Rz. 63

Mit der Mitbestimmung über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit wird die Dauer der täglichen Arbeitszeit insoweit fixiert, als dass ihr ein Rahmen gesetzt wird. Das Mitbestimmungsrecht muss nicht notwendigerweise einheitlich für den ganzen Betrieb ausgeübt werden. Es kann zwischen Arbeitnehmergruppen, Betriebsabteilungen oder funktionell differenziert werden. Allerdings muss es sich im Ergebnis stets um einen kollektiven Tatbestand handeln. Individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und einzelnem Arbeitnehmer über die Lage der täglichen Arbeitszeit, mit denen individuelle Umstände berücksichtigt werden, unterliegen nicht der Mitbestimmung.[1] Das gilt z. B. für den Fall, dass der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bei der Verhandlung über den Teilzeitanspruch des § 8 TzBfG auch die Verteilung der Arbeitszeit nach den individuellen Wünschen des Arbeitnehmers festlegen. Allerdings können dieser gewünschten Verteilung ihrerseits betriebliche Regelungen der Betriebspartner (mit denen das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG wahrgenommen wurde) entgegenstehen. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber gehalten sein, sich auf entgegenstehende betriebliche Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 TzBfG zu berufen, soweit durch die individuelle Regelung mit dem Teilzeitmitarbeiter eine betriebliche Arbeitszeitregelung unterlaufen werden würde.[2]

 

Rz. 64

Viele Fragen bei Arbeitszeitsystemen bzw. -modellen unterliegen ebenfalls der Mitbestimmung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Bei einem Gleitzeitsystem ist zwar Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der einzelnen Arbeitnehmer gerade nicht fixiert. Den Mitarbeitern wird lediglich ein Rahmen vorgegeben. Die erforderlichen Einzelheiten sind aber dennoch zwischen den Betriebspartnern festzulegen. Insbesondere die Gleitspannen, die Kernarbeitszeit und andere Fragen, die sich auf die Lage der Arbeitszeit auswirken können, unterliegen der Mitbestimmung.

Sind in einer Gleitzeitregelung Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit festgelegt (z. B. dahingehend, dass die Arbeitszeit nicht vor 6 Uhr beginnen darf und spätestens um 19 Uhr enden muss), ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine etwaige Überschreitung dieses Gleitzeitrahmens durch Arbeitnehmer zu verhindern (BAG, Beschluss v. 29.4.2004, 1 ABR 30/02[3]). Der Arbeitgeber kann gegenüber einem Unterlassungsanspruch des Betriebsrats nicht erfolgreich einwenden, er sei seiner Verpflichtung zur Durchführung der Betriebsvereinbarungen dadurch nachgekommen, dass er die außerhalb des Gleitzeitrahmens geleisteten Arbeiten nicht vergütet habe. Er hat vielmehr seinen Betrieb so zu organisieren, dass die betriebsverfassungsrechtlich geregelten Arbeitszeitgrenzen eingehalten werden. Hierzu muss er die Übereinstimmung betrieblicher Abläufe mit den normativen Vorgaben der von ihm geschlossenen Betriebsvereinbarungen überprüfen und erforderlichenfalls korrigierend eingreifen. Er kann sich seiner Verantwortung für die Führung seines Betriebs nicht entziehen und darf nicht tatenlos zuschauen, wenn der Gleitzeitrahmen überschritten wird.

Durch eine Betriebsvereinbarung kann auch eine Kappungsgrenze im Zusammenhang mit dem Gleitzeitkonto vereinbart werden; auch dies unterliegt dem Mitbestimmungsrecht (BAG, Beschluss v. 10.12.2013, 1 ABR 40/12).

Zu etwaigen Auskunftsansprüchen des Betriebsrats für den Fall, dass auf Zeiterfassungsmechanismen verzichtet wird (Vertrauensarbeitszeit), siehe BAG, Beschluss v. 6.5.2003, 1 ABR 13/02.[4]

 

Rz. 64a

Auch die Einführung oder auch der Abbau von Schichtarbeit unterliegt der Mitbestimmung (BAG, Beschluss v. 28.10.1986, 1 ABR 11/85). Mitbestimmungspflichtig ist nicht nur die Lage der einzelnen Schichten, sondern auch die Fragen, ob überhaupt in Schichten gearbeitet wird, wie viele Schichten gefahren werden, nach welchen Grundsätzen die Arbeitnehmer den Schichten zugeordnet werden, die Aufstellung der Schichtpläne selbst (BAG, Beschluss v. 27.6.1989, 1 ABR 33/88[5]) und ggf. die Streichung einzelner Schichten (BAG, Beschluss v. 1.7.2003, 1 ABR 22/02[6]). Die Betriebsparteien sind jedoch frei in der Entscheidung, ob sie sich auf eine Regelung über die Grundsätze der Schichtplanung beschränken, oder ob sie jeden einzelnen Schichtplan selbst aufstellen wollen. Begnügen sie sich mit der Regelung von Kriterien und Grundsätzen, ist es zulässig, die Aufstellung von Einzelschichtplänen nach diesen Vorgaben dem Arbeitgeber zu überlassen (BAG, Beschluss v. 28.5.2002, 1 ABR 40/01[7]). In einem Einigungsstellenspruch kann der Arbeitgeber aber nicht ermächtigt werden, einen Schichtplan ohne Zustimmung des Betriebsrats bis zur Entscheidung der Einigungsstelle vorläufig durchzuführen (BAG, Beschluss v. 9.7.2013, 1 ABR 19/12). Ein Arbeitgeber, der z. B. schlicht einen Jahresschichtplan vollzieht, und Arbeitnehmer, die krankheits- oder urlaubsbedingt, aufgrund von Seminarbesuchen oder wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abwesend sind, in der für sie vorgesehenen Wochenschicht nicht führt und sie auch nicht dur...

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