Rz. 2

Der Anspruch auf Krankengeld infolge von Arbeitsunfähigkeit bzw. stationärer Krankenhausbehandlung ist grundsätzlich zeitlich unbegrenzt. Der Gesetzgeber hat jedoch eine Beschränkung der Leistungsdauer für den Fall vorgesehen, dass der Versicherte längere Zeit wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig ist.

Die Begrenzung der Leistungsdauer für das Krankengeld beruht maßgeblich auf der Erwägung, dass es in erster Linie der gesetzlichen Rentenversicherung obliegt, bei dauerhaft eintretender Erwerbsminderung des Versicherten Entgeltersatzleistungen zur Verfügung zu stellen, während die gesetzlichen Krankenkassen typischerweise nur für den Ausgleich des entfallenden laufenden Arbeitsentgelts bzw. -einkommens bei vorübergehenden Arbeitsunfähigkeiten infolge behandlungsbedürftiger Gesundheitsstörungen einzutreten haben (BSG, Urteil v. 8.11.2005, B 1 KR 27/04 R).

 

Rz. 3

Der Anspruch auf Krankengeld besteht wegen derselben Erkrankung für eine Dauer von 78 Wochen (546 Kalendertage). Endet die Arbeitsunfähigkeit wegen der einen Erkrankung und beginnt eine Arbeitsunfähigkeit wegen einer anderen Erkrankung danach (keine Überschneidung der Arbeitsunfähigkeitszeiten), kann der Versicherte ab Beginn der neuen Erkrankung (erneut) für bis zu 546 Tage Krankengeld beziehen. Besonderheiten gelten, wenn die Arbeitsunfähigkeit wegen der einen Erkrankung während der Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer anderen Erkrankung beginnt (Rz. 20 ff.) oder die Arbeitsunfähigkeit der einen Erkrankung zeitgleich mit der Arbeitsunfähigkeit einer anderen Erkrankung einsetzt (Rz. 24).

 

Rz. 4

Beginnt bei einem arbeitsunfähigen Versicherten ein neuer 3-Jahres-Zeitraum (= "neue Blockfrist") kurz vor Erreichen der Höchstanspruchsdauer, beginnt trotz Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Erkrankung mit Beginn der neuen Blockfrist ein neuer Anspruch auf Krankengeld für (erneut) bis zu 78 Wochen (Rz. 25 ff.).

Ist der Anspruch auf Krankengeld wegen des Erreichens der Höchstanspruchsdauer beendet, lebt die Leistungsdauer mit Beginn eines neuen 3-Jahres-Zeitraums (Blockfrist) nur unter den in Abs. 2 aufgeführten, näher bestimmten Voraussetzungen wieder auf (Rz. 25 ff.).

 

Rz. 5

Mit der Dauer des Anspruchs auf Krankengeld haben sich die Spitzenverbände aller Krankenkassenverbände in ihrem Gemeinsamen Rundschreiben v. 6.10.1993 befasst (Fundstelle Rz. 35). Der AOK-Bundesverband, die Knappschaft und der Verband der Ersatzkassen (vdek; ehemals vdak) haben ergänzend auf der Grundlage der ergangenen Rechtsprechung die Rechtsauslegung in Form von Gemeinsamen Verlautbarungen

  • zunächst am 6.3.2007 (veröffentlicht in: Die Leistungen 2008 S. 20, 23) und
  • dann noch einmal am 26.9.2012 (Fundstelle Rz. 35)

fortentwickelt. Sie empfehlen die Anwendung der aktualisierten Fassung.

Das Gemeinsame Rundscheiben aus dem Jahr 1993 wird vereinzelt noch von den anderen Krankenkassenarten angewandt.

Der mit Abstand größte Unterschied zwischen dem Gemeinsamen Rundschreiben aus dem Jahr 1993 und der Gemeinsamen Verlautbarung aus dem Jahr 2012 besteht bei dem Beginn der Blockfrist der hinzugetretenen Arbeitsunfähigkeit und bei der Anrechnung der Arbeitsunfähigkeitseinheit (AU-Einheit), in der der Hinzutritt erfolgte, auf die Höchstanspruchsdauer:

  • In dem GR von 1993 hat die hinzugetretene Erkrankung nur dann Auswirkungen auf die Höchstanspruchsdauer, wenn sie nur noch allein Arbeitsunfähigkeit verursacht – also ab dem Zeitpunkt, an dem die hinzugetretene Krankheit der alleinige Grund für die weitere Krankengeldzahlung ist. Als Folge kann als Vorerkrankungszeit nur der Zeitraum angerechnet werden, für den ggf. die hinzugetretene Krankheit alleine – über das Ende der zuerst eingetretenen Krankheit hinaus – Arbeitsunfähigkeit verursachte (Pkt. 2.3.2 und 4.2.3 des GR).

     
    Praxis-Beispiel

  • In der Gemeinsamen Verlautbarung aus dem Jahre 2012 beginnt die Blockfrist wegen der hinzugetretenen Erkrankung rückwirkend bereits zu dem Zeitpunkt, an dem die Blockfrist wegen der zuerst bestandenen Erkrankung begann (= "zwei zeitlich parallel laufende Blockfristen"). Als Folge wird als Vorerkrankungszeit der gesamte Zeitraum der Arbeitsunfähigkeitseinheit, in der die Arbeitsunfähigkeit "B" zur Arbeitsunfähigkeit "A" hinzutritt, sowohl wegen der hinzugetretenen als auch wegen der zuerst eingetretenen Krankheit auf die Blockfristen angerechnet (Pkt. 2.3.2 und 3.2.3 des GR).

     
    Praxis-Beispiel

    Anmerkungen des Autors: Weil der Gesetzestext insbesondere zu § 48 Abs. 1 Satz 2 (= "Hinzutritt einer Krankheit") viel Auslegungsraum lässt, mussten die Krankenkasse eine einheitliche Rechtsauslegung betreiben, um vergleichbare Fälle gleich und möglichst i. S. d. § 48 Abs. 1 Satz 2 zu behandeln. Insbesondere zum Bereich der Blockfristenbildung bei hinzugetretener Krankheit fehlt nach Auffassung des Autors die Rechtsprechung, die die Aussagen in der Gemeinsamen Verlautbarung untermauert. Trotzdem beanstandet der Autor die in der Gemeinsamen Verlautbarung getroffenen Aussagen mit den dort aufgeführten Beispielen nicht, weil...

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