Rz. 9

Nach § 2 Abs. 1 PflegeZG haben Beschäftigte das Recht, bis zu 10 Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung begründet ein Leistungsverweigerungsrecht, das keine Zustimmung des Arbeitgebers erfordert.[1]

 

Rz. 10

Das Recht, bis zu 10 Arbeitstage von der Arbeit fernzubleiben, steht einem Beschäftigten i. S. d. § 7 Abs. 1 PflegeZG (Rz. 4) zu. Eine bestimmte Dauer des Arbeitsverhältnisses (Wartezeit) ist nicht erforderlich.

 

Rz. 11

Ein naher Angehöriger des Beschäftigten muss pflegebedürftig i. S. d. § 7 Abs. 4 PflegeZG i. V. m. §§ 14, 15 SGB XI sein. Nahe Angehörige i. S. d. § 7 Abs. 3 PflegeZG sind u. a. Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder (s. auch Rz. 1).

Nach § 14 Abs. 1 SGB IX sind pflegebedürftig diejenigen Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können, wobei mindestens der Pflegegrad 1 festgestellt sein muss (§ 14 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 SGB XI).

Pflegebedürftig i. S. v. § 2 PflegeZG sind auch Personen, die die Voraussetzungen nach den §§ 14 und 15 SGB XI voraussichtlich erfüllen (§ 7 Abs. 4 Satz 2 PflegeZG). Weder dem Gesetzeswortlaut noch dem Gesetzesentwurf lässt sich eine nähere Umschreibung entnehmen, wann ein Fall der "Voraussichtlichkeit" anzunehmen ist.[2] Unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks und dem Erfordernis eines akuten Pflegefalles werden wohl Tatsachen vorliegen müssen, auf deren Grundlage der Eintritt der Pflegebedürftigkeit überwiegend wahrscheinlich erscheint.[3]

 

Rz. 12

Es muss eine akut aufgetretene Pflegesituation zu verzeichnen sein, die die Organisation einer bedarfsgerechten Pflege oder die Sicherstellung einer pflegerischen Versorgung erfordert. Eine akute Pflegesituation ist dann anzunehmen, wenn der Pflegebedarf plötzlich, also unvermittelt und unerwartet auftritt.[4]

 

Rz. 13

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG sind Beschäftigte verpflichtet, dem Arbeitgeber ihre Verhinderung an der Arbeitsleistung und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB) mitzuteilen. Die Pflegebedürftigkeit ist zudem nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG nachzuweisen.

 

Rz. 14

Die Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrecht i. S. d. § 2 PflegeZG ist – im Gegensatz zu der Freistellung nach § 3 PflegeZG – nicht von einem Schwellenwert im Hinblick auf die Anzahl der Beschäftigten beim Arbeitgeber abhängig.

[1] ErfK/Gallner/Bubach, § 2 PflegeZG Rz. 1; BeckOGK/Schneider, § 5 PflegeZG Rz. 26; HWK/Lembke, § 2 PflegeZG Rz. 3 f.
[2] Vgl. BT-Drucks. 16/7439 S. 94.
[3] NK-ArbR/Müller, 2. Aufl. 2023, § 2 PflegeZG Rz. 7; Müller, BB 2008, 1058, 1059.

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