Rz. 2

Die Wahl von Vorsitzendem und Stellvertreter gehört zu den gesetzlichen Pflichtaufgaben eines mehrköpfigen Betriebsrats. Ein Verstoß hiergegen kann ein Grund zur gerichtlichen Auflösung des Betriebsrats nach § 23 Abs. 1 BetrVG sein. Bedeutsamer ist jedoch, dass der Betriebsrat handlungsunfähig ist, solange kein Vorsitzender gewählt ist, da er in diesem Fall keinen gesetzlichen Vertreter hat. Der Arbeitgeber braucht in solchen Fällen den Betriebsrat nicht zu beteiligen (BAG, Urteil v. 23.8.1984, 6 AZR 520/82) und mit der Durchführung von beteiligungspflichtigen Maßnahmen auch nicht zu warten, bis der Betriebsrat einen Vorsitzenden gewählt hat.

 
Praxis-Beispiel

Im Betrieb ist erstmals ein Betriebsrat gewählt worden. Entgegen § 29 Abs. 1 Satz 1 BetrVG beruft der Wahlvorstand die konstituierende Sitzung des Betriebsrats erst in 3 Wochen ein. Der Arbeitgeber will einen Arbeitnehmer fristlos kündigen. Er kann dies ohne die Anhörung nach § 102 BetrVG durchführen, da der Betriebsrat nicht handlungsfähig ist. Gleiches gilt, wenn Vorsitzender und Stellvertreter ihr Amt niedergelegt haben, kein weiterer Vertreter bestellt ist und der Betriebsrat nicht sofort eine Sitzung für die Neuwahl einberuft.

 
Wichtig

Das gilt nicht, wenn Vorsitzender und Stellvertreter nur vorübergehend verhindert sind; hier muss der Arbeitgeber das Anhörungsverfahren durchführen, er kann die nötigen Erklärungen jedoch gegenüber jedem Betriebsratsmitglied mit Zugangswirkung abgeben.[1]

Ebenso ist der Arbeitgeber gehalten, mit beteiligungspflichtigen Maßnahmen wie Kündigungen zuzuwarten, bis sich der Betriebsrat konstituiert und einen Vorsitzenden gewählt hat, wenn die entsprechende Betriebsratssitzung unmittelbar bevorsteht und dem Arbeitgeber daraus kein Nachteil wie z. B. eine Verlängerung der Kündigungsfrist entsteht (BAG, Urteil v. 28.9.1983, 7 AZR 266/82).

[1] S. Rz. 16.

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