Rz. 41

Betriebs- bzw. Werksärzte haben die Aufgabe, die Gesundheit und die Erwerbsfähigkeit der Arbeitnehmer zu fördern und zu erhalten. Dabei stützen sie sich auf eine ganzheitliche Betrachtung des arbeitenden Menschen mit Berücksichtigung somatischer, psychischer und sozialer Prozesse. In diesem Rahmen wirken sie beim betrieblichen Eingliederungsmanagement (§ 167 Abs. 2 SGB VI), bei der stufenweisen Wiedereingliederung (§ 44 SGB IX) und bei der betrieblichen Prävention/Gesundheitsförderung mit.

Durch ihre intensive Einbindung in die Arbeitswelt und dem damit verbundenen Zugang zu den Arbeitnehmern ihres Betriebes können die Betriebs- und Werksärzte bei Bedarf einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung bzw. Minderung von Behinderungen leisten, indem sie einen möglichen Teilhabebedarf frühzeitig erkennen und einen frühzeitigen Impuls zur Einleitung von Leistungen zur Teilhabe geben. Außerdem können sie, wenn der Arbeitnehmer wieder an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt ist, Einfluss

  • auf die Nachhaltigkeit des Rehabilitationserfolgs (Gestaltung des Arbeitsplatzes) sowie
  • bei betrieblicher stufenweiser Wiedereingliederung – Einfluss auf die letzten Abschnitte des Rehabilitationsprozesses

nehmen und dafür sorgen, dass Rückfälle nach Möglichkeit vermieden werden.

 

Rz. 42

Wegen des persönlichen Kontakts zum Leistungsberechtigten hat natürlich auch der behandelnde Haus- bzw. Facharzt eine hohe Kompetenz in der Rehabilitationssteuerung. Der Arbeitsbereich der Allgemeinmedizin beinhaltet die Grundversorgung aller Patienten mit körperlichen und seelischen Gesundheitsstörungen in der Akut- und Langzeitversorgung sowie wesentliche Bereiche der Prävention (Vorsorge) und Rehabilitation. Allgemeinärzte sind darauf spezialisiert, als erste ärztliche Ansprechpartner Krankheiten bei allen Gesundheitsproblemen zu erkennen und den Betroffenen zu beraten. Im Gegensatz zu Hausärzten haben sich Fachärzte auf bestimmte Krankheiten und Krankheitserscheinungen spezialisiert und können dadurch fachbezogen ihren Anteil zur Vermeidung bzw. Minderung von Krankheiten und Behinderungen leisten.

 

Rz. 43

Die wirksamen Steuerungsmöglichkeiten der Ärzte hat der Gesetzgeber erkannt und verpflichtet deshalb die Rehabilitationsträger, in Gemeinsamen Empfehlungen zu regeln, wie Haus-, Fach-, Betriebs- und Werksärzte in die Einleitung und Ausführung von Leistungen zur Teilhabe einzubinden sind.

Wie dies geschehen soll, haben die gesetzlichen Krankenkassen, die Bundesagentur für Arbeit, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge (im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden) sowie die Integrationsämter (in Bezug auf Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben) im Februar 2019 in ihrer Gemeinsamen Empfehlung "Reha-Prozess" (vgl. Rz. 5) vereinbart. Mit der Einbindung der Ärzte befasst sich insbesondere § 18 der Gemeinsamen Empfehlung:

Zitat

§ 18 Einbindung der behandelnden Haus- und Fachärzte und des Betriebsarztes sowie anderer Akteure

(1) Entsprechend der Verpflichtung aus § 26 Abs. 2 Nr. 8 SGB IX informieren die Rehabilitationsträger und bei Bedarf die Integrationsämter über die Möglichkeit der Einleitung von Leistungen zur Teilhabe durch die behandelnden Hausärzte sowie durch Betriebsärzte oder binden diese in die Einleitung ein.

(2) Häufig wird eine Leistung zur Teilhabe durch den Haus- oder Facharzt angeregt bzw. eingeleitet.

(3) Genauso kann eine Teilhabeleistung z. B. in folgenden Fällen angestoßen werden:

  • Einleitung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auf Basis der Feststellungen der gesonderten Rehabilitationsempfehlung im Rahmen der Pflegebegutachtung (§ 18 Abs. 6 i. V. m. § 18a SGB XI)
  • Durch Akteure im Krankenhaus, insbesondere die Sozialdienste, z. B. im Kontext der Anschlussrehabilitation oder eines Entlassmanagements
  • Durch Akteure aus dem ambulanten Bereich (z. B. Suchtberatung, psychosoziale Beratung)
  • Wenn andere Sozialleistungen beantragt werden und dabei Rehabilitationsbedarf erkannt wird (§ 9 SGB IX)
  • Durch Leistungserbringer der Rehabilitation, wenn diese bisher nicht berücksichtigte Bedarfe erkennen
  • Anregung von Leistungen zur Teilhabe durch die betriebliche Ebene (z. B. im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements)
  • Kenntnis der Rehabilitationsträger über die Einleitung von Leistungen zur Teilhabe durch einen anderen Rehabilitationsträger (z. B. im Rahmen der Beantragung einer Erwerbsminderungsrente)
  • Kenntnis der Rehabilitationsträger über die Prüfung von Leistungen im Rahmen eines Persönlichen Budgets durch einen anderen Rehabilitationsträger
  • Im Fall der Eingliederungshilfe für seelische behinderte Kinder und Jugendliche (§ 35a SGB VIII) durch Eltern, Jugendamt, behandelnde Ärzte, Erzieher in der Kindertagesstätte, Lehrer, Beratungsstellen (Psychologische- oder Erziehungsberatungsstellen), usw.
  • Kenntnis ...

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