Die bisherigen Ausführungen machen evident, dass eine disruptive Änderung der Erwartung an – und Erfordernis für – Personalentwicklung im Gange ist. Um den Auftrag der Personalentwicklung einer personellen Zukunftssicherung unter den aktuellen und sich weiter verschärfenden Rahmenbedingungen kompetent zu bewerkstelligen, muss die Weichenstellung der Personalentwicklung neu konstelliert, teilweise neu gedacht werden. Dies umfasst strukturell die Ausrichtung der Personalentwicklung, die Rolle der Personalentwicklung sowie die Produkte und Dienstleistungen der Personalentwicklung.

Die Ausrichtung der Personalentwicklung folgt den Gedanken von Douglas Halls protean career. Der "Besitzer" einer Karriere und Entwicklung ist nicht mehr das Unternehmen und die unternehmensspezifischen Angebote, die sich aus Strategien und Zielen ableiten, sondern der Mitarbeiter.

Von dem her gilt es die Personalentwicklung dergestalt auszurichten, dass

  • einerseits – nach wie vor – die unternehmerischen Werthaltungen, Strategien und Zielsetzungen etc. gleichsam als Hintergrundfolie der Entwicklungsaktivitäten für einen Abgleich parat stehen (aber nicht mehr der dominante Ausgangspunkt der PE-Aktivitäten ist)
  • andererseits – prioritär – die Wünsche und Interessen, sowie Stärken und Schwächen sowie Potenziale der individuellen Mitarbeiterentwicklung bekannt sind und mit Blick auf die Urbarmachung für die vorgenannten Unternehmensinteressen von den Mitarbeitenden selbst (anfangs noch mit Hilfe und mit Beratung durch PE) erschlossen werden können.

In der Konsequenz bedeutet dies für die Produkte und Dienstleistungen:

  • eine Abnahme (zumindest der Vermarktung) von unternehmensspezifischen "Spoonfeeding"[1]-Angeboten der Personalentwicklung – insbesondere mit Blick auf Karrierewünsche und
  • eine aktive Bewerbung und Vermarktung individualisierter Entwicklungspläne, abgestimmt auf die Faktoren einer persönlichen Interessenslage unter dem Blickwinkel des spezifischen "psychologischen Erfolgs" des "Whole Selfs".

Diese Transformation der aktuellen Personalentwicklung lässt sich zielführend über die Etablierung von Entwicklungs-ACs (Development Center) und – zu Beginn – eine umfangreiche Zahl an Einzelgesprächen und Trainings zur Befähigung der Übernahme von Selbstverantwortung sowie fachlich kompetente Entwicklungsberatung erreichen.

Dabei sind die personenspezifischen Lernpräferenzen zu erkennen und adäquate Entwicklungsmaßnahmen abzuleiten. Neben der Kuratierung allgemein relevanter Entwicklungsinhalte – am besten in kleinteiligen Learning Nuggets und Knowledge Snippets – bildet den Background für den Erwerb von standardisierbaren Lerninhalten (diese können – je nach Zusammenstellung mit Microdegrees oder OpenBadges auch visualisiert werden und ersetzen die beliebten Teilnahmebescheinigungen). Perspektivisch würde eine Learning Experience Platform (LXP) künftig nicht nur der zentrale Ort sein, in dem die Maßnahmen gebündelt einsehbar sind, sondern zum Beispiel mittels KI Empfehlungen für nächste Schritte aus der Entwicklungshistorie ableiten und die fachliche Expertise der PE von diesem Teil der anspruchsvollen Aufgabe entlasten.

Eine intime Kenntnis von Möglichkeiten der Kompetenzentwicklung off- und on-the-job und die Kenntnis von unternehmensspezifischen Lern- und Entwicklungsgelegenheiten im Tagesgeschäft, in Sonderaufgaben und Projekten sind unabdingbare Voraussetzung für die Wahl individuell geeigneter Maßnahmen. Es ist unerlässlich, positive und negative Entwicklungsfortschritte kontinuierlich zu monitoren und zu kommunizieren.

PE wird in dem Sinne eine Ausrichtung zu einer personen-orientierten Lern- und Entwicklungsmanufaktur für den Einzelnen.

Zusammenfassend kann man sagen, die Rolle der Personalentwicklung wird neben der Gestaltung von Rahmenbedingungen (Lerninfrastruktur, Ermöglichungsrahmen etc.) vor allem durch die Entwicklung von Mitarbeitern und Führungskräften (und weiteren, nicht hierarchischen, Rollen wie People Leads, Scrum Master, Agile Coaches o. Ä.) geprägt sein, welche Entwicklung professionell anstoßen und begleiten . Diese Tätigkeit setzt die grundsätzliche Fähigkeit zur Beschreibung von Kompetenzen ebenso voraus, wie die Fähigkeit, konkrete Vorschläge zu entwickeln, wie diese Kompetenzen on- und off-the-job entwickelt werden können[2].

Man könnte sagen: Die Organisationseinheit entwickelt sich vom Learning Content Provider zum Learning Context Consultant. Laut Charles Jennings geht es in Zukunft vor allem darum herauszufinden, wo die Wurzel eines Problems liegt und für die Lösungsfindung Sorge zu tragen[3] als nurmehr darum – mehr oder weniger passende – Bildungs- und Entwicklungsmaßnahmen als "Learning Designer" zu konzipieren.[4].

Personalentwickler werden so vom Trainingslieferanten zum Performance Supporter für mehr Business Impact für die Lerner. Durch die Vermittlung von Methoden, wie man sich selbstständig relevante Lerninhalte erschließt und wie man eine passgenaue Auswahl geeigneter Lernformate, -medien und -quellen v...

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