2.1 Schadensersatzanspruch

 

Rz. 3

Die Vorschrift verlagert das Risiko der Folgen schuldhafter Pflichtverletzungen nicht nur bei Vorsatz, sondern schon bei Fahrlässigkeit auf den in Anspruch genommenen Dritten. Dieser wird schon schadensersatzpflichtig, wenn er die im Verkehr übliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, z. B. die Hinweise der Bundesagentur für Arbeit zur Ausstellung einer Bescheinigung nicht beachtet. Schadenersatzpflichtig können natürliche Personen wie auch juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts sein, also Arbeitgeber und Insolvenzverwalter ebenso wie Städte und Gemeinden oder private Gesellschaften.

 

Rz. 4

Der Schadensersatzanspruch steht der Bundesagentur für Arbeit auch dann zu, wenn eine Leistung aus Bundesmitteln, etwa im Zusammenhang mit der Ausführung von Arbeitsmarktprogrammen des Bundes durch die Bundesagentur für Arbeit, überzahlt worden ist. Verwaltungsaufwendungen werden von § 321 nicht erfasst. Dasselbe gilt für Zinsen.

 

Rz. 5

Die Vorschrift regelt keine Ansprüche des Arbeitnehmers als Leistungsberechtigten, wenn ihm Leistungen nach dem SGB III aufgrund von Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, etwa die Vorenthaltung von Förderleistungen, bzw. Insolvenzverwalters nicht gewährt worden sind.

 

Rz. 6

Die Bundesagentur für Arbeit macht Schadensersatzansprüche durch Verwaltungsakt geltend. Darüber hinaus sind die Ansprüche vor der Sozialgerichtsbarkeit einklagbar.

 

Rz. 6a

Die Regelungen in § 404 Abs. 2 und 3 über die Belegung von Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern bleiben unberührt und sind zusätzlich anzuwenden.

 

Rz. 6b

Die Schadensersatzpflicht erfasst

  • die Arbeits-, Nebentätigkeits- und Insolvenzgeldbescheinigung (§§ 312 bis 314),
  • die Auskunft Dritter (§ 315),
  • die Auskunftspflichten bei beruflicher Aus- und Weiterbildung, bei Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben, bei Leistung des Insolvenzgeldes (§§ 316, 318),
  • die Pflichten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Erbringung von Kug, Wintergeld und Leistungen bei Transfermaßnahmen (§ 320 Abs. 1, 3 und 4a),
  • die Pflichten des Arbeitgebers, für die Arbeitnehmer bzw. Maßnahmeträger erhaltene Förderleistungen aufgrund des § 82 Abs. 5 (bis 31.3.2024: § 82 Abs. 6) ordnungsgemäß weiterzuleiten,
  • die Errechnung und Auszahlung des Insolvenzgeldes (§ 320 Abs. 2 Satz 1),
  • die Pflichten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Erbringung von Qualifizierungsgeld nach den §§ 82a bis 82c (§ 320 Abs. 1a).

2.2 Voraussetzungen

 

Rz. 7

Ein Schadensersatzanspruch der Bundesagentur setzt voraus, dass die Pflicht, die nach § 321 verletzt worden sein soll, besteht und festgestellt werden kann.

Weiterhin muss der Bundesagentur für Arbeit ein Vermögensschaden entstanden sein. Das ist der Fall, wenn Leistungen erbracht werden, die dem Leistungsberechtigten aufgrund der materiell-rechtlichen Vorschriften im SGB III nicht zugestanden haben. Zum Vermögensschaden gehören stets auch die geleisteten Sozialversicherungsbeiträge.

Zwischen Pflichtverletzung und Schaden muss ein Kausalzusammenhang bestehen. Wurden Leistungen an einen Arbeitnehmer überzahlt, muss die Arbeitsverwaltung zunächst Erstattungspflichten des Leistungsempfängers prüfen. Ein Schaden kann nur entstanden sein, soweit den Arbeitnehmer keine Erstattungspflicht trifft und dieser auch nicht freiwillig leistet.

 

Rz. 8

Nr. 1 erfasst Bescheinigungspflichten des Arbeitgebers bzw. Insolvenzverwalters. Ein Schadensersatz kommt in Betracht, wenn die Bescheinigung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig ausgefüllt worden ist. Für die Bescheinigungen ist regelmäßig der von der Bundesagentur vorgesehene Vordruck zu benutzen. Durch Nichterstellung können Schäden vor allem deshalb entstehen, weil ein neuer Anspruch mit niedrigerer Leistung oder ein Anrechnungsbetrag bei einem bestehenden Anspruch nicht festgestellt werden kann. Die Agentur für Arbeit kann andere, nicht amtliche Vordrucke zulassen, insbesondere auch maschinelle Bescheinigungen. Bescheinigungen sind nicht richtig ausgefüllt, wenn im Vordruck gestellte Fragen falsch beantwortet werden. Unvollständig ist eine Bescheinigung dann, wenn einzelne Fragen im Vordruck nicht beantwortet werden oder einzelne Tatsachen nicht angegeben werden.

 

Rz. 9

Nicht richtig oder nicht vollständig ausgefüllte Bescheinigungen können auch darauf beruhen, dass die Bundesagentur für Arbeit den Vordruck nicht ordnungsgemäß ausgestaltet hat. Es sind stets nur Tatsachen zu bescheinigen. Insbesondere müssen die in Vordrucken erbetenen Angaben und gestellten Fragen eindeutig sein und praxisnah erläutert werden. Sie dürfen den Auskunftspflichtigen insbesondere nicht zu eigenen rechtlichen Wertungen verleiten. Fehlerhafte oder missverständliche Erläuterungen oder Ausfüllhilfen führen dazu, einen Schadensersatzanspruch zu verneinen. Einfache Rechts- und Fachbegriffe der Alltagssprache dürfen jedoch verwendet werden. Außerdem muss die Bundesagentur für Arbeit einen Beratungsdienst betreiben, bei dem der Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter Zweifelsfragen klären kann. Auch die richtige Ausfüllhilfe zu einer unzulässigen Frage fü...

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