Rz. 74

Nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 ruht der Anspruch auf das Kinderkrankengeld, soweit und solange der Versicherte während des Bezuges der Leistung laufendes beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhält.

Maßgeblich ist das Arbeitsentgelt/Arbeitseinkommen, welches einer konkreten Arbeitsleistung bzw. einer Stundenzahl zugeordnet werden kann bzw. aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung (§ 616 BGB, § 19 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BBiG) fortgezahlt wird. Ferner muss das Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen mit dem Zeitraum, für den Kinderkrankengeld gezahlt wird, in Beziehung stehen. Dieses ist dann gegeben, wenn z. B. das Arbeitsentgelt für die Zeit bestimmt ist, für das auch Kinderkrankengeld beansprucht werden kann (z. B. Anspruch auf Entgeltfortzahlung oder Erzielung von Arbeitsentgelt aufgrund einer Arbeitsleistung während des Zeitraums, für den Kinderkrankengeld gezahlt wird). Zeitversetzt gezahlte Arbeitsentgeltbestandteile, die nur rein zufällig während des Zeitraumes des Kinderkrankengeldbezugs gezahlt werden, fallen nicht unter die Ruhenswirkung des § 49 Abs. 1 Nr. 1.

Wenn das Kinderkrankengeld bei Arbeitnehmern auf der Basis des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts gezahlt wird (90 % oder 100 % des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts), führt weitergezahltes Nettoarbeitsentgelt insoweit automatisch zum Ruhen des Kinderkrankengeldes. Das bedeutet in der Praxis: Für die Ermittlung des Kinderkrankengeldes nach § 45 Abs. 1 und 1a hat der Arbeitgeber der Krankenkasse das unter Anrechnung des weitergezahlten Arbeitsentgelts tatsächlich ausgefallene Netto-Arbeitsentgelt zu melden. Die Meldung des geringeren Betrags des Nettoarbeitsentgelts-Ausfalls erfolgt durch den Arbeitgeber im Rahmen des "Datenaustausches Entgeltersatzleistungen nach § 107 SGB IV" (vgl. Rz. 53).

 
Praxis-Beispiel

Arbeitnehmer (Monatsgehaltsempfänger) mit 5-Tage-Woche (Arbeitszeit von montags bis freitags je Tag 8 Stunden)

monatliches Bruttoarbeitsentgelt: 3.000,00 EUR, monatliches Nettoarbeitsentgelt normalerweise 2.000,00 EUR, keine beitragspflichtige Einmalzahlung im letzten Jahr

Arbeitsausfall (Freistellungszeitraum) vom 9. bis 15.1.2024 (7 Kalendertage/5 Arbeitstage)

Ist-Nettoarbeitsentgelt im Monat Januar 2024: 1.610,00 EUR

Ausgefallenes Nettoarbeitsentgelt: 390,00 EUR für den gesamten Zeitraum der Freistellung

Kalendertäglicher Betrag des Kinderkrankengeldes: (390,00 EUR : 7 = 55,71 EUR; 55,71 EUR x 90 % =) 50,14 EUR. Das ergibt eine Gesamtsumme von (7 x 50,14 EUR=) 350,98 EUR (vor Abzug des Beitragsanteils zur Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung; vgl. Rz. 69 ff.).

Der Arbeitgeber will jetzt rückwirkend für jeden Tag, an dem ein Anspruch auf Kinderkrankengeld besteht, 25,00 EUR netto zusätzlich zahlen – also (7 x 25,00 EUR =) 175,00 EUR.

Fazit:

Der Arbeitgeber hat seine im Rahmen des "Datenaustauschs Entgeltersatzleistungen nach § 107 SGB IV" (Rz. 53) gemachten Angaben zu berichtigen. Der Ausfallbetrag beträgt beim Nettoarbeitsentgelt jetzt nicht 390,00 EUR, sondern nur (390,00 EUR abzgl. 175,00 EUR =) 215,00 EUR. Deshalb ergibt sich folgende Berechnung des Kinderkrankengeldes:

215,00 EUR : 7 = 30,71 EUR; 30,71 EUR x 90 % = 27,64 EUR.

Das Gesamt-Kinderkrankengeld (vor Abzug des vom Versicherten zu tragenden Beitragsanteils – vgl. Rz. 69 ff.) beträgt (27,64 EUR x 7 =) 193,48 EUR.

 

Rz. 75

In diesem Zusammenhang gibt es noch eine Besonderheit, die zu berücksichtigen ist: Zahlt der Arbeitgeber als freiwillige Leistung (keine Entgeltfortzahlung, keine Entlohnung für geleistete Arbeit) einen Zuschuss zum Kinderkrankengeld, kann dieser Zuschuss gemäß § 23c SGB IV auf das Kinderkrankengeld nur angerechnet werden, wenn der Arbeitgeberzuschuss zusammen mit dem Krankengeld das Soll-Nettoarbeitsentgelt des betreffenden Kalendermonats um 50,00 EUR überschreitet. Wenn die 50-EUR-Freigrenze nicht überschritten wird, zählt der Arbeitgeberzuschuss nicht als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt und führt somit nicht zum Ruhen des Kinderkrankengeldes.

Bei der Freigrenze handelt es sich nicht um einen Freibetrag (der Gesetzgeber wählte in § 23c SGB IV nicht das Wort "soweit", sondern "wenn"). Deshalb kann bei Überschreiten der Freigrenze von 50,00 EUR im Kalendermonat nicht mehr von einem beitragsfreien Arbeitgeberzuschuss gesprochen werden. Der Arbeitgeberzuschuss führt dann in Höhe seiner Nettoarbeitsentgeltwerte zum Ruhen des Kinderkrankengeldes.

 

Rz. 76

Die Regelung des § 23c Abs. 1 SGB IV gilt insbesondere für

  • das Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit (§ 47) und
  • das Kinderkrankengeld wegen Pflege eines schwersterkrankten Kindes (§ 45 Abs. 4, gleiche Berechnungsart wie das Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit),

und nach Auffassung des Autors auch für das Kinderkrankengeld

  • wegen der Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege des erkrankten Kindes (§ 45 Abs. 1) oder
  • wegen der Mitaufnahme des Elternteils zur stationären Behandlung des Kindes (ab 1.1.2024: § 45 Abs. 1a).

Der Grund: § 23c Abs. 1 SGB IV unterscheidet nicht zwischen Krankengeld wegen A...

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