Rz. 18
Die Betriebsratswahl ist nur dann nichtig, wenn gegen wesentliche Grundsätze des Wahlrechts in einem so hohen Maße verstoßen worden ist, dass nicht einmal der Anschein einer gesetzmäßigen Wahl vorliegt (BAG, Beschluss v. 19.11.2003, 7 ABR 24/03; BAG, Beschluss v. 29.4.1998, 7 ABR 42/97). Es muss also ein grober und offensichtlicher Verstoß gegen wesentliche gesetzliche Wahlregeln vorliegen. Dies ist aus Sicht desjenigen zu beurteilen, dem der Wahlvorgang selbst bekannt und der mit den Betriebsinterna vertraut ist (BAG, Beschluss v. 24.1.1964, 1 ABR 14/63).
Beispiele für nichtige Betriebsratswahl:
- Betriebsratswahl in einem nicht betriebsratsfähigen Betrieb (z. B. BAG, Beschluss v. 29.4.1998, 7 ABR 42/97),
- Durchführung der Betriebsratswahl durch nichtig bestellten Wahlvorstand (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 9.1.2012, 14 TaBV 69/11, vom BAG bislang offen gelassen. Hier: Bestellung durch nicht mehr existenten Gesamtbetriebsrat),
- Bildung des Betriebsrats in einer Betriebsversammlung spontan durch Zuruf (BAG, Urteil v. 12.10.1961, 5 AZR 423/60),
- offensichtliche oder willkürliche Verkennung des Betriebsbegriffs (BAG, Beschluss v. 11.4.1978, 6 ABR 22/77), unter Umständen auch nach einer gerichtlichen Entscheidung in einem vorausgegangenen Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG (BAG, Beschluss v. 19.11.2003, 7 ABR 25/03),
- Wahl eines Betriebsrats für einen Betriebsteil, für den bereits ein Betriebsrat gewählt und jene Wahl nicht angefochten worden ist (BAG, Beschluss v. 11.4.1978, 6 ABR 22/77; LAG Köln, Beschluss v. 8.5.2006, 2 TaBV 22/06),
- Systematisches Öffnen der Briefwahlunterlagen zur Prüfung des Abstimmungsverhaltens der Briefwähler (Hessisches LAG, Beschluss v. 10.11.2011, 9 TaBV 104/11),
- Betriebsratswahl ausschließlich zum Zweck der Ausübung eines Restmandats (Hessisches LAG, Beschluss v. 22.11.2005, 4 TaBV 165/05).
Die Nichtigkeit der Betriebsratswahl ist für jeden Verstoß gesondert zu prüfen. Liegen mehrere Verstöße vor, die jeder für sich nicht zur Nichtigkeit der Wahl führen, so gestattet das BAG nach einer Änderung seiner Rechtsprechung keine kumulative Betrachtung mehr (BAG, Beschluss v. 19.11.2003, 7 ABR 24/03, anders zuvor noch derselbe Senat in BAG, Beschluss v. 29.4.1998, 7 ABR 42/97). Die Richtigkeit dieser Sichtweise ist angesichts der vom BAG aufrechterhaltenen Grundregel zweifelhaft: Häufen sich die nicht ganz so groben Verstöße, kann die Regelwidrigkeit der Wahl auch ein Ausmaß annehmen, das offensichtlich zu einer nicht aufrechtzuerhaltenden Wahl führt.
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