Rz. 64

Erfüllt eine werdende Mutter aufgrund der vorgelegten Unterlagen über die voraussichtliche Entbindung nicht die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 24i Abs. 1, ist nach der Entbindung zu prüfen, ob – ausgehend vom tatsächlichen Entbindungstag – die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. Rz. 35 f.). Durch die "Günstigkeitsprüfung" soll eine Frau durch den "Irrtum" eines Arztes bzw. einer Hebamme über den voraussichtlichen Zeitpunkt der Entbindung nicht schlechter gestellt werden. Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld entsteht somit in diesen Fällen – dann aber meist rückwirkend – nach der Entbindung durch Vorlage der Geburtsurkunde, wenn 42 Tage vor dem tatsächlichen Entbindungstag eine Mitgliedschaft

  • mit Anspruch auf Krankengeld im Falle einer Arbeitsunfähigkeit oder
  • mit gleichzeitig andauerndem Arbeitsverhältnis oder
  • wegen einem nach § 17 Abs. 2 MuSchG zulässig aufgelöstem Arbeitsverhältnis

bestand.

In diesen Fällen ist darauf zu achten, dass für die Berechnung des Mutterschaftsgeldes die letzten 3 Kalendermonate, die vor Beginn der (arbeitsrechtlichen) Schutzfrist vom Arbeitgeber abgerechnet wurden, heranzuziehen sind (vgl. Abs. 2 Satz 1). Durch den "sozialversicherungsrechtlichen Kunstgriff" der Günstigkeitsprüfung (Neuprüfung) wird der arbeitsrechtliche Beginn dieser Schutzfrist nicht verändert (vgl. auch BSG, Urteile v. 27.2.1984, 3 RK 17/83, sowie v. 12.9.1984, 8 RK 16/84). Das bedeutet, dass für die Berechnung des Mutterschaftsgeldes die letzten 3 vom Arbeitgeber abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der arbeitsrechtlichen Schutzfrist ungeachtet des leistungsauslösenden Tatbestands (= Beginn der 42 vor dem Tag der tatsächlichen Entbindung) zugrunde gelegt werden.

 
Praxis-Beispiel

Das zeitlich befristete Arbeitsverhältnis einer versicherungspflichtig beschäftigten Frau endete am 30.6. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestand nicht, weil das Arbeitsverhältnis nur 4 Monate andauerte. Die Frau sollte voraussichtlich am 15.8. entbinden; 42 Tage vor dem 15.8. beginnen am 4.7. Weil am 4.7. keine Mitgliedschaft bestand, wurde von der Krankenkasse der Anspruch auf Mutterschaftsgeld abgelehnt.

Tatsächlich wurde die Frau bereits am 8.8. entbunden. Die Frau beantragt nach der Entbindung unter Vorlage der Geburtsbescheinigung bei ihrer Krankenkasse erneut Mutterschaftsgeld. Der leistungsauslösende Tatbestand wird jetzt vom tatsächlichen Entbindungstag aus berechnet. Die 6. Woche vor der Entbindung beginnt jetzt am 27.6. (= 42 Tage vor dem 8.8.), also noch während des Arbeitsverhältnisses. Die Frau hat somit Anspruch auf Mutterschaftsgeld theoretisch ab 27.6. in Höhe des Nettoarbeitsentgeltes. Wegen des Bezugs von Arbeitsentgelt verschiebt sich jedoch der Anspruchsbeginn auf den 1.7. (vgl. Rz. 153 f.). Der Arbeitgeber rechnet das Arbeitsentgelt am 2. eines Monats für den zuletzt abgelaufenen Monat ab.

Lösung:

Für die Berechnung des Mutterschaftsgeldes sind die Monate April bis Juni zugrunde zu legen (= letzten 3 Kalendermonate vor Beginn der arbeitsrechtlichen Schutzfrist, die am 4.7. begann), nicht dagegen die Monate März bis Mai.

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