Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücknahme der Arbeitslosengeldbewilligung. Anhörung Beteiligter. Ruhen wegen anderer Sozialleistung. Verfassungsmäßigkeit der Gleichstellung der Übergangsrente der Nationalen Volksarmee mit der Altersrente. Höhe des Ruhensbetrages. Kürzung der Versorgungsleistung wegen Beschäftigungsaufnahme. Wegfall der Kürzung der Versorgungsleistung wegen Eintritt von Beschäftigungslosigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Senatsrechtsprechung, wonach im Anwendungsbereich von § 24 Abs 2 Nr 5 SGB 10 gefordert wurde, dass in Fällen, in denen ein Einkommen nicht in voller Höhe angerechnet wird, sondern dies erst nach einem komplexen Vorgang erfolgt, zur Vermeidung von Überraschungsentscheidungen das anzurechnende Einkommen mitgeteilt werden müsse, um den Betroffenen in die Lage zu versetzen, sich im Rahmen der Anhörung sachgerecht zu äußern (vgl LSG Chemnitz vom 28.8.2003 - L 3 AL 164/02 = juris Rdnr 49), wird aufgegeben.

2. Die Gleichstellung einer Übergangsrente aus dem Sonderversorgungssystem der Nationalen Volksarmee mit einer Altersrente beziehungsweise einer vergleichbaren Leistung öffentlich-rechtlicher Art nach § 1 Abs 1 S 1 Nr 2 EntgERuhVO (juris: SGB3EntGRuhV), die nach § 142 Abs 1 S 1 Nr 4 iVm Abs 2 S 2 SGB 3 zum teilweisen Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches führt, verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG und Art 14 Abs 1 GG (Fortführung von LSG Chemnitz vom 19.1.2006 - L 3 AL 115/02 = juris Rdnrn 40, 41).

3. Zur Berechnung der Höhe des Anrechnungsbetrages gemäß § 1 EntgERuhVO (juris: SGB3EntGRuhV).

4. Wird wegen Eintritt der Beschäftigungslosigkeit eine höhere Übergangsrente als Entgeltersatzleistung geleistet (Wegfall der Kürzung), ist es sachgerecht, das Ruhen des Arbeitslosengeld in Höhe der mit dem Eintritt der Beschäftigungslosigkeit gezahlte “Mehrleistung„ anzuordnen (vgl § 1 Abs 2 S 2 EntgERuhVO; juris: SGB3EntGRuhV). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitslose bereits während der Zeit seines Versicherungspflichtverhältnisses eine Übergangsrente bezogen hat, weil diese seinen Lebensstandard auch während der Zeit der Beschäftigung geprägt hat. Dann ist es sachgerecht, nur einen Teil der Übergangsrente auf das Arbeitslosengeld anzurechnen (vgl § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 EntgERuhVO; juris: SGB3EntGRuhV).

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 6. September 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld wegen des Bezugs von Übergangsrente nach § 142 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) teilweise ruhte und die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 4. Januar 2006, mit welchem dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2006 ohne Berücksichtigung eines Anrechnungsbetrages in Höhe von 7,79 EUR täglich bewilligt wurde, zurecht teilweise gemäß § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) aufgehoben hat.

Der am … 1946 geborene Kläger bezog vom 1. Dezember 1989 bis zum 18. Juni 1995 eine Übergangsrente nach der amtlich nicht veröffentlichen Ordnung Nr. 005/9/003 des Ministers für Nationale Verteidigung über die soziale Versorgung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee (Versorgungsordnung) vom 1. September 1982 (im Folgenden: NVA-Versorgungsordnung), die auch nach dem Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik nach Maßgabe des Einigungsvertrages und des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG) weitergezahlt wurde.

Am 19. Juni 1995 nahm der Kläger eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Fahrlehrer in Zwickau auf. Zugleich wurde die Übergangsrente des Klägers auf Null gekürzt und die Rentenzahlungen eingestellt. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers endete am 31. Dezember 2005.

Am 11. Oktober 2005 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Dieses wurde ihm mit Bescheid vom 4. November 2005 ab dem 1. Januar 2006 für 960 Tage mit einem Leistungssatz von 60 % bewilligt.

Die Frage, ob er noch andere Leistungen beantragt habe oder beziehe, verneinte der Kläger im Arbeitslosengeldantrag vom 3. November 2005. Das Antragsformular enthielt den Zusatz: “Achtung! Anzugeben sind: Renten wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten, Witwenrenten, Verletztenrenten, Unfallrenten, Dienstbeschädigtenteilrenten, Ausgleichszahlungen des ehemaligen Arbeitgebers und anderes. Nicht anzugeben sind: Kindergeld und Wohngeld„

Mit Schreiben vom 18. Januar 2006 teilte der Kläger mit, dass er ab dem 1. Dezember 1999 bis zum Arbeitsantritt eine Übergangsrente von 522,00 Mark erhalten habe. Er wolle die Beklagte darüber informieren, dass mit Beginn seiner Arbeitslos...

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