu § 5 BetrVG 1972).

2. Das Landesarbeitsgericht hat im Ausgangspunkt die Grundsätze beachtet, die der Erste Senat zuletzt zur Abgrenzung der leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG entwickelt hat (BAG 32, 381 ff.; vgl. auch BAG 36, 291 = AP Nr. 1 zu § 117 BetrVG 1972, zu B II 2 der Gründe). Ausgehend von der betriebsverfassungsrechtlichen Sonderstellung der leitenden Angestellten, die nach ihren Aufgaben zwischen dem Unternehmer (Arbeitgeber) und der vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmerschaft stehen, wesentliche unternehmerische Funktionen wahrnehmen und deshalb weder das aktive noch das passive Wahlrecht zum Betriebsrat haben können, hat der Erste Senat in seinem Beschluß vom 29. Januar 1980, aa0, zu B II 2 der Gründe, in weitgehender Bestätigung seiner grundlegenden Entscheidung vom 5. März 1974 (BAG 26, 36 = AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972) darauf abgestellt, daß es für die Abgrenzung der leitenden Angestellten von der betriebsverfassungsrechtlich verfaßten Belegschaft eines Betriebs entscheidend auf die Bedeutung der dem Angestellten obliegenden unternehmerischen Aufgabe und auf seine Gestaltungsfreiheit ankommt (BAG, aa0, zu B II 3 a der Gründe). Der Erste Senat hat hingegen als Abgrenzungskriterien das Erfordernis der tatbestandlichen Erfüllung eines vorgegebenen und gesetzlich im ersten Halbsatz des § 5 Abs. 3 BetrVG nicht definierten "Oberbegriffs" des leitenden Angestellten und die gesonderte Feststellung des Gegnerbezuges im konkreten Einzelfall aufgegeben. Der vorgegebene "Oberbegriff" läßt sich nach der Ansicht des Ersten Senats durch die in § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG genannten Merkmale ersetzen, der Gegnerbezug folge regelmäßig schon aus der unternehmerischen Tätigkeit und könne allenfalls als Indiz für die Bedeutung der Aufgabenstellung des Angestellten dienen.

Die Feststellung, ob eine unternehmerische Teilaufgabe mit wesentlicher Gestaltungsfreiheit vorliege, sei ungeachtet des Begriffs "Betrieb" in § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG vom Unternehmen her zu treffen. Nehme ein Angestellter nach Dienststellung und Dienstvertrag ausreichend bedeutsame unternehmerische Aufgaben wahr und verantworte dabei einen erheblichen Entscheidungsspielraum, so sei er als leitender Angestellter i.S. des Betriebsverfassungsrechts anzusehen.

Zur Konkretisierung der generalklauselartigen gesetzlichen Umschreibung des Begriffs leitender Angestellter hat der Erste Senat weiterhin ausgeführt, daß einerseits bei einer funktionsbezogenen Abgrenzung der leitenden Angestellten nicht die schlichte Vorgesetzteneigenschaft genügt, andererseits die Verantwortung für eine bedeutende Zahl von Arbeitnehmern ohne Entscheidungsspielraum und ohne eigenverantwortliche Identifikation mit unternehmerischen Zielsetzungen kaum denkbar sei (BAG 32, 381, 394, zu IV 1 der Gründe; relativierend dagegen noch BAG Beschluß vom 8. Februar 1977 - 1 ABR 22/76 -, AP Nr. 16 zu § 5 BetrVG 1972; vgl. auch BAG 36, 291, zu B II 2 der Gründe). Die Zahl der leitenden Angestellten in einem Unternehmen hänge wesentlich von der Strukturierung der Unternehmensleitung ab, die sich je nach Delegationsbereitschaft des Unternehmens voneinander unterscheide (vgl. dazu BAG 27, 230 ff. = AP Nr. 5 zu § 102 BetrVG 1972, zu I 5 der Gründe). Bei organisatorischer Zergliederung eines Unternehmens könne der Spielraum für unternehmerische Teiltätigkeiten verlorengehen (BAG Beschluß vom 29. Januar 1980 - 1 ABR 49/78 -, AP Nr. 24 zu § 5 BetrVG 1972, zu B I 2 b der Gründe). Die Höhe der Bezüge und die bedeutende Sachverantwortung reichten jedenfalls für sich genommen nicht aus, um die Eigenschaft eines leitenden Angestellten i.S. des § 5 Abs. 3 BetrVG zu bejahen.

Im übrigen hat der Erste Senat - abgesehen von den dargelegten Änderungen im Prüfungskatalog - an seiner früheren Rechtsprechung festgehalten. Er hat schließlich hervorgehoben, daß die typologische Unschärfe des Gesetzes gebiete, den Tatsachengerichten bei der revisionsgerichtlichen Überprüfung der Gesamtwertung der für die Charakterisierung eines leitenden Angestellten maßgebenden Merkmale einen gewissen Beurteilungsspielraum einzuräumen (BAG 26, 36, 59 f.; 32, 381, 395).

3. a) Der erkennende Senat schließt sich der mit der Entscheidung des Ersten Senats vom 29. Januar 1980 (BAG 32, 381 ff.) modifizierten Rechtsprechung an. Ausgangspunkt für die Zuordnung zum Personenkreis der leitenden Angestellten i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG bleibt damit weiterhin die Wahrnehmung unternehmerischer Aufgaben. Die Eigenschaft als leitender Angestellter ist allein von dessen Funktion zu bestimmen und entzieht sich nach geltendem Recht der Festlegung durch Einkommensgrenzen (a.A. Richardi in Anm. BAG SAE 1976, 184 in Anlehnung an Witte/-Bronner, Die Leitenden Angestellten, 1974, S. 69, 89), durch Leitungsebenen in der Unternehmenshierarchie, durch absolvierte akademische Studiengänge oder durch zahlenmäßig fixierte Personal- und Sachverantwortung. Unternehmerische Funktionen machen einen Angestellten zum leitenden Angestellten nur, wenn er Aufgaben von einer gewissen Breite für das Unternehmen wahrnimmt. Solche Aufgabenstellungen, die den Angestellten in die Nähe zum Unternehmer (Arbeitgeber) rücken, müssen von der Leitung des Unternehmens auf ihn übertragen werden und Einwirkungsmöglichkeiten eröffnen, die regelmäßig für das Unternehmen, zumindest aber für den Bestand und die Entwicklung eines Betriebes des Unternehmens von Bedeutung sind.

Im Sprachgebrauch des Betriebsverfassungsgesetzes wird zwischen den Begriffen Betrieb, Unternehmen und Konzern unterschieden (vgl. z.B. §§ 1, 47, 54, 106, 111 BetrVG), so daß nicht unmittelbar von der unternehmerischen Teilaufgabe, die ein leitender Angestellter ausübt, auf die Bedeutung dieser Aufgabe für den Bestand und die Entwicklung des "Unternehmens" anstelle des "Betriebs" geschlossen werden kann (vgl. Martens, NJW 1980, 2665 f.; Kraft, Festschrift Otto Mühl 1981, 389, 401). Beides kann, muß jedoch nicht deckungsgleich sein. Eine unternehmerische Aufgabenstellung kann daher z. B. in der Leitung eines Filialbetriebs liegen, vorausgesetzt, die Funktion des Betriebsleiters ist mit unternehmerischen Teilentscheidungen in einer gewissen Breite und dem dazugehörigen Entscheidungsspielraum ausgestaltet.

Bestimmungspunkt für die unternehmerische Teilaufgabe des leitenden Angestellten ist das Unternehmen (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, zuletzt BAG vom 29. Januar 1980, BAG 32, 381, 387, zu B II 3 a der Gründe und AP Nr. 24 zu § 5 BetrVG, zu B I 2 b der Gründe). Für das Gewicht einer unternehmerischen Teilaufgabe genügt jedoch auch deren Bedeutung für den Bestand und die Entwicklung eines Betriebs.

b) Um von einer unternehmerischen Teilaufgabe zu sprechen, muß dem leitenden Angestellten rechtlich und tatsächlich ein eigener, erheblicher Entscheidungsspielraum zur Verfügung stehen, d.h. er muß mit weitgehender Weisungsfreiheit und Selbstbestimmung im Rahmen seines Tätigkeitsbereichs versehen sein ("eigenverantwortlich" i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG).

c) Welcher Entscheidungsspielraum gewährt wird, hängt im Einzelfall von Größe und Struktur des Unternehmens und der frei zu bestimmenden Unternehmensorganisation (Delegationsbereitschaft) ab. Aufschluß darüber kann im Einzelfall nur mit Blick auf die Größe des Unternehmens die Delegationsstufe geben, auf der der Arbeitnehmer Führungsfunktionen in Stab oder Linie wahrnimmt, sowie der Grad seiner konkreten Einbindung in Pläne und Richtlinien, Genehmigungsvorbehalte und Rechenschaftspflichten gegenüber höheren Vorgesetzten (vgl. dazu BAG vom 15. März 1977 - 1 ABR 29/76 - in DB 1978, 496 f.). Je tiefer die konkrete Entscheidungsstufe in der Unternehmenshierarchie liegt, auf der der Angestellte unternehmens- oder betriebsleitende Aufgabenstellungen erfüllt, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß wesentliche unternehmerische Entscheidungsspielräume auf den höheren Entscheidungsstufen bereits verbraucht wurden. Von welcher Delegationsstufe ab leitende Angestellte im Unternehmen nicht mehr angenommen werden können, läßt sich nur im jeweiligen Einzelfall bestimmen.

d) Der erkennende Senat ist in Übereinstimmung mit dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG 32, 381, 394) der Auffassung, daß die Übertragung einer bedeutenden Sachverantwortung ohne nennenswerte Entscheidungskompetenz als Merkmal für die Feststellung der Eigenschaft eines leitenden Angestellten nicht maßgeblich sein kann. Andererseits kann auch nicht ohne weiteres vom Umfang der Personalverantwortung, insbesondere in Abhängigkeit von der Zahl der unterstellten Arbeitnehmer, auf Entscheidungsspielraum und eigenverantwortliche Identifikation mit unternehmerischen Zielsetzungen geschlossen werden, wozu der Erste Senat im Beschluß vom 29. Januar 1980 (BAG 32, 381) neigt (kritisch dazu Tenckhoff in DB 1984, 2035, 2039; zurückhaltend insoweit auch BAG 36, 291, 302, zu B II 2 der Gründe; a. A. wohl Hanau in BB 1980, 169; Hromadka in Anm. BAG SAE 1981, 27; Martens in NJW 1980, 2665), sofern nicht die Tatbestandsmerkmale des § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG gegeben sind.

Eine "schlichte Vorgesetztenstellung" gegenüber einer größeren Zahl unterstellter Arbeitnehmer kann bei fehlender selbständiger Einstellungs- und Entlassungsbefugnis (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG) für eine Qualifikation als leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG nicht ausschlaggebend sein (BAG 26, 403 = AP Nr. 6 zu § 5 BetrVG 1972; 27, 374 = AP Nr. 11 zu § 5 BetrVG 1972; BAG vom 10. Februar 1976 - 1 ABR 61/74 - und vom 8. Februar 1977 - 1 ABR 22/76 -, AP Nr. 12, 16 zu § 5 BetrVG 1972, sowie BAG vom 15. März 1977 in DB 1978, 496). Überwachungsfunktionen allein genügen nicht, die Eigenschaft als leitender Angestellter anzunehmen. Die Einsatzlenkung von Arbeitnehmern zur Erfüllung oder Gewährleistung arbeitstechnischer Abläufe nach vorgegebenen Daten kann nur dann als unternehmerische Teilaufgabe eingeschätzt werden, wenn der, andere Arbeitnehmer führende, Angestellte als Vorgesetzter auch eigenverantwortlich, d.h. mit erheblichen Entscheidungsspielraum versehen, verbindliche Entscheidungen auf personellen und sozialem Gebiet trifft, die eine Beteiligung des Betriebsrates erforderlich machen. Dabei steht nicht mehr der früher als maßgeblich angesehene Gegnerbezug im Vordergrund. Die notwendige Beteiligung des Betriebsrates (Beispiel: Versetzung nach § 99, § 95 Abs. 3 BetrVG) zeigt zugleich die Bedeutung dieser "Arbeitgebermaßnahme" für die Belegschaft und damit für den Betrieb und qualifiziert die Personaleinsatzführung zu einer unternehmerischen Teiltätigkeit mit Gewicht.

Es mag sogar im Ausnahmefall genügen, daß bei der Unterstellung einer großen Zahl von Arbeitnehmern die Personalabteilung von einer Stellungnahme des Fachvorgesetzten nicht in ihrer Entscheidung abweichen kann (BAG, aaO, AP Nr. 16 zu § 5 BetrVG 1972, zu II 8 der Gründe), also dessen Vorentscheidung nur umsetzt. Hat der Vorgesetzte aber nur Vorschlagsrechte gegenüber der Personalabteilung und unterliegen seine Anregungen der vollen sachlichen und rechtlichen Überprüfung anderer Stellen, so ist seine Personalverantwortung, jedenfalls aus der für das Betriebsverfassungsrecht maßgeblichen Sicht zu gering, um daraus die herausgehobene Stellung eines leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG ableiten zu können. Diese muß sich auch im Personalbereich durch eigenverantwortliches Handeln (Hromadka, Das Recht der leitenden Angestellten, S. 333) auszeichnen. Personalverantwortung ohne Entscheidungsspielraum genügt daher ebenso wenig wie Sachverantwortung ohne Entscheidungsspielraum, um die Eigenschaft eines leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG zu bejahen.

e) Aufgrund der Vielfalt unternehmerischer Teiltätigkeiten kommen weitere Anknüpfungspunkte für eine Qualifikation zum leitenden Angestellten auch außerhalb des Personal- und Sozialbereichs in Betracht. Neben dem maßgeblichen Einfluß auf die personelle und technische Führung des Unternehmens können dies qualitativ gleichwertige Schlüsselpositionen in der wirtschaftlichen, kaufmännischen, organisatorischen und wissenschaftlichen Führung sein (ständige Rechtsprechung seit BAG 26, 36 ff.; vgl. weiterhin BAG, aaO, AP Nr. 16 zu § 5 BetrVG, zu II 5 a der Gründe; BAG vom 29. Januar 198O, aaO, AP Nr. 23, 24 zu § 5 BetrVG 1972), sofern diese zumindest betriebswichtige Bedeutung erlangen.

f) Neben der Breite und der Bedeutung der unternehmerischen Funktion des Angestellten kommt es in einer abschließenden Gesamtwürdigung darauf an, daß die unternehmerische Aufgabenstellung mit Entscheidungsspielraum die Tätigkeit des leitenden Angestellten prägt, d.h. sie schwerpunktmäßig ("im wesentlichen") bestimmt (BAG vom 17. Dezember 1974 - 1 ABR 113/73 -; vom 25. März 1976 - 1 AZR 192/75 - und vom 1. Juni 1976 - 1 ABR 118/74 -, AP Nr. 8, 13, 15 zu § 5 BetrVG 1972). Damit ist erforderlich, daß jedenfalls ein beachtlicher Teil der Arbeitszeit von diesen Tätigkeiten beansprucht wird.

g) Der Senat hält auch daran fest, daß die Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsmerkmale in tatsächlicher Hinsicht vornehmlich Aufgabe des Tatsachenrichters ist und deshalb nur einer beschränkten revisionsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt (ständige Rechtsprechung seit BAG 26, 36, 59 f.; 32, 381, 395). Die rechtlich richtige Beurteilung der einzeln festgestellten Tatsachen ist hingegen eine revisionsrechtlich unbeschränkt überprüfbare rechtliche Entscheidung (Kraft, Festschrift Mühl, aaO, S. 401 mit weiteren Nachweisen).

h) Das bis zu den Entscheidungen des Ersten Senats vom 29. Januar 1980 als konstitutiv angesehene Merkmal "Gegnerbezug" kann nur zur Abgrenzung des Personenkreises der leitenden Angestellten in § 5 Abs. 3 BetrVG dienen. Der Erste Senat hat daher hervorgehoben, daß ein festgestellter Gegnerbezug zwangsläufig ein Indiz für unternehmerische Funktionen darstellt. Der Gegnerbezug ist damit nicht Prüfstein für die Feststellung der Eigenschaft eines leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG, sondern zeigt nur an, daß es bei der betriebsverfassungsrechtlichen Abspaltung der leitenden Angestellten um eine saubere Trennung der Interessenlager von Arbeitnehmern und Arbeitgeber (Unternehmer) geht (Herschel, Sozialer Fortschritt 1981, 105, 106).

i) Die gesetzliche Verweisung in § 3 Abs. 3 Nr. 2 MitbestG auf § 5 Abs. 3 BetrVG läßt es nicht zu, Folgerungen für die Definition des leitenden Angestellten im Betriebsverfassungsrecht zu ziehen (BAG 32, 381, 390, zu B III 2 a der Gründe; Fitting/-Wlotzke/Wißmann, MitbestG, 2. Aufl. 1978, § 3 Rz 28 f.; Wißmann, NJW 1978, 2071, 2074; a.A. Rüthers in Festschrift 25 Jahre BAG, S. 455, 463 und Martens, Die Gruppenabgrenzung der leitenden Angestellten nach dem Mitbestimmungsgesetz, 1979, S. 23 ff.; ders., Das Arbeitsrecht der leitenden Angestellten, 1982, 277 f.). Eine Veränderung der begrifflichen Abgrenzung der leitenden Angestellten in § 5 Abs. 3 BetrVG war im Gesetzgebungsverfahren im Jahre 1976 anläßlich der Schaffung des Mitbestimmungsgesetzes möglich. Die Probleme, die eine Verweisung im Mitbestimmungsgesetz auf die Definition im Betriebsverfassungsgesetz aufwerfen, waren bekannt. Gleichwohl ist von der Gesetzgebung von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht worden, so daß kein Grund besteht, von den in § 5 Abs. 3 BetrVG festgelegten Merkmalen abzuweichen. Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber aus dem Entwurf eines Gesetzes zur Verstärkung der Minderheitenrechte in den Betrieben und Verwaltungen (BT-Drucks. 10/3384) Schlüsse ziehen will, bleibt abzuwarten, ob dieser Entwurf als Gesetz beschlossen werden wird. Bisher wird in dem Entwurf ebenso wie im Mitbestimmungsgesetz lediglich auf die Merkmale in § 5 Abs. 3 BetrVG verwiesen.

Im einzelnen ergibt sich damit:

II. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat bezüglich des Betriebsführers B Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat für den Betriebsführer B nach Zeugenvernehmung des Werksdirektors de B und Anhörung der Beteiligten die Eigenschaft eines leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG bejaht. Der Betriebsführer sei zusammen mit seinem ihn vertretenden Obersteiger Bo an den alle vier bis sechs Wochen stattfindenden Änderungen der Kolonnen- und Ausbaupläne beteiligt. Der Betriebsführer dürfe den Kolonneneinsatz ändern, wenn er dadurch das Produktionsziel auch erreiche. Er sei hinsichtlich der bergbaulichen Sicherheit Verhandlungspartner der Bergaufsichtsbehörde. Er wirke bei der Anlegung (Einstellung) seiner Leute mit und schaffe bei deren Entlassung Voraussetzungen, an denen der Personaldirektor nicht vorbeigehen könne. So finde unter Verantwortung des Betriebsführers und unter Beteiligung des Betriebsrates zunächst eine Verhandlung zur Sachverhaltsklärung und zur Entscheidung statt, ob ein Arbeitnehmer entlassen werden solle.

Das Landesarbeitsgericht hat darin, insbesondere unter Berücksichtigung der dem Betriebsführer unterstellten 1.250 Arbeitnehmer und des von ihm zu betreuenden Streckennetzes von 115 Kilometern, Befugnisse nach Dienststellung und Dienstvertrag erkannt, die maßgeblichen Einfluß auf die technische, organisatorische und personelle Führung hätten und die mit einem erheblichen Entscheidungsspielraum versehen seien. Auf die übertragenen Sicherungsaufgaben nach § 74 ABG hat das Beschwerdegericht unter Abweichung von dem Beschluß des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 19. November 1974 (BAG 26, 358 = AP Nr. 3 zu § 5 BetrVG 1972) die Entscheidung nicht gestützt, da allen Vorgesetzten im Bergbau Sicherungsaufgaben übertragen seien.

Zugleich hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, daß der Betriebsführer bei den allmorgendlichen Gesprächen dem Betriebsdirektor für seinen Bereich fachliche Lösungsvorschläge mache, von ihm vorgeschlagene Mehrschichten im Regelfall von der Direktion genehmigt und die Pläne, für die der Betriebsführer die Grobregelung (Kolonnenplan) mache oder im Vorfeld (Ausbauplan) beteiligt sei, von der Werksleitung und den entsprechenden Stabstellen beschlossen würden.

2. Diese Feststellungen des Landesarbeitsgerichts reichen nicht aus, einen erheblichen Entscheidungsspielraum des Betriebsführers bei unternehmerischen Teiltätigkeiten anzunehmen. Zu Recht hat der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde die nicht ausreichende Sachaufklärung durch das Landesarbeitsgericht gerügt.

a) Zwar ist entgegen der Rechtsbeschwerde des Antragstellers für eine unternehmerische Teiltätigkeit ausreichend, daß sie für die Entwicklung und den Bestand des Betriebes von Bedeutung ist (vgl. oben unter C 3 a der Gründe; außerdem bereits BAG 26, 36, 49, zu III 1 b der Gründe; 27, 374, 385, zu III 5 der Gründe). Eine fachlich ordnungsgemäße Personaleinsatzführung der Abteilung durch den Betriebsführer B hat deshalb für die Schachtanlage Bedeutung. Der dem Betriebsführer unterstellte Personalkörper und der von ihm einzusetzende aufwendige Maschinenpark qualifiziert ihn zu einem betriebswichtigen Vorgesetzten mit Linienfunktion. Trotz dieser Verantwortung für Personal und Material ist aus den Erkenntnissen des Landesarbeitsgerichts, die sich insbesondere auf die Zeugenaussage des Werksdirektors stützen, nicht zu entnehmen, in welchen Bereichen der Betriebsführer über einen erheblichen Entscheidungsspielraum verfügt. Der Betriebsführer wirkt zwar bei allen Personalmaßnahmen, die seine Abteilung betreffen, mit, kann insoweit Bedenken gegenüber dem Personaldirektor geltend machen und ermittelt auch in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat personalentscheidungserhebliche Sachverhalte trifft jedoch selbst weder eine Entscheidung noch eine verbindliche Vorentscheidung in diesem Bereich. Selbst wenn in der Praxis seine Anregungen und Bedenken vom Personaldirektor regelmäßig beachtet werden, so kommt dem Betriebsführer nach Dienststellung und Dienstvertrag keine eigene Entscheidungskompetenz in Personalfragen zu. Das wird daran deutlich, daß der Betriebsführer nicht von sich aus Mehrschichten in seiner Abteilung anordnen darf, sondern dazu vorher die Genehmigung der Werksdirektion einholen muß. Einstellungen, Entlassungen und weitere wichtige Personalmaßnahmen verantwortet allein der Personaldirektor, Bedenken des Betriebsführers führen allenfalls zu einer nochmaligen Prüfung der Situation durch die Personaldirektion. Die Beteiligung des Betriebsführers an Gesprächen zwischen Betriebsrat und Personaldirektion über Personalfragen in seiner Abteilung mag der Wahrung der fachlichen Interessen seiner Abteilung dienen, ohne daß der Betriebsführer dadurch zwingend entscheidenden Einfluß auf die zu treffende Personalentscheidung gewinnt. Mit der Zeugenaussage des Werksdirektors de B läßt sich die Schlußfolgerung des Landesarbeitsgerichts, der Betriebsführer B habe einen erheblichen Entscheidungsspielraum auf personellen Gebiet, nicht begründen.

b) In Planungsfragen sind die Tätigkeiten des Betriebsführers B auf das Vorfeld der Planung beschränkt. Die bergrechtlichen Besonderheiten machen für die Betriebsführung eines Bergwerks ein Netz von Betriebsplänen erforderlich (§§ 51 ff. des am 1. Januar 1982 in Kraft getretenen Bundesberggesetzes; vgl. im einzelnen dazu Boldt/Weller, Bundesberggesetz 1984, § 51 Rz 1 ff.). Innerhalb der Rahmenplanung wirkt der Betriebsführer insoweit nur bei der Fortschreibung von Detailplanungen (Kolonnenplan, Ausbauplan) mit und ist nicht an dem für die Entwicklung des Betriebes maßgeblichen Hauptbetriebsplan (Boldt/Weller, aaO, § 52 Rz 2) entscheidend beteiligt.

c) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht darauf abgestellt, daß dem Umstand, daß der Betriebsführer für seinen Bereich als Verhandlungspartner der Bergaufsichtsbehörde auftritt, für die betriebsverfassungsrechtliche Beurteilung dieser Tätigkeit kein entscheidendes Gewicht zukommt.

Als verantwortliche Person im bergrechtlichen Sinne (§ 58 Abs. 1, 2 Bundesberggesetz, früher § 74 ABG) kann sich die Bergbehörde mit ihren Anordnungen unmittelbar an ihn wenden und die zur Durchsetzung erforderlichen Zwangsmaßnahmen gegen ihn richten (Boldt/Weller, aaO, § 58 Rz 10). Der Betriebsführer ist damit zwar für die sich nach dem Bergrecht zur ordnungsgemäßen Führung eines Betriebes ergebenden öffentlich-rechtlichen Pflichten verantwortlich, bleibt gleichwohl aber nur ein Glied in der betrieblichen Verantwortungskette für die einwandfreie technische Leitung, an deren Spitze der "Bergwerksbesitzer" steht (Boldt/Weller, aaO, vor § 58 Rz 4, 5 m.w.N.). Die verwaltungsrechtliche Verantwortung setzt nur entsprechende Fachkunde (§ 59 Abs. 1 Bundesberggesetz) und die Wahrnehmung von Führungsaufgaben voraus (§ 59 Abs. 2 Satz 1 Bundesberggesetz), sagt jedoch nichts darüber, ob der verantwortlichen Person erhebliche Entscheidungsspielräume zur Verfügung stehen. Allein dieses Merkmal gibt jedoch darüber Auskunft, ob die Wahrnehmung von betriebswichtigen Führungsaufgaben eines Vorgesetzten zugleich eine unternehmerische Teiltätigkeit im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG ist (vgl. Kraft, Anm. BAG EzA Nr. 10 zu § 5 BetrVG 1972).

Berührungspunkte zwischen Berg- und Betriebsverfassungsrecht ergeben sich nur bei der Fachkunde nach § 59 Abs. 1 Bundesberggesetz und den besonderen Erfahrungen und Kenntnissen nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG. Daß der Betriebsführer aufgrund seiner Ausbildung diese Voraussetzungen erfüllt, steht hier außer Frage. Dennoch wird die fachkundige Aufsichtsperson i.S. des Bundesberggesetzes bei der Erfüllung betriebswichtiger Aufgaben ohne erheblichen Entscheidungsspielraum nicht hierdurch von selbst zum leitenden Angestellten i.S. des Betriebsverfassungsgesetzes. Sicherheitsaufgaben sind aufgrund der Besonderheiten des Bergbaus notwendigerweise weit gestreut und auf fast alle Vorgesetzten unter Tage verteilt (vgl. Boldt, Das Recht des Bergmanns, 3. Aufl. 1960, S. 32: Betriebsführer, Fahrsteiger, Abteilungssteiger, Steiger und Fahrhauer; vgl. dazu auch LAG Hamm, DB 1974, 2012 - Leiter des betrieblichen Sicherheitsdienstes -).

Soweit abweichend hierzu der Erste Senat in der Entscheidung vom 19. November 1974 (BAG 26, 358 ff. = AP Nr. 3 zu § 5 BetrVG 1972, zu III 3 a der Gründe) die Wahrnehmung bergrechtlicher Sicherungsaufgaben als "echte unternehmerische Aufgaben" angesehen hat, die den Arbeitnehmer ohne weiteres zum leitenden Angestellten qualifizieren, wird diese Auffassung vom erkennenden Senat nicht aufrechterhalten.

d) Die hohe Zahl der dem Angestellten B unterstellten Arbeitnehmer und das räumlich weitreichende Streckennetz seiner Abteilung lassen nur auf den hohen Grad der ihm obliegenden Führungsverantwortung schließen (BAG 26, 403, 416 = AP Nr. 6 zu § 5 BetrVG 1972, zu III 5 der Gründe). Diese Umstände sind für sich genommen nicht ausreichend, auf erhebliche Entscheidungsspielräume zu schließen, die eigenverantwortliches Handeln im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG erst zulassen (Wiedemann/Wank, Anm. BAG AP Nr. 6 zu § 5 BetrVG 1972). Die besonderen Gefahren bergbaulicher Tätigkeit, die eine sorgfältige und lückenlose Abstimmung der Aufgaben und Befugnisse von Führungskräften erfordern (§ 59 Abs. 2 Satz 2 Bundesberggesetz) sprechen sogar eher dafür, unternehmerische Freiräume, die Eigeninitiative ermöglichen, im Abbaubetrieb unter Tage zu minimieren. So hat der Werksdirektor als Zeuge dargelegt, daß der Betriebsführer B "nicht etwa selbständig die Streckenführung oder den Ausbau ändern" darf, sondern nur "entsprechende Vorschläge machen" kann: "Herr B darf nur die Belegung, praktisch den Kolonneneinsatz ändern, wenn er dadurch auch das Ziel erreicht". Daß die bergbaulichen Verhältnisse in Gefahrensituationen sofortige Entscheidungen des Vorgesetzten vor Ort erfordern charakterisiert hingegen nicht die Leitungsaufgabe des Betriebsführers in ihrer Gesamtheit. Das bestätigt sich in der Feststellung des Landesarbeitsgerichts, daß der Betriebsführer in seinen allmorgendlichen Gesprächen mit dem Betriebsdirektor für seinen Bereich fachliche Lösungsvorschläge unterbreitet, also im Normalfall zu bedeutsamen eigenverantwortlichen Entscheidungen in fachlicher Hinsicht nicht befugt ist.

Die Gesamtwürdigung des Landesarbeitsgerichts läßt infolgedessen tragfähige Feststellungen vermissen, aus denen auf einen erheblichen Entscheidungsspielraum des Betriebsführers bei der Wahrnehmung seiner betriebswichtigen Aufgabenstellungen geschlossen werden kann.

e) Gegen einen erheblichen Entscheidungsspielraum könnte auch der Vortrag des Antragstellers sprechen, der Betriebsführer treffe hinter dem Bergwerksdirektor, dem Betriebsdirektor und dem Betriebsinspektor erst in der vierten Führungsstufe auf der Schachtanlage Entscheidungen, deren Rahmen von den Vorständen der Konzernobergesellschaft und der Betriebsführungsgesellschaft vorgegeben sei. Es ist infolgedessen fraglich, ob noch ein beachtlicher Teilbereich für unternehmerische Aufgabenstellungen vorliegen kann, wenn Leitungsfunktionen so stark aufgesplittert sind (BAG 26, 345 = AP Nr. 2 zu § 5 BetrVG 1972, zu III 2 e der Gründe; BAG, Beschluß vom 17. Dezember 1974 - 1 ABR 113/73 -, AP Nr. 8 zu § 5 BetrVG 1972, zu II 2 a der Gründe, Durchführung rein arbeitstechnischer, "vorprogrammierter" unternehmerischer Entscheidungen).

f) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist deshalb aufzuheben. Dem erkennenden Senat ist es verwehrt, in der Sache abschließend zu entscheiden, da aufgrund der möglichen Betriebsbezogenheit unternehmerischer Aufgabenstellungen ergänzender Vortrag der Beteiligten denkbar ist, die Organisationsstruktur ("Delegationsstufen") der Antragsgegnerin ergänzend im Hinblick auf die dem Betriebsführer B übertragenen Aufgaben geprüft werden muß und eine abschließende Beurteilung, ob unternehmerische Teilaufgaben mit erheblichem Entscheidungsspielraum die Tätigkeit des Betriebsführers "prägen" ("im wesentlichen" i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG), bisher nicht im ausreichenden Umfang stattgefunden hat. Da den Tatsachengerichten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 26, 36, 59 = AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972, zu IV 2 der Gründe; BAG, aaO, AP Nr. 22 zu § 5 BetrVG 1972) bei der Gesamtwürdigung der für die Charakterisierung eines leitenden Angestellten maßgebenden Merkmale ein Beurteilungsspielraum einzuräumen ist, muß die Sache insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden (§ 96 Abs. 1 ArbGG, § 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

III. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin bezüglich des Fahrsteigers P hat keinen Erfolg.

1. Das Landesarbeitsgericht hat sich zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem darauf gestützt, daß der Fahrsteiger P - abgesehen von vorläufigen Maßnahmen bei Eilfällen (Umsetzungen und Freistellungen) - personelle Entscheidungen in seinem Fahrbereich nicht treffen darf. Die tägliche Zeitplanung für die Aufgabenerfüllung der ihm unterstellten Bergleute sei normale Vorgesetztentätigkeit nach Weisung und eröffne keinen maßgeblichen Einfluß auf die Unternehmensführung. Die Vertretung des Obersteigers für ca. vier Monate im Jahr präge ebensowenig seine Tätigkeit wie die ca. 70 bis 100 Gedinge im Jahr, die er mit der Gedingekameradschaft abschließe und bei deren Aushandeln er einen gewissen Ermessensspielraum besitze. Der Fahrsteiger P sei deshalb kein leitender Angestellter i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG.

2. Der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, der Fahrsteiger P sei kein leitender Angestellter i.S. von § 5 Abs. 3 Satz 3 BetrVG, ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Zutreffend hebt zwar die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin die betriebswichtige Aufgabenstellung des Fahrsteigers P hervor und betont die Besonderheiten der bergmännischen Verantwortung von Vorgesetzten im Untertagebau. Sie übersieht jedoch, daß ein erheblicher Entscheidungsspielraum, den eine als unternehmerisch zu qualifizierende Teiltätigkeit voraussetzt, für den Fahrsteiger allenfalls bei der Führung von Gedingeverhandlungen vorhanden ist. Die bergrechtlichen Sicherungsaufgaben scheiden als "unternehmerische Aufgaben" für die Beurteilung eines leitenden Angestellten nach dem Betriebsverfassungsgesetz aus (vgl. oben C II 2 c). Ein maßgeblicher Einfluß in Personalfragen scheitert bereits an dem Umstand, daß zwischen dem Fahrsteiger und dem allein entscheidungsbefugten Personaldirektor, der der Werksleitung angehört, zwei weitere Vorgesetzte, nämlich der Betriebsführer und der Obersteiger stehen, deren betriebsverfassungsrechtlich relevante Personalverantwortung bisher nicht feststeht.

b) Die vom Fahrsteiger erarbeiteten Planungsvorgaben, hat allein der Betriebsführer gegenüber der Werksleitung zu vertreten. Detailplanungen zur Ausfüllung oder Fortschreibung von Rahmenplänen hat das Landesarbeitsgericht zu Recht als normale Vorgesetztentätigkeit nach Weisung eingestuft, die keinerlei maßgebliche Einflußnahme auf die Unternehmensführung zum Inhalt hat.

c) Auch wenn davon ausgegangen werden muß, daß der Fahrsteiger P einen leitenden Angestellten zu vertreten hat, macht die vorübergehende Vertretungstätigkeit für einen "leitenden Angestellten" den Vertretenden nicht dadurch "nach Dienststellung und Dienstvertrag" selbst zum "leitenden Angestellten".

d) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch darauf abgehoben, daß aus den von dem Fahrsteiger P wahrzunehmenden Gedingeverhandlungen nicht auf die Eigenschaft als leitender Angestellter i. S. von § 5 Abs. 3 BetrVG geschlossen werden kann.

In Übereinstimmung mit der Entscheidung des Ersten Senats vom 19. November 1974, aa0, ist zwar daran festzuhalten, daß es sich dabei um echte Arbeitgeberaufgaben handelt, vorausgesetzt, dem Fahrsteiger stehen in den Gedingeverhandlungen bedeutsame Entscheidungsspielräume zu. Da nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ca. 90 % der Gedingeabschlüsse nicht vorkalkuliert sind, verfügt der Fahrsteiger P insoweit über einen betrieblich bedeutsamen Entscheidungsspielraum. Dennoch hat das Landesarbeitsgericht mit zutreffenden Erwägungen die Eigenschaft als leitender Angestellter für den Fahrsteiger P verneint, weil die Gedingeverhandlungen nicht entscheidend die Gesamttätigkeit des Fahrsteigers prägen, sondern nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur ca. 10 % seiner Arbeitsleistung in Anspruch nehmen (vgl. oben C I 3 a; vgl. dazu auch BAG 26, 36, 58, zu III 3 c der Gründe und BAG AP Nr. 8 zu § 5 BetrVG, zu II 2 b der Gründe).

Wenn die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang auf das Volumen der Gedingeabschlüsse, vor allem auf die Höhe der dabei ausgehandelten Beträge und die Dispositionsfreiheit des Fahrsteigers hinweist, so vermengt sie die Merkmale, aus denen unternehmerische Freiräume und Eigenverantwortung zu folgen sind, mit der davon zu trennenden Gesamtwürdigung der Tätigkeit des Fahrsteigers. Füllt der Abschluß von Gedingen die Tätigkeit des Fahrsteigers nur zu einem geringen Anteil aus, so kann die Gedingeverantwortlichkeit das Aufgabenfeld des Fahrsteigers nicht prägen und ihm nicht die Eigenschaft eines leitenden Angestellten verleihen. Er hat infolgedessen keine überwiegend "arbeitgeberähnliche" Stellung inne, die bei aktiver und passiver Wahlberechtigung zum Betriebsrat die von der Antragsgegnerin aufgeführten verfassungsrechtlichen Probleme aufwirft. Insoweit überbewertet die Rechtsbeschwerde auch den nach ihrer Auffassung hierin liegenden Gegnerbezug.

Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde, daß diese Auffassung im Widerspruch zur Entscheidung des Ersten Senats vom 19. November 1974, aa0, steht. Die Rechtsbeschwerde übersieht, daß der Ausgangspunkt jener Entscheidung mit der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts nicht vergleichbar ist, weil im Beschluß vom 19. November 1974, aaO, ohne nähere Feststellungen davon ausgegangen wurde, daß insbesondere die Wahrnehmung von bergrechtlichen Sicherungsaufgaben (vgl. dazu oben C II 2 c) und die Gedingeabschlüsse die Gesamttätigkeit des Fahrsteigers im wesentlichen bestimmen. Das ist jedoch hier nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses anders.

e) Daß schließlich in der Entscheidung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 28. April 1964 (BAG 16, 8 = AP Nr. 4 zu § 4 BetrVG) ein Fahrsteiger als leitender Angestellter aufgefaßt worden ist, vermag eine andere Beurteilung im Gegensatz zur Meinung der Rechtsbeschwerde nicht zu rechtfertigen, da in der damals maßgeblichen Gesetzesbestimmung (§ 4 Abs. 2 c BetrVG 1952) das Merkmal "im wesentlichen eigenverantwortliche" Aufgabenwahrnehmung nicht enthalten war.

D. Da die Antragsgegnerin und die beteiligten Arbeitnehmer im Einverständnis mit dem Antragsteller die in der Vorinstanz gestellten Gegenanträge nicht mehr gestellt haben, bedarf es einer Beurteilung der verfahrensrechtlichen Zulässigkeit dieser Anträge nicht mehr.

Der Senat geht davon aus, daß die Beteiligten die nach ihrer Auffassung gegenstandslosen Anträge damit im gegenseitigen Einvernehmen zurückgenommen haben. Damit war nach § 92 Abs. 2 Satz 3, § 81 Abs. 2 Satz 2 ArbGG das Verfahren insoweit einzustellen.

Dr. Auffarth Dr. Jobs Dr. Leinemann

Döring Mergenthaler

 

Fundstellen

Haufe-Index 440556

BAGE 51, 1-19 (LT1-4)

BAGE, 1

DB 1986, 1131-1132 (LT1-4)

NJW 1986, 2273

BetrR 1986, 571-576 (LT1-4)

NZA 1986, 484-487 (LT1-4)

RdA 1986, 269

SAE 1987, 85-90 (LT1-4)

AP § 5 BetrVG 1972 (LT1-4), Nr 32

AR-Blattei, Angestellter Entsch 53 (LT1-4)

AR-Blattei, ES 70 Nr 53 (LT1-4)

EzA § 5 BetrVG 1972, Nr 42 (LT1-4)

ZfB 1987, 96-102 (ST)

ZfB 1987, 96-102 (T)

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