Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen für die Arbeit auf Abruf im Arbeitsvertrag ein bestimmtes Mindest-Arbeitszeitvolumen vereinbaren. Die Vertragsparteien sind dabei in der Wahl der zeitlichen Bemessungsgrenze frei, d. h. sie können eine tägliche, wöchentliche oder jährliche Arbeitszeit vereinbaren. Im Rahmen dieser Vereinbarung kann der Arbeitgeber die Arbeitsleistung unter Einhaltung der weiteren Voraussetzungen abrufen. Soll die abzurufende Arbeitszeit ungleichmäßig verteilt werden, sollte auch die Dauer des Verteilungszeitraums (Ausgleichszeitraum der vereinbarten Arbeitszeit) im Vertrag vereinbart sein (z. B. Einhaltung der vereinbarten Wochenarbeitszeit innerhalb eines Ausgleichszeitraums von bis zu einem Jahr).[1]

Haben die Vertragsparteien kein bestimmtes Arbeitszeitvolumen vereinbart, gilt gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als Vertragsinhalt. In einem Tarifvertrag kann ein abweichender Wert der "Standardarbeitszeit" festgelegt werden.[2]

Die vertragliche Fiktion von 20 Wochenarbeitsstunden greift nur, wenn keine Arbeitszeit im Vertrag bestimmt ist. Im Streitfall muss der Arbeitgeber beweisen, welche Vertragsarbeitszeit vereinbart war. Ist im Arbeitsvertrag kein bestimmtes Arbeitszeitvolumen vereinbart, gilt deshalb zunächst die Fiktion von 20 Wochenstunden.[3] Arbeitgeber und Arbeitnehmer können in der Folgezeit ausdrücklich oder konkludent auch eine andere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbaren. Fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung, kann nur dann etwas anderes als die Fiktion von 20 Wochenstunden gelten, wenn die gesetzliche Regelung im Einzelfall nicht sachgerecht ist und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem bestimmten Umfang dauerhaft an ein bestimmtes Abrufvolumen binden wollen. Dafür reicht das Abrufverhalten des Arbeitgebers in einem bestimmten Zeitraum allein nicht aus. Auch die Bereitschaft des Arbeitnehmers, in einem bestimmten Zeitraum mehr als 20 Stunden/Woche zu arbeiten, rechtfertigt nicht die Annahme, der Arbeitnehmer wolle sich dauerhaft in einem höheren zeitlichen Umfang binden.[4] Macht der Arbeitnehmer Lohnansprüche auf Basis der gesetzlich fingierten Arbeitszeit geltend, so muss er darlegen, dass er seine Arbeitszeit im entsprechenden Umfang auch angeboten hat. Dabei kann ein wörtliches Angebot genügen.[5]

 
Hinweis

Bis zum 31.12.2018 galt die gesetzliche Vermutung, dass 10 Stunden gearbeitet werden sollen, wenn keine Arbeitszeit vereinbart ist.[6] Seit dem 1.1.2019 gilt in einem solchen Fall eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden.[7]

Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden droht bei Minijobbern die Gefahr, dass die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird und so ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründet wird. Die Sozialversicherungsträger können dann die nicht geleisteten Sozialversicherungsbeiträge bzw. der Arbeitnehmer Lohn nachfordern.

Ist ein bestimmtes Arbeitszeitvolumen vereinbart, so führt allein die häufige Leistung von Mehrarbeit über das vertraglich vereinbarte Arbeitszeitvolumen hinaus nicht zu einer Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit.[8]

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können im Rahmen eines Abrufarbeitsvertrags auch nur ein Mindest-Arbeitszeitvolumen vereinbaren, das nach Entscheidung des Arbeitgebers je nach Arbeitsanfall erhöht werden kann. Die zusätzlich abgerufene Arbeitszeit ist entsprechend der tatsächlichen Leistung zu vergüten. Strukturell handelt es sich also um ein "Mehrarbeitsdeputat", zu dem der Arbeitnehmer durch eine solche Klausel verpflichtet ist. Man könnte insoweit auch von "doppelter Abrufarbeit" sprechen: Sowohl das Arbeitszeitvolumen als auch Lage und Verteilung der Arbeitszeit sind variabel.

Allerdings legt das Teilzeit- und Befristungsgesetz für derartige "Bandbreitenklauseln" Grenzen fest, die im Interesse der Vermeidung einer unzumutbaren Verlagerung des Betriebsrisikos auf den Arbeitnehmer und zur Wahrung seiner berechtigten Interessen an der Planbarkeit von Arbeitszeit und Freizeit einzuhalten sind. So darf gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 TzBfG das zusätzlich abrufbare Arbeitszeitvolumen maximal 25 % des vereinbarten Mindestarbeitszeitvolumens betragen.

 
Praxis-Beispiel

Mindestarbeitszeit und zulässige "Bandbreitenklausel" für zusätzlich abrufbare Arbeitszeit

Im Rahmen eines Abrufarbeitsvertrags wird eine "Sockelarbeitszeit" von 20 Wochenstunden festgelegt und darüber hinaus ein vom Arbeitgeber einseitig abrufbares Arbeitszeitvolumen von bis zu 25 % der Mindestarbeitszeit, d. h. von bis zu 5 Stunden/Woche vereinbart. Je nach Abruf durch den Arbeitgeber erhält der Arbeitnehmer eine geringere oder höhere Vergütung; es ist aber mindestens die für die Mindestarbeitszeit von 20 Wochenstunden festgelegte Vergütung zu zahlen.

Im Unterschied zu dem Modell "Sockel-Arbeitszeit plus maximal 25 % zusätzlich abrufbarer Arbeitszeit" ist umgekehrt auch die Option der einseitigen Verringerung der vereinbarte...

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