Rz. 12

Stief- und Enkelkinder gelten gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 4 Satz 1 dann als Kinder, wenn sie vom Mitglied überwiegend unterhalten werden oder in seinen Haushalt aufgenommen wurden. Nachstehend werden die einzelnen Begriffe erläutert:

Stiefkind

Ein Stiefkind ist ein Kind, welches der Ehegatte aus einer früheren Beziehung in eine Ehe mitbringt. Auch während der bestehenden Ehe geborene Kinder, deren Nichtehelichkeit rechtskräftig festgestellt ist (§ 1593 BGB), sind Kinder des anderen Ehegatten.

Zu den Stiefkindern zählen gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 4 Satz 3 auch die Kinder des Lebenspartners des anspruchsberechtigten Versicherten; Voraussetzung ist hier allerdings die rechtswirksame Begründung einer Lebenspartnerschaft (§ 33b SGB I).

Stirbt der Ehegatte des Berechtigten oder wird die Ehe geschieden bzw. aufgelöst oder die Lebenspartnerschaft aufgehoben und verbleibt das Kind im Haushalt des bisher Berechtigten, erfüllt das Kind weiterhin das Kriterium "Stiefkind".

Enkelkinder

Enkelkinder sind Abkömmlinge zweiten Grades – also das Kind vom Sohn oder von der Tochter.

Überwiegend unterhalten

Bei Stief- und Enkelkindern ist ein überwiegender Unterhalt des der Arbeit fernbleibenden "Elternteils" nur zu prüfen, wenn das Stief- oder Enkelkind nicht im Haushalt dieses Elternteils lebt.

Der das Kinderkrankengeld beantragende Elternteil hat ein Stief- oder Enkelkind dann überwiegend unterhalten, wenn es mehr als die Hälfte von dessen Unterhaltsbedarf aus seinem Einkommen aufgebracht hat. Der Unterhaltsbedarf für Stief- und Enkelkinder richtet sich nach dem sächlichen Existenzminimum gemäß § 1612a BGB und wird spätestens alle 2 Jahre durch die Mindestunterhaltsverordnung neu festgelegt. Für das Kalenderjahr 2024 beläuft sich der monatliche Mindestunterhalt gemäß der "Düsseldorfer Tabelle" (Fundstelle: Rz. 94) bei einem Kindesalter

  • von 0 bis 5 Jahren auf 480,00 EUR,
  • von 6 bis 11 Jahren auf 551,00 EUR und
  • von 12 bis 17 Jahren auf 645,00 EUR.

Gemäß der Düsseldorfer Tabelle ist bei dem Kind eine höhere Altersstufe ab dem Beginn des Monats maßgebend, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet.

Der Elternteil hat ein von ihm getrennt lebendes Stief- oder Enkelkind dann überwiegend unterhalten, wenn er mehr als die Hälfte von dessen Mindestunterhalt aus seinem Einkommen zugunsten des Kindes aufgebracht hat. Zur Veranschaulichung folgendes Beispiel:

 
Praxis-Beispiel

Ein Enkelkind (8 Jahre) lebt nicht im Haushalt des Großvaters, sondern im Haushalt seiner leiblichen Mutter. Die leibliche Mutter stellt neben der Betreuung auch den Naturalunterhalt zur Verfügung. Der Großvater leistet Geldzuwendungen für den Unterhalt seines Enkelkindes in Höhe von monatlich 300,00 EUR. Wegen der Erkrankung seines Enkelkindes blieb der Großvater (Arbeitnehmer) der Arbeit fern und beantragt wegen seines damit verbundenen Lohnausfalls Kinderkrankengeld.

Lösung

Der Mindestunterhalt des Enkelkindes im Jahr 2024 beträgt monatlich 551,00 EUR. Da der Großvater mit monatlich 300,00 EUR mehr als die Hälfte des Mindestunterhalts seines Enkels (275,50 EUR) leistet, unterhält er ihn überwiegend. Das erkrankte Enkelkind gilt als Kind i. S. d. § 45 Abs. 1.

In dem Haushalt aufgenommen

Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 4 besteht auch dann ein Anspruch auf Kinderkrankengeld, wenn das Stief- bzw. Enkelkind in den Haushalt des anspruchsberechtigten Versicherten aufgenommen wurde. Ein gemeinsamer Haushalt setzt voraus, dass mehrere Familienangehörige – also der anspruchsberechtigte Versicherte und das erkrankte Stief- bzw. Enkelkind – ihren Wohnsitz zusammen an der gleichen Stelle (Haus, Wohnung) begründet haben und in Wirtschaftsgemeinschaft leben. Bei Stief- und Enkelkindern ist der Begriff "in dem Haushalt aufgenommen" gleichzusetzen mit dem Begriff "in dem Haushalt leben".

Nach den Urteilen des BSG (v. 14.3.2012, B 14 AS 17/11 R, und v. 31.1.2002, B 5 RJ 34/01 R) ist unter Haushalt nicht nur ein örtlich gebundenes Zusammenleben zu verstehen; ein Familienhaushalt definiere sich vielmehr als die Schnittstelle von Merkmalen

  • örtlicher (Familienwohnung),
  • materieller (Unterhalt, Wirtschaftsgemeinschaft) und
  • immaterieller Art (Zuwendung von Fürsorge, Begründung eines – zumindest – familienähnlichen Bandes).

Ein Kind bleibt auch dann noch zum Haushalt gehörend, wenn das räumliche Zusammenleben durch einen von vornherein oder sich aus der Natur der Sache ergebenden relativ kurzen Zeitraum unterbrochen wird (BSG, Urteile v. 16.8.1973, 3 RK 63/71, sowie v. 14.12.2021, B 14 AS 73/20 R). Nach Auffassung des Autors trifft diese Fallgestaltung z. B. dann zu, wenn das Stief- bzw. Enkelkind

  • am Wochenende bei Freunden oder sonst aushäusig übernachtet oder
  • vorübergehend selbst im Krankenhaus stationär behandelt wird.

Wechselt ein Kind während eines Kalendermonats den Haushalt nicht nur besuchsweise (z. B. zieht vom Vater zur Mutter), ist dies taggenau zu berücksichtigen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14.12.2021, a. a. O.).

 

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Als Kind i. S.d...

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