Rz. 33

Die Entgeltleistungen anderer Rehabilitationsträger, die vom Sinn und Zweck mit dem Krankengeld vergleichbar sind (Übergangsgeld, Verletztengeld, sowie Versorgungskrankengeld/ab 1.1.2024: Krankengeld der Sozialen Entschädigung) sind aufgrund des trägerspezifischen Rechts unterschiedlich hoch. Wegen der unterschiedlichen Vomhundertsätze, die bei der Berechnung der jeweiligen Leistungen berücksichtigt werden, sind die entsprechenden Entgeltersatzleistungen teils höher, teils niedriger als das Krankengeld. In der Vergangenheit stellte sich deshalb die Frage, ob z. B. während einer zulasten der Rentenversicherung durchgeführten Leistung zur medizinischen Rehabilitation gleichzeitig ein sog. Krankengeldspitzbetrag gezahlt werden kann, wenn das Krankengeld höher als das vom Rentenversicherungsträger gezahlte Übergangsgeld ist.

Trifft bei Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Krankengeld mit einem Anspruch auf vergleichbare Entgeltersatzleistungen aus anderen Sicherungssystemen zusammen, ist nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 der Anspruch auf Krankengeld zur Vermeidung eines Doppelbezugs grundsätzlich zum Ruhen gebracht, "soweit und solange" die vergleichbare Leistung bezogen wird. Diese Grundregel wird ergänzt durch ein Aufstockungsverbot des § 49 Abs. 3, nach dem aufstockendes Krankengeld nicht zu zahlen ist beim Bezug von "auf Grund gesetzlicher Bestimmungen gesenkte(n)" Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen. Einkommensverluste während des Bezugs von Übergangsgeld etc. können somit durch das Krankengeld nicht mehr ausgeglichen werden.

Hiervon gibt es allerdings aufgrund der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG (Urteil v. 12.3.2013, B 1 KR 17/12 R) eine Ausnahme – und zwar für die in der gesetzlichen Rentenversicherung freiwillig Versicherten, die Arbeitseinkommen erzielen und Beiträge zur Rentenversicherung (z. B.) aus der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nach § 167 SGB VI zahlen. Für diese Personen ist ein Krankengeldspitzbetrag zu zahlen, weil eine andere Vorgehensweise zu unberechtigten Nachteilen führen würde. Das Übergangsgeld beträgt 80 % des Arbeitseinkommens, das den vor Beginn der Leistungen für das letzte Kalenderjahr (Bemessungszeitraum) gezahlten Beiträgen zugrunde lag (§ 21 Abs. 2 SGB VI). Aufgrund des geringen Arbeitseinkommens-Ausgangswertes kann es erheblich geringer als das Krankengeld sein, wenn der selbstständig Tätige in der gesetzlichen Krankenversicherung z. B. mit einem Arbeitseinkommen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze "Höchstbeitrag" versichert ist. Nach dem oben erwähnten Urteil des BSG ist das Brutto-Krankengeld zur Ermittlung des Krankengeldspitzbetrags um den Betrag zu kürzen, welcher der Berechnung des Übergangsgeldes nach § 21 Abs. 2 SGB IV zugrunde lag.

 
Praxis-Beispiel

Der selbstständig tätige Versicherte (kein Kind) nimmt während seiner Arbeitsunfähigkeit an einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation zulasten der Rentenversicherung teil. Deshalb erhält er nach § 20 Abs. 1 SGB VI Übergangsgeld. Das Arbeitseinkommen, das der Berechnung des Übergangsgeldes zugrunde liegt, beträgt 30,00 EUR kalendertäglich. Das Übergangsgeld, welches sich gemäß § 21 Abs. 2 SGB VI aus den vom Versicherten gezahlten Rentenversicherungsbeiträgen des letzten Kalenderjahres berechnet, ist wie folgt zu ermitteln:

Regelentgelt: 30,00 EUR

1. Berechnungsschritt (§ 21 Abs. 2 SGB VI): 80 % von 30,00 EUR = 24,00 EUR

2. Berechnungsschritt (§ 20 Abs. 1 SGB VI i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 3 SGB IX): 68 % von 24,00 EUR = 16,32 EUR

Übergangsgeld: 16,32 EUR täglich

In der Krankenversicherung ist der Versicherte mit einem Arbeitseinkommen in Höhe von 161,25 EUR kalendertäglich versichert und hat grundsätzlich aufgrund der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld.

Fazit:

Der Krankengeldspitzbetrag wird von einem Arbeitseinkommen in Höhe von (161,25 EUR abzügl. 30,00 EUR =) 131,25 EUR berechnet. Der Krankengeldspitzbetrag beträgt dann 70 % von 131,25 EUR, also 91,88 EUR täglich.

Sinngemäß urteilte das BSG am 17.2.2022 (B 3 KR 9/20 R). In dem Terminbericht heißt es:

" ... Das Aufstockungsverbot hat der 1. Senat des BSG dahin ausgelegt, dass eine nach der Grundregel mögliche Aufstockung einer Entgelt- oder Entgeltersatzleistung durch ergänzendes Krankengeld - als Krankengeldspitzbetrag - dem Grunde nach ausgeschlossen ist, wenn die Regeln über die betreffenden Leistungen gesetzlich geändert und dadurch die Leistungen verringert worden sind, etwa durch eine Senkung des Vomhundertsatzes. Das hat er auch beim Übergangsgeld angenommen. Diese Rechtsprechung macht sich der nunmehr für das Krankengeld zuständige 3. Senat des BSG zu eigen und führt sie ausdrücklich fort.

Anders liegt es insoweit aber im Hinblick auf eine Entscheidung des BSG bei freiwillig Krankenversicherten, was der 1. Senat noch offen lassen konnte. Das BVerFG hat es als mit Art. 3 Abs. 1 nicht vereinbar angesehen, dass nach früherer Rechtslage der Bezug von Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder von Übergangsgeld aus der gesetzliche...

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