Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Sonderfall der Verfügbarkeit. nachträgliche Erteilung der Zustimmung zur Teilnahme an beruflicher Weiterbildungsmaßnahme. Verwaltungsakteigenschaft. Begriff. Prognose der Abbruchbereitschaft. Kriterien für die Zustimmung. rechtswidrige Ablehnung der Zustimmung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn die Zustimmung gem § 120 Abs 3 Nr 1 SGB 3 aF als Verwaltungsakt betrachtet wird, erledigt er sich durch Zeitablauf, sobald die Weiterbildungsmaßnahme endet. Denn es kann nur einer künftigen oder noch laufenden Maßnahme der beruflichen Weiterbildung zugestimmt werden.

2. Der Begriff der Maßnahme der beruflichen Weiterbildung ist wie in § 77 SGB 3 aF weit auszulegen und umfasst praktisch jede Wissensvermittlung in organisierter Form, wobei die Bildungsangebote der beruflichen Weiterbildung dienen und in der Regel keine berufliche Erstausbildung darstellen dürfen.

3. Die Erteilung der Zustimmung hat sich danach zu richten, ob der mit § 120 Abs 3 SGB 3 aF verfolgte gesetzliche Zweck des Vorrangs der jederzeitigen Vermittelbarkeit des Arbeitslosen in eine neue Beschäftigung durch die Teilnahme an der beruflichen Weiterbildungsmaßnahme nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Dementsprechend ist durch den Arbeitsvermittler bei der Entscheidung über die Zustimmung in erster Linie im Wege einer Prognose zu prüfen, ob im Laufe der beruflichen Weiterbildung die Voraussetzungen nach § 120 Abs 3 Nr 2 SGB 3 aF voraussichtlich eingehalten werden, der Arbeitslose sich also an die erklärte Abbruchsbereitschaft halten wird.

4. Inhalt und Dauer der beruflichen Weiterbildungsmaßnahme sind keine Kriterien für die Zustimmung nach § 120 Abs 3 Nr 1 SGB 3 aF. Die Arbeitsvermittlung hat nicht zu prüfen, ob und inwieweit es sich um eine geeignete oder notwendige Weiterbildungsmaßnahme handelt.

5. Einer positiven Zustimmung gem § 120 Abs 3 Nr 1 SGB 3 aF steht eine rechtswidrig abgelehnte Zustimmung gleich. Auch in diesem Fall ist von einer Verfügbarkeit der leistungsberechtigten Person auszugehen.

 

Tenor

Der Bescheid vom 02.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2010 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wehrt sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die nachträgliche Erteilung einer Zustimmung zur Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme.

Die 1978 geborene Klägerin meldete sich nach erfolgreichem Abschluss des Rechtsreferendariats zum 01.03.2010 arbeitslos. Ihr wurde mit Bescheid vom 26.03.2010 Arbeitslosengeld in Höhe von 482,10 Euro monatlich für die Zeit 01.03.2010 bis 28.02.2011 bewilligt.

Am 22.07.2010 sprach die Klägerin bei der zuständigen Arbeitsvermittlerin wegen der Förderung der Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme für die Tätigkeit als Personalreferentin vor. Sie gab an, dass die Maßnahme aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert werde, weshalb die Arbeitsvermittlerin eine Förderung seitens der Beklagten ablehnte. Spätestens am 27.07.2010 begehrte die Klägerin ausdrücklich die Zustimmung zur Teilnahme an einer Weiterbildung als Internationale Personalreferentin in der Zeit vom 02.08.2010-06.06.2011 bei der P…. GmbH (nachfolgend P. GmbH). Hierzu teilte die Arbeitsvermittlerin der Klägerin mündlich mit, dass diese Maßnahme aufgrund der Förderung durch den ESF und eines vorgesehenen Auslandsaufenthalts nicht unterstützt werden könne. Eine Förderung der beruflichen Weiterbildung zur Personalreferentin für die Dauer von 4-6 Monaten sei aber grundsätzlich sinnvoll und notwendig, da sie wegen schwacher Examensnoten Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt habe. Die Arbeitsvermittlerin erklärte, dass für eine solche berufliche Weiterbildungsmaßnahme ein Bildungsgutschein ausgestellt werden könne, wenn ein geeigneter Träger und eine zugelassene Maßnahme gefunden werde. Schließlich teilte die Klägerin ihrer Arbeitsvermittlerin mit E-Mail vom 23.08.2010 mit, dass sie sich nach gründlicher Überlegung für die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme bei der P.GmbH in B. entschieden habe, nachdem dort ein Platz vakant geworden sei. Die Vorteile gegenüber der “einfachen„ Personalreferentin lägen für sie klar auf der Hand und seien überzeugend. Sie werde sich weiterhin unermüdlich und aktiv um einen Arbeitsplatz bemühen. Wenn die Beklagte wünsche, könne auch eine Vereinbarung getroffen werden, wonach sie eine bestimmte Mindestanzahl an Bewerbungen im Monat absenden solle.

Durch Bescheid vom 02.09.2010 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 16.08.2010 auf. Zur Begründung gab sie an: “eigene Abmeldung aus dem Leistungsbezug„. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, der mit Bescheid vom 13.10.2010 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung führte die Beklagte aus:

Die Bewilligung von ...

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