1 Vorbemerkung

 

Rz. 1

§ 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bestimmt, dass in allen Unternehmen mit i. d. R. mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern ein Wirtschaftsausschuss zu bilden ist. Die Bildung eines Wirtschaftsausschusses setzt das Bestehen eines Betriebsrats voraus. Aufgabe und Funktion des Wirtschaftsausschusses ist es, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten (Abs. 1 Satz 2). Abs. 3 enthält eine Aufzählung der Tatbestände, über die der Unternehmer zu informieren hat.

Liegen die Voraussetzungen zur Bildung des Wirtschaftsausschusses vor, ist dieser zwingend zu bilden. Kommt der Betriebsrat dieser Pflicht nicht nach, handelt es sich grundsätzlich um eine grobe Pflichtverletzung i. S. d. § 23 BetrVG.

 

Rz. 2

Der Wirtschaftsausschuss ist kein Mitbestimmungsorgan, sondern ein Hilfsorgan des Betriebsrats (bzw. des Gesamtbetriebsrats[1]) und wird daher allein von diesem Gremium bestellt (vgl. § 107 BetrVG).

 

Rz. 3

Der Wirtschaftsausschuss wird für das Unternehmen, nicht für dessen einzelne Betriebe, gebildet.[2]

 

Rz. 4

Auf Konzernebene ist die Bildung eines Wirtschaftsausschusses nicht vorgesehen, obgleich dort in erheblichem Umfang über wirtschaftliche Angelegenheiten entschieden wird und deshalb sinnvoll wäre.

Eine erweiternde Auslegung des § 106 BetrVG ist angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht möglich.[3] Der Gesetzgeber hat sich bei der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes 2001 gegen die Einführung eines Konzernwirtschaftsausschusses entschieden.[4]

Der Konzernbetriebsrat hat jedoch unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, einen Ausschuss (für wirtschaftliche Angelegenheiten) zu bilden und ihm entsprechende Aufgaben zu übertragen. Auf diesen Ausschuss finden die §§ 106 ff. BetrVG allerdings keine Anwendung.[5]

 

Rz. 5

In Tendenzunternehmen gem. § 118 Abs. 1 BetrVG und Religionsgemeinschaften und deren karitativen und erzieherischen Einrichtungen sind die Vorschriften über den Wirtschaftsausschuss nicht anzuwenden (§ 118 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BetrVG).

[2] Fitting, § 106 Rz. 1.
[4] Vgl. BGBl. I 2001, 1852.
[5] Fitting, § 59 Rz. 10.

2 Voraussetzungen für die Errichtung

2.1 Unternehmensgröße

 

Rz. 6

Ein Wirtschaftsausschuss ist in den Unternehmen zu errichten, in denen regelmäßig mehr als 100 Arbeitnehmer ständig beschäftigt werden. Der Gesetzgeber hat hier bewusst den Begriff des Unternehmens gewählt und stellt damit auf die Gesamtorganisation des Rechtsträgers ab. Auf die Größe der einzelnen Betriebe kommt es nicht an, es muss jedoch mindestens ein Betriebsrat gewählt worden sein.[1]

§ 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG stellt wie § 1 BetrVG auf die Zahl der i. d. R. beschäftigten Arbeitnehmer ab.[2] Maßgeblich für die Beurteilung der ständigen Beschäftigung ist die Zahl der ständig zu besetzten Arbeitsplätze. Es kommt hingegen nicht darauf an, in welcher Form die Arbeitnehmer – also z. B. befristet oder unbefristet, in Teilzeit oder Vollzeit, etc. – beschäftigt werden.[3] Es ist der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff zugrunde zu legen, sodass leitende Angestellte i. S. d. § 5 Abs. 3 BetrVG nicht mitzuzählen sind, wohl aber Auszubildende. Auch Leiharbeitnehmer sind im Entleiherbetrieb bei der Berechnung grundsätzlich zu berücksichtigen, wenn sie in ständiger Beschäftigung tätig sind.

[4] Auf die Größe der einzelnen Betriebe kommt es nicht an, es muss jedoch mindestens ein Betriebsrat gewählt worden sein.[5] Abzustellen ist also nicht nur auf die Zahl der Arbeitnehmer, für die ein Betriebsrat besteht, sondern auf die Zahl aller ständig beschäftigten Arbeitnehmer in allen Betrieben eines Unternehmens. Es kommt auf die Personalstärke an, die für das Unternehmen im Allgemeinen kennzeichnend ist. Diese Zahl kann nicht durch einfaches Abzählen der vorhandenen Arbeitnehmer im jeweiligen Zeitpunkt, zu dem die Errichtungsvoraussetzungen geprüft werden sollen, festgestellt werden.[6] Zur Feststellung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl bedarf es vielmehr grundsätzlich eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung. Die zukünftige Entwicklung kommt jedoch nur insoweit in Betracht, als aufgrund bereits getroffener Entscheidungen des Arbeitgebers eine Veränderung der bisherigen Beschäftigtenzahl zu erwarten ist. Werden Arbeitnehmer nicht ständig, sondern lediglich zeitweilig beschäftigt, kommt es für die Frage der regelmäßigen Beschäftigung darauf an, ob sie normalerweise während des größten Teils eines Jahres beschäftigt werden. Dies gilt auch bei Saisonbetrieben, die jeweils für einige Wochen oder Monate im Jahr einen erhöhten Arbeitskräftebedarf haben. Die für diese Zeit vorübergehend eingestellten Arbeitnehmer zählen nicht zu den i. d. R. Beschäftigten. Etwas anderes gilt lediglich für reine Kampagnebetriebe, die überhaupt nur während eines Teils des Jahres arbeiten. In diesen ist die Beschäftigtenzahl während der Kampagne maßgebend.[7]

 

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