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Nach § 129 Abs. 1 BetrVG können Betriebsversammlungen und Abteilungsversammlungen nach § 42 BetrVG, die Betriebsräteversammlung nach § 53 BetrVG sowie die Jugend- und Auszubildendenversammlung mittels audiovisueller Einrichtungen durchgeführt werden, wenn sichergestellt ist, dass nur teilnahmeberechtigte Personen Kenntnis von dem Inhalt der Versammlung nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig.

Der Begriff der Durchführung mittels "audiovisueller Einrichtungen" ist weiter als der der "Video- und Telefonkonferenzen" nach Abs. 2. bzw § 30 Abs. 2 BetrVG. Eine Möglichkeit zur Aussprache muss nicht bestehen, ist aber – soweit die technischen Voraussetzungen bestehen – zulässig, wie bei jeder anderen Betriebsversammlung auch. Die Gesetzesbegründung zur ersten Sonderregelung nennt eine Übertragung in Videokonferenzräume des jeweiligen Betriebs oder die Übertragung über das Intranet als Beispiele.

Durch diese ebenfalls nur befristet geschaffene Möglichkeit ist die COVID-19-Pandemie nun kein Grund mehr, weniger oder keine Betriebsversammlungen als nach § 43 Abs. 1 BetrVG vorgeschrieben sind, einzuberufen.

Ob von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, entscheidet der Betriebsrat als Gremium, denn er hat nach § 43 Abs. 1 S. 1 BetrVG über die Einberufung zu entscheiden. Das Landesarbeitsgericht Hamm[1] hat dazu entschieden, dass der Betriebsrat über die Art der Durchführung nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet und einen Beurteilungsspielraum hat. Eine audiovisuelle Durchführung der Betriebsversammlung sei nicht gleichwertig zu einer Präsenzveranstaltung. § 129 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ändere daran nichts. In diesem Fall hat der Arbeitgeber auch zusätzliche Kosten zur Umsetzung eines Hygienekonzepts, hier durch die Anmietung einer Schützenhalle, zu tragen.

Wie sicherzustellen ist, dass nur berechtigte Teilnehmer, also die Personen, die nach § 42 ff. BetrVG ein Teilnahmerecht haben (Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Verbände), an der Betriebsversammlung teilnehmen, entscheidet der Betriebsrat nach pflichtgemäßem Ermessen. Er hat dies bei seiner Entscheidung über die Durchführung einer Betriebsversammlung mittels audiovisueller Einrichtungen zu bedenken. Eine Übertragung in einem Live-Stream im Internet dürfte daher nur dann möglich sein, wenn dazu ein passwortgeschützter Zugang an die Teilnahmeberechtigten vergeben wird und die Teilnehmer versichern, dass sie die Nichtöffentlichkeit der Versammlung garantieren.

Besteht im Betrieb noch kein Betriebsrat, kann es erforderlich sein, eine Wahlversammlung nach § 17 Abs. 2, 3 und § 14 a BetrVG abzuhalten. Hier findet § 129 Abs. 1 BetrVG weiterhin keine Anwendung, weil auf einer Wahlversammlung ein Wahlvorstand zu wählen ist, was nach § 129 Abs. 3 BetrVG nicht gewährleistet ist.[2]

[1] LAG Hamm, Beschluss v. 5.10.2020, 13 TaBVGa 26/20.

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