Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. Abgrenzung: selbstständige Tätigkeit und abhängige Beschäftigung. Subunternehmer. Gesamtbild. Großbaustelle

 

Leitsatz (amtlich)

Allein die Angabe eines Unfallverletzten, eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt zu haben, genügt nicht für die Verneinung einer versicherten Verrichtung. Bei Subunternehmerketten kommt darüber hinaus eine abhängige Beschäftigung in Betracht, wobei die zugrunde liegenden Vereinbarungen sowie die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu beachten sind.

Zur Bewertung eines Subunternehmers als Beschäftigter.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers und des Beigeladenen zu 1. werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 14. November 2017 sowie der Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2016 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 20. Oktober 2011 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 4. August 2011 ein Arbeitsunfall ist.

III. Die Beklagte hat dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten. Die Beigeladene zu 2. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Ereignisses vom 04.08.2011 als Arbeitsunfall im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach bereits erlassenem Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 20.10.2011.

Der 1975 geborene Kläger erlitt am 04.08.2011 gegen 08:00 Uhr in A.... auf einer Baustelle der Y.... einen Unfall. Im D-Arztbericht vom 19.08.2011 wurde zum Unfallhergang ausgeführt, dass der Kläger aus ca. drei Metern Höhe vom Gerüst gestürzt sei. Vermerkt wurde auch, dass der Kläger selbstständig und nicht berufsgenossenschaftlich versichert sei. Der Kläger zog sich bei dem Sturz multiple Verletzungen zu, u. a. eine Querschnittsfraktur bei HWK 5/6.

Für den Kläger wurde zum Unfallhergang ergänzt, dass er durch eine Zwischendecke gestürzt sei, zudem wurde vermerkt, dass die mit dem Auftrag betraute Elektro-Gesellschaft mit beschränkter Haftung in W.... (Elektro GmbH W....) zuständig gewesen sei für die Baustellensicherung, nicht aber die Y..... Zur Akte gereicht wurde eine Gewerbeanmeldung des Klägers zum 01.06.2011, datierend auf den 01.07.2011 für die Tätigkeiten "Servicekraft in Gastronomie, Lichttechniker, Veranstaltungsservice, Montageservice, Hausmeisterservice, Lasertechnik". Die Gewerbeabmeldung erfolgte am 18.08.2011, als Datum der Betriebsaufgabe wurde der 04.08.2011 angegeben, Grund für die Betriebsaufgabe war "Krankheit".

Mit Bescheid vom 20.10.2011 lehnte die Beklagte Leistungen bei fehlender freiwilliger Unternehmerversicherung ab. Der Unfall sei nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zwar sei die Zuständigkeit der Beklagten gegeben, der Kläger sei aber zum Unfallzeitpunkt selbstständig tätig gewesen, eine freiwillige Unternehmerversicherung habe nicht bestanden.

Mit Schreiben vom 09.12.2014 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 20.10.2011. Der Sachverhalt habe im Schadenersatzverfahren vor dem Landgericht A…. eine neue Dimension angenommen. Der dort beklagte D.... (beigeladen im Klageverfahren als Beigeladener zu 1.) behaupte, wie auch der Kläger lediglich als Monteur auf der Baustelle tätig gewesen zu sein, seine Anweisungen habe er direkt vom Hauptauftragnehmer V.... Germany GmbH und deren beauftragten Mitarbeitern U.... (Projektleiter) und T.... (Bauleiter) erhalten. Diese würden behaupten, dass jeder Mitarbeiter, der auf der Baustelle tätig gewesen sei, ein Sicherheitstraining zu absolvieren gehabt habe. Zur Werkvertragskette sei auszuführen, dass der Hauptauftragnehmer V.... Germany GmbH die Elektroarbeiten an die Elektro GmbH W.... und diese die Verkabelungsarbeiten an den Beigeladenen zu 1. untervergeben habe. Inhalt des Vertrags des Beigeladenen zu 1. sei ausdrücklich die selbstständige Ausführung von Verkabelungsarbeiten auf Anweisung der Bauleitung des Auftraggebers gewesen. Der Kläger sei über einen weiteren Subunternehmer für Stundenlohnarbeiten auf der Baustelle angeworben worden. In dem Unfallbericht der vom Hauptauftragnehmer als Sicherheits- und Gesundheitskoordinator der Baustelle eingesetzten DEKRA Industrial GmbH sei der Kläger als Nachunternehmer der Elektro GmbH W.... aufgeführt. Der Kläger sei durch den Beigeladenen zu 1. zur Ausführung der Verkabelungsarbeiten in die Zwischendecke geschickt worden, und zwar genau zu dem Abstieg, an dem die Abdeckplatte des Abstiegs entfernt worden war. Der Kläger sei auch ganz konkret angewiesen worden, welche Verkabelungen er vorzunehmen und welches Material er zu verwenden habe. Er sei wie ein Arbeitnehmer in den Bauablauf eingegliedert gewesen und damit gesetzlich unfallversichert. Er habe keine Arbeiten selbstständig ausgeführt, sondern allein solche Arbeiten, die ihm vom Bauleiter der Baustelle zugewiesen wurden. Ihm sei sein Arbeitsplatz und ...

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