Rz. 4

Beträgt die Anzahl der zu entlassenden Arbeitnehmer 50 oder mehr, obliegt die Entscheidungskompetenz allein dem Ausschuss. Allerdings ist auch in diesem Fall die Geschäftsführung der Agentur für Arbeit an der Entscheidung nicht unbeteiligt, da der Vorsitzende der Geschäftsführung oder ein von ihm beauftragter Angehöriger der Agentur für Arbeit kraft Gesetzes den Ausschussvorsitz innehat.

 

Rz. 5

Der Ausschuss für anzeigepflichtige Entlassungen ist ein eigenes, unabhängiges Gremium mit eng begrenztem Zuständigkeits- und Aufgabengebiet.[1] Er ist insbesondere kein Selbstverwaltungsorgan der Bundesagentur für Arbeit (vgl. § 371 SGB III) und auch von den allgemeinen Verwaltungsausschüssen der Agentur für Arbeit (vgl. § 374 SGB III) zu unterscheiden. Dem Ausschuss sind ausschließlich Entscheidungen nach § 18 Abs. 1 und 2 KSchG im Verfahren über anzeigepflichtige Entlassungen zugewiesen. Insoweit hat er ein eng begrenztes Zuständigkeits- und Aufgabengebiet. Ausweislich der gesetzlichen Überschrift von § 20 KSchG ("Entscheidungen der Agentur für Arbeit") nimmt der Ausschuss Aufgaben der Agentur für Arbeit wahr. Seine Entscheidungen werden der Agentur für Arbeit zugerechnet, sodass er zumindest materiell-rechtlich als Organ der Agentur für Arbeit bezeichnet werden kann.[2]

[1] FW KSchG 20.5; ErfK/Kiel, 24. Aufl. 2024, § 20 KSchG Rz. 1; KR/Weigand/Heinkel, § 20 KSchG Rz. 10, 12; APS/Moll, § 20 KSchG Rz. 9; LKB/Bayreuther, KSchG, 16. Aufl. 2019, § 20 KSchG Rz. 3; BeckOGK/Holthusen, § 20 KSchG Rz. 10.
[2] Vgl. BSG, Urteil v. 30.10.1959, 7 RAr 19/57, AP KSchG § 18 Nr. 1; FW KSchG 20.1; KR/Weigand/Heinkel, § 20 KSchG Rz. 12; APS/Moll, § 20 KSchG Rz. 9.

2.2.1 Zusammensetzung

 

Rz. 6

Dem Ausschuss gehören 7 Mitglieder an, nämlich der Vorsitzende der Agentur für Arbeit oder ein von ihm beauftragter Angehöriger der Agentur für Arbeit als Vorsitzender ("geborenes" Mitglied) und drittelparitätisch jeweils 2 Vertreter der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der öffentlichen Körperschaften als Beisitzer ("gekorene" Mitglieder). Die Beisitzer sind voll stimmberechtigt. Die Beisitzer werden vom Verwaltungsausschuss der Agentur für Arbeit benannt. Da das KSchG keine weiteren Einzelheiten hierüber enthält, sind die im SGB III für die Selbstverwaltungsorgane geregelten allgemeinen Rechtsgrundsätze entsprechend anzuwenden.[1]

 

Rz. 7

Den Vorsitz des Ausschusses übernimmt der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit oder ein von ihm beauftragter Angehöriger der Agentur für Arbeit. Dabei ist der dienstrechtliche Status des Beauftragten unerheblich, er braucht insbesondere kein Beamter zu sein. Allerdings muss er Angehöriger der zuständigen Agentur für Arbeit sein.[2] Die Beauftragung kann der Vorsitzende jederzeit wieder rückgängig machen, z. B. dann, wenn er den Vorsitz wieder selbst übernehmen will.[3]

 

Rz. 8

Die Beisitzer werden von dem Verwaltungsausschuss der Agentur für Arbeit ernannt und dann vom Vorsitzenden der Geschäftsführung oder dessen Beauftragten berufen (vgl. § 377 Abs. 1 SGB III[4]). Der Verwaltungsausschuss setzt sich zu gleichen Teilen aus Vertretern der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der öffentlichen Körperschaften zusammen (vgl. § 371 Abs. 5 Satz 1 SGB III) und wählt die Ausschussmitglieder aus den von den vorschlagsberechtigten Stellen unterbreiteten Vorschlägen aus. Vorschlagsberechtigt sind in entsprechender Anwendung von § 379 SGB III insbesondere die Gewerkschaften und ihre Verbände, die Arbeitgeberverbände sowie die zum Bezirk der Agentur für Arbeit gehörenden Gemeinden und Gemeindeverbände.[5]

 

Rz. 9

Zugleich ist eine entsprechende Anzahl von Vertretern für jede Gruppe zu benennen, damit im Falle der Verhinderung einzelner Ausschussmitglieder keine Verzögerungen eintreten und die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen nicht gefährdet wird.[6] Während der Vertretungszeit haben die Ersatzmitglieder die gleichen Rechte und Pflichten eines ordentlichen Mitglieds (vgl. § 371 Abs. 7 SGB III). Die Vertretung verhinderter Mitglieder erfolgt in der Reihenfolge der vom Verwaltungsausschuss benannten Stellvertreter.[7]

[1] FW KSchG 20.5; KR/Weigand/Heinkel, § 20 KSchG Rz. 12; APS/Moll, § 20 KSchG Rz. 9; BeckOGK/Holthusen, § 20 KSchG Rz. 11 ff.
[2] FW KSchG 20.5; APS/Moll, § 20 KSchG Rz. 11.
[3] KR/Weigand/Heinkel, § 20 KSchG Rz. 9.
[4] FW KSchG 20.7.
[5] APS/Moll, § 20 KSchG Rz. 13; KR/Weigand/Heinkel, § 20 KSchG Rz. 21.
[6] FW KSchG 20.8; APS/Moll, § 20 KSchG Rz. 15; KR/Weigand/Heinkel, § 20 KSchG Rz. 22.
[7] FW KSchG 20.8.

2.2.2 Persönliche Voraussetzungen für die Benennung

 

Rz. 10

§ 20 KSchG enthält keine Vorgaben an die von den Beisitzern zu erfüllenden Qualifikationen. Um jedoch sicherzustellen, dass die Mitglieder geschäftsfähig sind und das Recht zur Bekleidung öffentlicher Ämter haben, richten sich die persönlichen Voraussetzungen der Berufungsfähigkeit nach § 378 Abs. 1 SGB III. Danach sind berufungsfähig Deutsche, die das passive Wahlrecht zum Deutschen Bundestag besitzen, sowie Ausländer, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt rechtmäßig im Bundesgebiet haben und die Voraussetzungen des § 15 Bun...

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