Rz. 16

Anstelle einer Namensliste können auch Richtlinien für die soziale Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer im Sinne des § 95 BetrVG – insbesondere Punkteschemata – festgelegt werden. Diese sind mitbestimmungspflichtig, wenn der Arbeitgeber solche verwenden will. Darin werden die zu kündigenden Mitarbeiter nicht namentlich benannt, sondern es werden nur abstrakte Kriterien festgelegt. Eine solche abstrakte Festlegung fällt Betriebsräten in der Praxis oft leichter als die namentliche Nennung der zu kündigenden Mitarbeiter (und der damit verbundene direkte Schutz der Mitarbeiter, die im Zuge der Maßnahme nicht gekündigt werden dürfen).

Die Auswahlrichtlinie kann nur die Wertigkeit der Sozialauswahlkriterien des § 1 Abs. 3 KSchG (Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Schwerbehinderung) festlegen. Geschieht dies, kann in einem möglicherweise nachfolgenden Kündigungsschutzprozess das Arbeitsgericht die Kündigung nach § 1 Abs. 4 KSchG hinsichtlich der Gewichtung der Kriterien für die Sozialauswahl nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüfen. Auf diese Weise können im Kündigungsschutzprozess leidige Diskussionen darüber, wie sich die Zahl der Unterhaltspflichten bei der Sozialauswahl zu den Jahren der Betriebszugehörigkeit verhält, vermieden werden. Gibt es ein solches Punkteschema, muss es zwingend eingehalten werden, andernfalls kann der Betriebsrat der Kündigung nach § 102 Abs. 3 Satz2 BetrVG widersprechen mit der Folge, dass die Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG "automatisch" unwirksam ist.

 

Rz. 17

Punkteschemata und andere Auswahlrichtlinien können formal betrachtet nicht Teil eines Interessenausgleichs sein, weil der Interessenausgleich keine unmittelbar für das Arbeitsverhältnis verbindliche Normen enthält. Sie können entweder in gesonderten Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG geregelt sein oder als Teil des Sozialplans. Werden sie dennoch in einem Dokument mit dem Interessenausgleich geregelt, so verliert die Vereinbarung (insofern) ihre Natur als reiner Interessenausgleich (= ohne Rechtspositionen für die Arbeitnehmer, s. u. Rz. 4) und wird teilweise Betriebsvereinbarung.

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